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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
abweichenden Meinung hat nur eine historische Bedeutung,
wie denn selbst der Jurist bei dem sie sich findet, eine
eigene Bestätigung derselben nicht hinzufügt.

Ich habe absichtlich die schwierigste unter den hierher
gehörenden Stellen erst zum Schluß erwähnen wollen, um
nicht das Ergebniß der sicheren Zeugnisse durch Einmischung
eines dunklen unnöthig zu verwirren und zu schwächen.
Diese von Ulpian herrührende Stelle hat folgenden
Inhalt (o). Wenn ein Sclave durch Drohungen dem
Eigenthümer abgenöthigt wird, so hat dieser eine actio
quod metus causa
auf Rückgabe des Sclaven. Stirbt nun
der Sclave durch Zufall, so kann das geschehen entweder
nach dem rechtskräftigen Urtheil, oder vor demselben. Im
ersten Fall, sagt Ulpian, braucht der Beklagte Nichts
mehr zu bezahlen, weil er schon wegen der verweigerten
Natural-Restitution den dreifachen Werth als Strafe hat
entrichten müssen, wodurch jede fernere Leistung absorbirt
wird. Im zweiten Fall dagegen muß er den Werth des
zufällig verlornen Sclaven ersetzen (p). Dieser zweite Fall
muß nun so gedacht werden, daß der Untergang des
Sclaven in die Zeit zwischen der L. C. und dem Urtheil
fiel (q), so daß diese Stelle in die Reihe der so eben ange-

(o) L. 14 § 11 quod metus
(4. 2).
(p) l. c. "si autem ante sen-
tentiam .. mortuus fuerit, te-
nebitur
(nämlich auf einfachen
Schadensersatz) ... Itaque inter-
dum
hominis mortui pretium
recipit."
(q) Und zwar muß noch bestimm-
ter angenommen werden, daß der
Tod auch vor dem Restitutions-
befehl des Judex Statt fand, sonst

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
abweichenden Meinung hat nur eine hiſtoriſche Bedeutung,
wie denn ſelbſt der Juriſt bei dem ſie ſich findet, eine
eigene Beſtätigung derſelben nicht hinzufügt.

Ich habe abſichtlich die ſchwierigſte unter den hierher
gehörenden Stellen erſt zum Schluß erwähnen wollen, um
nicht das Ergebniß der ſicheren Zeugniſſe durch Einmiſchung
eines dunklen unnöthig zu verwirren und zu ſchwächen.
Dieſe von Ulpian herrührende Stelle hat folgenden
Inhalt (o). Wenn ein Sclave durch Drohungen dem
Eigenthümer abgenöthigt wird, ſo hat dieſer eine actio
quod metus causa
auf Rückgabe des Sclaven. Stirbt nun
der Sclave durch Zufall, ſo kann das geſchehen entweder
nach dem rechtskräftigen Urtheil, oder vor demſelben. Im
erſten Fall, ſagt Ulpian, braucht der Beklagte Nichts
mehr zu bezahlen, weil er ſchon wegen der verweigerten
Natural-Reſtitution den dreifachen Werth als Strafe hat
entrichten müſſen, wodurch jede fernere Leiſtung abſorbirt
wird. Im zweiten Fall dagegen muß er den Werth des
zufällig verlornen Sclaven erſetzen (p). Dieſer zweite Fall
muß nun ſo gedacht werden, daß der Untergang des
Sclaven in die Zeit zwiſchen der L. C. und dem Urtheil
fiel (q), ſo daß dieſe Stelle in die Reihe der ſo eben ange-

(o) L. 14 § 11 quod metus
(4. 2).
(p) l. c. „si autem ante sen-
tentiam .. mortuus fuerit, te-
nebitur
(nämlich auf einfachen
Schadenserſatz) … Itaque inter-
dum
hominis mortui pretium
recipit.“
(q) Und zwar muß noch beſtimm-
ter angenommen werden, daß der
Tod auch vor dem Reſtitutions-
befehl des Judex Statt fand, ſonſt
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[176/0194] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. abweichenden Meinung hat nur eine hiſtoriſche Bedeutung, wie denn ſelbſt der Juriſt bei dem ſie ſich findet, eine eigene Beſtätigung derſelben nicht hinzufügt. Ich habe abſichtlich die ſchwierigſte unter den hierher gehörenden Stellen erſt zum Schluß erwähnen wollen, um nicht das Ergebniß der ſicheren Zeugniſſe durch Einmiſchung eines dunklen unnöthig zu verwirren und zu ſchwächen. Dieſe von Ulpian herrührende Stelle hat folgenden Inhalt (o). Wenn ein Sclave durch Drohungen dem Eigenthümer abgenöthigt wird, ſo hat dieſer eine actio quod metus causa auf Rückgabe des Sclaven. Stirbt nun der Sclave durch Zufall, ſo kann das geſchehen entweder nach dem rechtskräftigen Urtheil, oder vor demſelben. Im erſten Fall, ſagt Ulpian, braucht der Beklagte Nichts mehr zu bezahlen, weil er ſchon wegen der verweigerten Natural-Reſtitution den dreifachen Werth als Strafe hat entrichten müſſen, wodurch jede fernere Leiſtung abſorbirt wird. Im zweiten Fall dagegen muß er den Werth des zufällig verlornen Sclaven erſetzen (p). Dieſer zweite Fall muß nun ſo gedacht werden, daß der Untergang des Sclaven in die Zeit zwiſchen der L. C. und dem Urtheil fiel (q), ſo daß dieſe Stelle in die Reihe der ſo eben ange- (o) L. 14 § 11 quod metus (4. 2). (p) l. c. „si autem ante sen- tentiam .. mortuus fuerit, te- nebitur (nämlich auf einfachen Schadenserſatz) … Itaque inter- dum hominis mortui pretium recipit.“ (q) Und zwar muß noch beſtimm- ter angenommen werden, daß der Tod auch vor dem Reſtitutions- befehl des Judex Statt fand, ſonſt

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/194>, abgerufen am 07.05.2024.