Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 274. Wirkung der L. C. -- Verminderungen. (Forts.)
eben mitgetheilten Ausspruch dieser Stelle zum Grunde einer
allgemeinen Regel zu legen, und daraus für alle Klagen
überhaupt
eine solche Einschränkung der strengen Verpflich-
tung des Beklagten zu construiren. Die entscheidendsten und
unzweifelhaftesten Stellen über diese strenge Verpflichtung, so-
wohl bei den wichtigsten obligatorischen Verträgen, als
bei den Klagen auf Eigenthum und Erbrecht, stellen die
strenge Verpflichtung unbedingt, ohne eine solche Ein-
schränkung, auf, stehen also mit derselben in Widerspruch.
Die Einschränkung müßte in dieselben aus der ange-
führten Stelle erst hinein getragen werden, und dazu ist
diese Stelle keinesweges geeignet. Der verworrene Inhalt
derselben ist schon oben bemerklich gemacht worden. Be-
sonders von dem hier einschlagenden Stück läßt sich
zwar einigermaßen errathen und vermuthen, in welchen
besonderen Fall, in welchen Theil des Prozesses es
eingreifen möge, eine sichere Behauptung ist darüber
nicht möglich. Dazu kommt noch, daß diese ganze Stelle
von der actio quod metus causa handelt, einer für den
Zusammenhang des ganzen Rechtssystems wenig erheb-
lichen Klage. Eine bei dieser gelegentlich eingestreute Be-
merkung darf nicht maaßgebend gemacht werden für den
ganzen Umkreis aller Klagen überhaupt. Ein solches Ver-
fahren würde den richtigen Grundsätzen über den Aufbau
des Rechtssystems aus den Quellenzeugnissen, also dem
wahren Verhältniß zwischen System und Exegese, gänzlich
widersprechen.


13*

§. 274. Wirkung der L. C. — Verminderungen. (Fortſ.)
eben mitgetheilten Ausſpruch dieſer Stelle zum Grunde einer
allgemeinen Regel zu legen, und daraus für alle Klagen
überhaupt
eine ſolche Einſchränkung der ſtrengen Verpflich-
tung des Beklagten zu conſtruiren. Die entſcheidendſten und
unzweifelhafteſten Stellen über dieſe ſtrenge Verpflichtung, ſo-
wohl bei den wichtigſten obligatoriſchen Verträgen, als
bei den Klagen auf Eigenthum und Erbrecht, ſtellen die
ſtrenge Verpflichtung unbedingt, ohne eine ſolche Ein-
ſchränkung, auf, ſtehen alſo mit derſelben in Widerſpruch.
Die Einſchränkung müßte in dieſelben aus der ange-
führten Stelle erſt hinein getragen werden, und dazu iſt
dieſe Stelle keinesweges geeignet. Der verworrene Inhalt
derſelben iſt ſchon oben bemerklich gemacht worden. Be-
ſonders von dem hier einſchlagenden Stück läßt ſich
zwar einigermaßen errathen und vermuthen, in welchen
beſonderen Fall, in welchen Theil des Prozeſſes es
eingreifen möge, eine ſichere Behauptung iſt darüber
nicht möglich. Dazu kommt noch, daß dieſe ganze Stelle
von der actio quod metus causa handelt, einer für den
Zuſammenhang des ganzen Rechtsſyſtems wenig erheb-
lichen Klage. Eine bei dieſer gelegentlich eingeſtreute Be-
merkung darf nicht maaßgebend gemacht werden für den
ganzen Umkreis aller Klagen überhaupt. Ein ſolches Ver-
fahren würde den richtigen Grundſätzen über den Aufbau
des Rechtsſyſtems aus den Quellenzeugniſſen, alſo dem
wahren Verhältniß zwiſchen Syſtem und Exegeſe, gänzlich
widerſprechen.


