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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 267. Wirkung der L. C. -- Versäumte Früchte.
durchaus nicht unterschieden zwischen Ausgaben für die
Erhaltung der Sache selbst, oder für die Bestellung zur
Fruchterzeugung.

Wenn man jene Behauptung auf die s. g. civilen
Früchte anwendet, so würde sie zu folgender Unterscheidung
führen. Der Besitzer wäre verpflichtet, Miethgeld und
Zinsen einzukassiren, wenn die Contracte hierüber schon
geschlossen sind; nicht verpflichtet, solche Contracte zu
schließen, auch selbst an solchen Sachen, die ihrer Natur
nach zum Vermiethen bestimmt sind. Nun wird aber
gerade hiervon das Gegentheil ausdrücklich gesagt. Der
unredliche Besitzer soll für versäumte Früchte einstehen,
wenn er Sachen unvermiethet läßt, deren Vermiethung
herkömmlich ist (l). Eben so soll der Erbe, wenn er die
Auszahlung eines Geldlegats ohne Grund verzögert, da-
von landübliche Zinsen zahlen (m).

Sehr richtig wird dieses ganze Rechtsverhältniß in
folgender Stelle der Westgothischen Interpretation beur-
theilt (n):

debuit, nec fecit, culpae hujus
reddat rationem."
(l) L. 62 pr. de rei vind.
(6. 1) "Si navis a malae fidei
possessore petatur, et fructus
aestimandi sunt, ut in taberna
et area quae locari solent." --
L. 19 pr. de usur.
(22. 1) am
Ende der Stelle.
(m) L. 39 § 1 de leg. 1. (30).
Aus den landüblichen Zinsen folgt,
daß nicht blos die Einkassirung,
sendern auch das Ausleihen von
dem Erben erwartet wird. Denn
wäre die Rede von einem schon
ausgeliehenen Capital, so würden
nicht landübliche, sondern die im
Contract versprochenen Zinsen ge-
fordert werden.
(n) Interpr. L. 1 C. Th. de
fruct.
(4. 18).

§. 267. Wirkung der L. C. — Verſäumte Früchte.
durchaus nicht unterſchieden zwiſchen Ausgaben für die
Erhaltung der Sache ſelbſt, oder für die Beſtellung zur
Fruchterzeugung.

Wenn man jene Behauptung auf die ſ. g. civilen
Früchte anwendet, ſo würde ſie zu folgender Unterſcheidung
führen. Der Beſitzer wäre verpflichtet, Miethgeld und
Zinſen einzukaſſiren, wenn die Contracte hierüber ſchon
geſchloſſen ſind; nicht verpflichtet, ſolche Contracte zu
ſchließen, auch ſelbſt an ſolchen Sachen, die ihrer Natur
nach zum Vermiethen beſtimmt ſind. Nun wird aber
gerade hiervon das Gegentheil ausdrücklich geſagt. Der
unredliche Beſitzer ſoll für verſäumte Früchte einſtehen,
wenn er Sachen unvermiethet läßt, deren Vermiethung
herkömmlich iſt (l). Eben ſo ſoll der Erbe, wenn er die
Auszahlung eines Geldlegats ohne Grund verzögert, da-
von landübliche Zinſen zahlen (m).

Sehr richtig wird dieſes ganze Rechtsverhältniß in
folgender Stelle der Weſtgothiſchen Interpretation beur-
theilt (n):

debuit, nec fecit, culpae hujus
reddat rationem.“
(l) L. 62 pr. de rei vind.
(6. 1) „Si navis a malae fidei
possessore petatur, et fructus
aestimandi sunt, ut in taberna
et area quae locari solent.“ —
L. 19 pr. de usur.
(22. 1) am
Ende der Stelle.
(m) L. 39 § 1 de leg. 1. (30).
Aus den landüblichen Zinſen folgt,
daß nicht blos die Einkaſſirung,
ſendern auch das Ausleihen von
dem Erben erwartet wird. Denn
wäre die Rede von einem ſchon
ausgeliehenen Capital, ſo würden
nicht landübliche, ſondern die im
Contract verſprochenen Zinſen ge-
fordert werden.
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fruct.
(4. 18).
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[117/0135] §. 267. Wirkung der L. C. — Verſäumte Früchte. durchaus nicht unterſchieden zwiſchen Ausgaben für die Erhaltung der Sache ſelbſt, oder für die Beſtellung zur Fruchterzeugung. Wenn man jene Behauptung auf die ſ. g. civilen Früchte anwendet, ſo würde ſie zu folgender Unterſcheidung führen. Der Beſitzer wäre verpflichtet, Miethgeld und Zinſen einzukaſſiren, wenn die Contracte hierüber ſchon geſchloſſen ſind; nicht verpflichtet, ſolche Contracte zu ſchließen, auch ſelbſt an ſolchen Sachen, die ihrer Natur nach zum Vermiethen beſtimmt ſind. Nun wird aber gerade hiervon das Gegentheil ausdrücklich geſagt. Der unredliche Beſitzer ſoll für verſäumte Früchte einſtehen, wenn er Sachen unvermiethet läßt, deren Vermiethung herkömmlich iſt (l). Eben ſo ſoll der Erbe, wenn er die Auszahlung eines Geldlegats ohne Grund verzögert, da- von landübliche Zinſen zahlen (m). Sehr richtig wird dieſes ganze Rechtsverhältniß in folgender Stelle der Weſtgothiſchen Interpretation beur- theilt (n): (k) (l) L. 62 pr. de rei vind. (6. 1) „Si navis a malae fidei possessore petatur, et fructus aestimandi sunt, ut in taberna et area quae locari solent.“ — L. 19 pr. de usur. (22. 1) am Ende der Stelle. (m) L. 39 § 1 de leg. 1. (30). Aus den landüblichen Zinſen folgt, daß nicht blos die Einkaſſirung, ſendern auch das Ausleihen von dem Erben erwartet wird. Denn wäre die Rede von einem ſchon ausgeliehenen Capital, ſo würden nicht landübliche, ſondern die im Contract verſprochenen Zinſen ge- fordert werden. (n) Interpr. L. 1 C. Th. de fruct. (4. 18). (k) debuit, nec fecit, culpae hujus reddat rationem.“

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/135>, abgerufen am 03.05.2024.