Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
redlichen und unredlichen Besitzers. Gegen den unredlichen
Besitzer sey diese Strenge allerdings begründet, gegen den red-
lichen durchaus nicht. Er fügt hinzu, ganz Dasselbe wie bei der
Erbrechtsklage, müsse auch bei der Eigenthumsklage zur Anwen-
dung kommen. -- Dies ist der Sinn folgender Worte (y):
"quid enim, si post litem contestatam mancipia, aut
jumenta, aut pecora deperierint? damnari debebit
secundum verba orationis, quia potuit petitor, resti-
tuta hereditate distraxisse ea. Et hoc justum esse
in specialibus petitionibus Proculo placet. Cassius,
contra sensit. In praedonis persona Proculus recte
existimat: in bonae fidei possessoribus Cassius. Nec
enim debet possessor aut mortalitatem praestare, aut
propter metum hujus periculi temere indefensum
jus suum relinquere."

Es hat jedoch keinen Zweifel, auf die Erbrechtsklage
auch den Fall der unbedingten Verpflichtung des Beklagten
anzuwenden, welcher oben bei der Eigenthumsklage in
Folge einer eigenthümlichen Art der Mora, nachgewiesen

(y) L. 40 pr. deher. pet. (5. 3).
Nach einer buchstäblichen Inter-
pretation könnte man die Sache
so auffassen. Bei der Eigenthums-
klage werde in der That von Pau-
lus
zwischen dem redlichen und
unredlichen Besitzer unterschieden.
Aber bei der Erbrechtsklage müsse
die (obgleich harte) Vorschrift
des Senatsschlusses auch für den
redlichen Besitzer gelten. Offen-
bar will jedoch Paulus sagen,
die Härte des Scts. gegen den
redlichen Besitzer liege zwar in
den Worten, aber nicht in dem
Sinn desselben. In dieser Hin-
sicht will er beide Klagen völlig
gleich behandelt wissen. Die Rich-
tigkeit dieser Erklärung geht aus
den Schlußworten unwidersprech-
lich hervor, die ja auf beide Kla-
gen gleichmäßig passen.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
redlichen und unredlichen Beſitzers. Gegen den unredlichen
Beſitzer ſey dieſe Strenge allerdings begründet, gegen den red-
lichen durchaus nicht. Er fügt hinzu, ganz Daſſelbe wie bei der
Erbrechtsklage, müſſe auch bei der Eigenthumsklage zur Anwen-
dung kommen. — Dies iſt der Sinn folgender Worte (y):
„quid enim, si post litem contestatam mancipia, aut
jumenta, aut pecora deperierint? damnari debebit
secundum verba orationis, quia potuit petitor, resti-
tuta hereditate distraxisse ea. Et hoc justum esse
in specialibus petitionibus Proculo placet. Cassius,
contra sensit. In praedonis persona Proculus recte
existimat: in bonae fidei possessoribus Cassius. Nec
enim debet possessor aut mortalitatem praestare, aut
propter metum hujus periculi temere indefensum
jus suum relinquere.“

Es hat jedoch keinen Zweifel, auf die Erbrechtsklage
auch den Fall der unbedingten Verpflichtung des Beklagten
anzuwenden, welcher oben bei der Eigenthumsklage in
Folge einer eigenthümlichen Art der Mora, nachgewieſen