13*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0213" n="195"/><fw place="top" type="header">§. 274. Wirkung der L. C. &#x2014; Verminderungen. (Fort&#x017F;.)</fw><lb/>
eben mitgetheilten Aus&#x017F;pruch die&#x017F;er Stelle zum Grunde einer<lb/>
allgemeinen Regel zu legen, und daraus <hi rendition="#g">für alle Klagen<lb/>
überhaupt</hi> eine &#x017F;olche Ein&#x017F;chränkung der &#x017F;trengen Verpflich-<lb/>
tung des Beklagten zu con&#x017F;truiren. Die ent&#x017F;cheidend&#x017F;ten und<lb/>
unzweifelhafte&#x017F;ten Stellen über die&#x017F;e &#x017F;trenge Verpflichtung, &#x017F;o-<lb/>
wohl bei den wichtig&#x017F;ten obligatori&#x017F;chen Verträgen, als<lb/>
bei den Klagen auf Eigenthum und Erbrecht, &#x017F;tellen die<lb/>
&#x017F;trenge Verpflichtung unbedingt, ohne eine &#x017F;olche Ein-<lb/>
&#x017F;chränkung, auf, &#x017F;tehen al&#x017F;o mit der&#x017F;elben in Wider&#x017F;pruch.<lb/>
Die Ein&#x017F;chränkung müßte in die&#x017F;elben aus der ange-<lb/>
führten Stelle er&#x017F;t hinein getragen werden, und dazu i&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;e Stelle keinesweges geeignet. Der verworrene Inhalt<lb/>
der&#x017F;elben i&#x017F;t &#x017F;chon oben bemerklich gemacht worden. Be-<lb/>
&#x017F;onders von dem hier ein&#x017F;chlagenden Stück läßt &#x017F;ich<lb/>
zwar einigermaßen errathen und vermuthen, in welchen<lb/>
be&#x017F;onderen Fall, in welchen Theil des Proze&#x017F;&#x017F;es es<lb/>
eingreifen möge, eine &#x017F;ichere Behauptung i&#x017F;t darüber<lb/>
nicht möglich. Dazu kommt noch, daß die&#x017F;e ganze Stelle<lb/>
von der <hi rendition="#aq">actio quod metus causa</hi> handelt, einer für den<lb/>
Zu&#x017F;ammenhang des ganzen Rechts&#x017F;y&#x017F;tems wenig erheb-<lb/>
lichen Klage. Eine bei die&#x017F;er gelegentlich einge&#x017F;treute Be-<lb/>
merkung darf nicht maaßgebend gemacht werden für den<lb/>
ganzen Umkreis aller Klagen überhaupt. Ein &#x017F;olches Ver-<lb/>
fahren würde den richtigen Grund&#x017F;ätzen über den Aufbau<lb/>
des Rechts&#x017F;y&#x017F;tems aus den Quellenzeugni&#x017F;&#x017F;en, al&#x017F;o dem<lb/>
wahren Verhältniß zwi&#x017F;chen Sy&#x017F;tem und Exege&#x017F;e, gänzlich<lb/>
wider&#x017F;prechen.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">13*</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0213] §. 274. Wirkung der L. C. — Verminderungen. (Fortſ.) eben mitgetheilten Ausſpruch dieſer Stelle zum Grunde einer allgemeinen Regel zu legen, und daraus für alle Klagen überhaupt eine ſolche Einſchränkung der ſtrengen Verpflich- tung des Beklagten zu conſtruiren. Die entſcheidendſten und unzweifelhafteſten Stellen über dieſe ſtrenge Verpflichtung, ſo- wohl bei den wichtigſten obligatoriſchen Verträgen, als bei den Klagen auf Eigenthum und Erbrecht, ſtellen die ſtrenge Verpflichtung unbedingt, ohne eine ſolche Ein- ſchränkung, auf, ſtehen alſo mit derſelben in Widerſpruch. Die Einſchränkung müßte in dieſelben aus der ange- führten Stelle erſt hinein getragen werden, und dazu iſt dieſe Stelle keinesweges geeignet. Der verworrene Inhalt derſelben iſt ſchon oben bemerklich gemacht worden. Be- ſonders von dem hier einſchlagenden Stück läßt ſich zwar einigermaßen errathen und vermuthen, in welchen beſonderen Fall, in welchen Theil des Prozeſſes es eingreifen möge, eine ſichere Behauptung iſt darüber nicht möglich. Dazu kommt noch, daß dieſe ganze Stelle von der actio quod metus causa handelt, einer für den Zuſammenhang des ganzen Rechtsſyſtems wenig erheb- lichen Klage. Eine bei dieſer gelegentlich eingeſtreute Be- merkung darf nicht maaßgebend gemacht werden für den ganzen Umkreis aller Klagen überhaupt. Ein ſolches Ver- fahren würde den richtigen Grundſätzen über den Aufbau des Rechtsſyſtems aus den Quellenzeugniſſen, alſo dem wahren Verhältniß zwiſchen Syſtem und Exegeſe, gänzlich widerſprechen. 13*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/213
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/213>, abgerufen am 22.07.2024.