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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 273. Wirkung der L. C. -- Verminderungen. (Forts.)
worden ist. Denn beide Klagen waren gleichmäßig arbi-
trariae,
bei beiden kam eine vorläufige Anerkennung des
Rechts und ein Restitutionsbefehl des Judex vor, und bei
beiden mußte der Ungehorsam gegen diesen Befehl gleich
strenge Wirkungen hervorbringen.

Es ergiebt sich aus dieser Zusammenstellung, daß in
diesen beiden Klagen die extremen Behauptungen der älteren
Juristen späterhin zu einer billigen Mitte, die eine von
Ulpian, die andere von Paulus, hingeführt worden sind.

Zugleich geht aus der hier gegebenen Darstellung für
die eigenthümliche Wirkung der L. C. als solcher Fol-
gendes hervor. In dem Fall der besonderen Mora (des
Ungehorsams gegen den Restitutionsbefehl) ist die L. C.
selbst gar kein entscheidendes Moment; sie ist nur mittel-
bar wichtig, indem gerade durch ihre vorhergehende Voll-
ziehung der nachher eintretende Ungehorsam die Natur
einer wahren Mora annimmt. Dagegen ist im Fall des
unredlichen Besitzes die L. C. als solche das Entschei-
dende; dieser Fall ist daher der einzige überhaupt, von
welchem man behaupten kann, daß der Zeitpunkt der L. C.
die Verpflichtung des Beklagten für jeden nachher ein-
tretenden zufälligen Untergang bestimmt.

C. Man kann diesen Klagen in rem auch noch die
actio ad exhibendum hinzufügen, welche zwar eine per-
sönliche Klage ist, aber doch großentheils nach den Regeln
der Eigenthumsklage beurtheilt wird. Auch bei dieser
Klage wird eine Verpflichtung des Beklagten wegen des

§. 273. Wirkung der L. C. — Verminderungen. (Fortſ.)
worden iſt. Denn beide Klagen waren gleichmäßig arbi-
trariae,
bei beiden kam eine vorläufige Anerkennung des
Rechts und ein Reſtitutionsbefehl des Judex vor, und bei
beiden mußte der Ungehorſam gegen dieſen Befehl gleich
ſtrenge Wirkungen hervorbringen.

Es ergiebt ſich aus dieſer Zuſammenſtellung, daß in
dieſen beiden Klagen die extremen Behauptungen der älteren
Juriſten ſpäterhin zu einer billigen Mitte, die eine von
Ulpian, die andere von Paulus, hingeführt worden ſind.

Zugleich geht aus der hier gegebenen Darſtellung für
die eigenthümliche Wirkung der L. C. als ſolcher Fol-
gendes hervor. In dem Fall der beſonderen Mora (des
Ungehorſams gegen den Reſtitutionsbefehl) iſt die L. C.
ſelbſt gar kein entſcheidendes Moment; ſie iſt nur mittel-
bar wichtig, indem gerade durch ihre vorhergehende Voll-
ziehung der nachher eintretende Ungehorſam die Natur
einer wahren Mora annimmt. Dagegen iſt im Fall des
unredlichen Beſitzes die L. C. als ſolche das Entſchei-
dende; dieſer Fall iſt daher der einzige überhaupt, von
welchem man behaupten kann, daß der Zeitpunkt der L. C.
die Verpflichtung des Beklagten für jeden nachher ein-
tretenden zufälligen Untergang beſtimmt.

C. Man kann dieſen Klagen in rem auch noch die
actio ad exhibendum hinzufügen, welche zwar eine per-
ſönliche Klage iſt, aber doch großentheils nach den Regeln
der Eigenthumsklage beurtheilt wird. Auch bei dieſer
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[181/0199] §. 273. Wirkung der L. C. — Verminderungen. (Fortſ.) worden iſt. Denn beide Klagen waren gleichmäßig arbi- trariae, bei beiden kam eine vorläufige Anerkennung des Rechts und ein Reſtitutionsbefehl des Judex vor, und bei beiden mußte der Ungehorſam gegen dieſen Befehl gleich ſtrenge Wirkungen hervorbringen. Es ergiebt ſich aus dieſer Zuſammenſtellung, daß in dieſen beiden Klagen die extremen Behauptungen der älteren Juriſten ſpäterhin zu einer billigen Mitte, die eine von Ulpian, die andere von Paulus, hingeführt worden ſind. Zugleich geht aus der hier gegebenen Darſtellung für die eigenthümliche Wirkung der L. C. als ſolcher Fol- gendes hervor. In dem Fall der beſonderen Mora (des Ungehorſams gegen den Reſtitutionsbefehl) iſt die L. C. ſelbſt gar kein entſcheidendes Moment; ſie iſt nur mittel- bar wichtig, indem gerade durch ihre vorhergehende Voll- ziehung der nachher eintretende Ungehorſam die Natur einer wahren Mora annimmt. Dagegen iſt im Fall des unredlichen Beſitzes die L. C. als ſolche das Entſchei- dende; dieſer Fall iſt daher der einzige überhaupt, von welchem man behaupten kann, daß der Zeitpunkt der L. C. die Verpflichtung des Beklagten für jeden nachher ein- tretenden zufälligen Untergang beſtimmt. C. Man kann dieſen Klagen in rem auch noch die actio ad exhibendum hinzufügen, welche zwar eine per- ſönliche Klage iſt, aber doch großentheils nach den Regeln der Eigenthumsklage beurtheilt wird. Auch bei dieſer Klage wird eine Verpflichtung des Beklagten wegen des

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/199>, abgerufen am 07.05.2024.