hierin das baare Geld (die Zinsen) eine Frucht des baaren Geldes (des Kapitals) wäre; vielmehr wird die Zinsen- forderung als eine aus der Kapitalforderung ent- sprungene Frucht betrachtet.
Die wichtigste Frage ist nun die, auf welchen Wegen überhaupt eine Zinsenforderung entstehen kann. Es giebt dafür im Allgemeinen zwei Entstehungsgründe:
I. Der Wille des Schuldners, welcher fast immer in der Form eines Vertrages erscheint, und II. eine allgemeine Rechtsregel.
I.Vertrag als Entstehungsgrund einer Zinsenfor- derung. Ein solcher konnte bei den Römern vorkommen, sowohl in der Form einer Stipulation, als in der eines bloßen Pactum.
A. Die Stipulation von Zinsen war überall an- wendbar, und konnte stets eine Klage bewirken. Sie konnte geschlossen werden ohne Unterschied, ob die Kapitalschuld selbst aus einer Stipulation mit oder ohne Darlehn, aus einem bloßen Darlehn ohne Stipulation, oder aus irgend einer anderen obligatorischen Handlung entsprungen war.
Bei den Römern war der wichtigste und häufigste Fall der, in welchem beide Obligationen, des Kapitals und der Zinsen, durch Stipulation begründet und zwar auf Geld gerichtet wurden. Ob dieses, der wörtlichen Fassung nach, in zwei abgesonderten Verträgen geschah (also mit einem doppelten spondes? spondeo), oder aber in einem zusammen- gefaßten einfachen Vertrag, an dessen Schluß jene Frage
§. 268. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen.
hierin das baare Geld (die Zinſen) eine Frucht des baaren Geldes (des Kapitals) wäre; vielmehr wird die Zinſen- forderung als eine aus der Kapitalforderung ent- ſprungene Frucht betrachtet.
Die wichtigſte Frage iſt nun die, auf welchen Wegen überhaupt eine Zinſenforderung entſtehen kann. Es giebt dafür im Allgemeinen zwei Entſtehungsgründe:
I. Der Wille des Schuldners, welcher faſt immer in der Form eines Vertrages erſcheint, und II. eine allgemeine Rechtsregel.
I.Vertrag als Entſtehungsgrund einer Zinſenfor- derung. Ein ſolcher konnte bei den Römern vorkommen, ſowohl in der Form einer Stipulation, als in der eines bloßen Pactum.
A. Die Stipulation von Zinſen war überall an- wendbar, und konnte ſtets eine Klage bewirken. Sie konnte geſchloſſen werden ohne Unterſchied, ob die Kapitalſchuld ſelbſt aus einer Stipulation mit oder ohne Darlehn, aus einem bloßen Darlehn ohne Stipulation, oder aus irgend einer anderen obligatoriſchen Handlung entſprungen war.
Bei den Römern war der wichtigſte und häufigſte Fall der, in welchem beide Obligationen, des Kapitals und der Zinſen, durch Stipulation begründet und zwar auf Geld gerichtet wurden. Ob dieſes, der wörtlichen Faſſung nach, in zwei abgeſonderten Verträgen geſchah (alſo mit einem doppelten spondes? spondeo), oder aber in einem zuſammen- gefaßten einfachen Vertrag, an deſſen Schluß jene Frage
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§. 268. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen.
hierin das baare Geld (die Zinſen) eine Frucht des baaren
Geldes (des Kapitals) wäre; vielmehr wird die Zinſen-
forderung als eine aus der Kapitalforderung ent-
ſprungene Frucht betrachtet.
Die wichtigſte Frage iſt nun die, auf welchen Wegen
überhaupt eine Zinſenforderung entſtehen kann. Es giebt
dafür im Allgemeinen zwei Entſtehungsgründe:
I. Der Wille des Schuldners, welcher faſt immer in
der Form eines Vertrages erſcheint, und II. eine
allgemeine Rechtsregel.
I. Vertrag als Entſtehungsgrund einer Zinſenfor-
derung. Ein ſolcher konnte bei den Römern vorkommen,
ſowohl in der Form einer Stipulation, als in der eines
bloßen Pactum.
A. Die Stipulation von Zinſen war überall an-
wendbar, und konnte ſtets eine Klage bewirken. Sie konnte
geſchloſſen werden ohne Unterſchied, ob die Kapitalſchuld
ſelbſt aus einer Stipulation mit oder ohne Darlehn, aus
einem bloßen Darlehn ohne Stipulation, oder aus irgend
einer anderen obligatoriſchen Handlung entſprungen war.
Bei den Römern war der wichtigſte und häufigſte Fall
der, in welchem beide Obligationen, des Kapitals und der
Zinſen, durch Stipulation begründet und zwar auf Geld
gerichtet wurden. Ob dieſes, der wörtlichen Faſſung nach,
in zwei abgeſonderten Verträgen geſchah (alſo mit einem
doppelten spondes? spondeo), oder aber in einem zuſammen-
gefaßten einfachen Vertrag, an deſſen Schluß jene Frage
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/143>, abgerufen am 25.11.2024.
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