(y) L. 40 pr. deher. pet. (5. 3).
Nach einer buchſtäblichen Inter-
pretation könnte man die Sache
ſo auffaſſen. Bei der Eigenthums-
klage werde in der That von Pau-
lus
zwiſchen dem redlichen und
unredlichen Beſitzer unterſchieden.
Aber bei der Erbrechtsklage müſſe
die (obgleich harte) Vorſchrift
des Senatsſchluſſes auch für den
redlichen Beſitzer gelten. Offen-
bar will jedoch Paulus ſagen,
die Härte des Scts. gegen den
redlichen Beſitzer liege zwar in
den Worten, aber nicht in dem
Sinn deſſelben. In dieſer Hin-
ſicht will er beide Klagen völlig
gleich behandelt wiſſen. Die Rich-
tigkeit dieſer Erklärung geht aus
den Schlußworten unwiderſprech-
lich hervor, die ja auf beide Kla-
gen gleichmäßig paſſen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0198" n="180"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
redlichen und unredlichen Be&#x017F;itzers. Gegen den unredlichen<lb/>
Be&#x017F;itzer &#x017F;ey die&#x017F;e Strenge allerdings begründet, gegen den red-<lb/>
lichen durchaus nicht. Er fügt hinzu, ganz Da&#x017F;&#x017F;elbe wie bei der<lb/>
Erbrechtsklage, mü&#x017F;&#x017F;e auch bei der Eigenthumsklage zur Anwen-<lb/>
dung kommen. &#x2014; Dies i&#x017F;t der Sinn folgender Worte <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 40 <hi rendition="#i">pr. deher. pet.</hi></hi> (5. 3).<lb/>
Nach einer buch&#x017F;täblichen Inter-<lb/>
pretation könnte man die Sache<lb/>
&#x017F;o auffa&#x017F;&#x017F;en. Bei der Eigenthums-<lb/>
klage werde in der That von <hi rendition="#g">Pau-<lb/>
lus</hi> zwi&#x017F;chen dem redlichen und<lb/>
unredlichen Be&#x017F;itzer unter&#x017F;chieden.<lb/>
Aber bei der Erbrechtsklage mü&#x017F;&#x017F;e<lb/>
die (obgleich harte) Vor&#x017F;chrift<lb/>
des Senats&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;es auch für den<lb/>
redlichen Be&#x017F;itzer gelten. Offen-<lb/>
bar will jedoch <hi rendition="#g">Paulus</hi> &#x017F;agen,<lb/>
die Härte des Scts. gegen den<lb/>
redlichen Be&#x017F;itzer liege zwar in<lb/>
den Worten, aber nicht in dem<lb/>
Sinn de&#x017F;&#x017F;elben. In die&#x017F;er Hin-<lb/>
&#x017F;icht will er beide Klagen völlig<lb/>
gleich behandelt wi&#x017F;&#x017F;en. Die Rich-<lb/>
tigkeit die&#x017F;er Erklärung geht aus<lb/>
den Schlußworten unwider&#x017F;prech-<lb/>
lich hervor, die ja auf beide Kla-<lb/>
gen gleichmäßig pa&#x017F;&#x017F;en.</note>:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">&#x201E;quid enim, si post litem contestatam mancipia, aut<lb/>
jumenta, aut pecora deperierint? damnari debebit<lb/>
secundum verba orationis, quia potuit petitor, resti-<lb/>
tuta hereditate distraxisse ea. Et hoc justum esse<lb/>
in specialibus petitionibus Proculo placet. Cassius,<lb/>
contra sensit. In praedonis persona Proculus recte<lb/>
existimat: in bonae fidei possessoribus Cassius. Nec<lb/>
enim debet possessor aut mortalitatem praestare, aut<lb/>
propter metum hujus periculi temere indefensum<lb/>
jus suum relinquere.&#x201C;</hi></hi></p><lb/>
            <p>Es hat jedoch keinen Zweifel, auf die Erbrechtsklage<lb/>
auch den Fall der unbedingten Verpflichtung des Beklagten<lb/>
anzuwenden, welcher oben bei der Eigenthumsklage in<lb/>
Folge einer eigenthümlichen Art der Mora, nachgewie&#x017F;en<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0198] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. redlichen und unredlichen Beſitzers. Gegen den unredlichen Beſitzer ſey dieſe Strenge allerdings begründet, gegen den red- lichen durchaus nicht. Er fügt hinzu, ganz Daſſelbe wie bei der Erbrechtsklage, müſſe auch bei der Eigenthumsklage zur Anwen- dung kommen. — Dies iſt der Sinn folgender Worte (y): „quid enim, si post litem contestatam mancipia, aut jumenta, aut pecora deperierint? damnari debebit secundum verba orationis, quia potuit petitor, resti- tuta hereditate distraxisse ea. Et hoc justum esse in specialibus petitionibus Proculo placet. Cassius, contra sensit. In praedonis persona Proculus recte existimat: in bonae fidei possessoribus Cassius. Nec enim debet possessor aut mortalitatem praestare, aut propter metum hujus periculi temere indefensum jus suum relinquere.“ Es hat jedoch keinen Zweifel, auf die Erbrechtsklage auch den Fall der unbedingten Verpflichtung des Beklagten anzuwenden, welcher oben bei der Eigenthumsklage in Folge einer eigenthümlichen Art der Mora, nachgewieſen (y) L. 40 pr. deher. pet. (5. 3). Nach einer buchſtäblichen Inter- pretation könnte man die Sache ſo auffaſſen. Bei der Eigenthums- klage werde in der That von Pau- lus zwiſchen dem redlichen und unredlichen Beſitzer unterſchieden. Aber bei der Erbrechtsklage müſſe die (obgleich harte) Vorſchrift des Senatsſchluſſes auch für den redlichen Beſitzer gelten. Offen- bar will jedoch Paulus ſagen, die Härte des Scts. gegen den redlichen Beſitzer liege zwar in den Worten, aber nicht in dem Sinn deſſelben. In dieſer Hin- ſicht will er beide Klagen völlig gleich behandelt wiſſen. Die Rich- tigkeit dieſer Erklärung geht aus den Schlußworten unwiderſprech- lich hervor, die ja auf beide Kla- gen gleichmäßig paſſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/198
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/198>, abgerufen am 24.11.2024.