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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
durchaus keine Pönalklagen, sondern Contractsklagen, wes-
halb diese auch unbeschränkt gegen die Erben angestellt
werden konnten.

Ferner dürfen die Strafklagen nicht verwechselt wer-
den mit den auf Vindicta gerichteten Klagen. Dieses sind
solche Klagen, wobey ein eingeklagtes Vermögensrecht nur
als Mittel dient, um einen entfernteren sittlichen Zweck zu
verfolgen. Nur die kleinere Zahl der Strafklagen hat die-
sen ganz besonderen Character; dagegen findet sich derselbe
sogar bey der inofficiosi querela, einer Klage die nicht
mit dem Namen einer Strafklage belegt werden kann (r).

Zum Schluß ist noch die Frage zu berühren, ob das
Recht der Strafklagen für uns unverändert besteht. Die
einseitigen Strafklagen, die auf Entschädigung wegen zu-
gefügter Verletzungen gehen, müssen natürlich bey uns,
wie in jedem positiven Recht, anerkannt werden. Ob eine
gleiche Behandlung derselben, wie im Römischen Recht,
noch jetzt eintrete, ist bereits oben ausführlich untersucht
worden. -- Die Frage nach der Fortdauer der zweysei-
tigen Strafklagen läßt sich auch so ausdrücken, ob wir
überhaupt noch Privatstrafen übrig haben? Die genauere
Erörterung dieser Frage muß dem Obligationenrecht vor-
behalten bleiben; schon hier aber läßt sich vorläufig der
Satz aufstellen, daß einige Privatstrafen noch jetzt vor-
kommen, die meisten aber völlig verschwunden sind.


sie in ihrem Zweck mit diesen überein kamen (§ 207. f.)
(r) Vgl.
Band 2. § 73.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
durchaus keine Pönalklagen, ſondern Contractsklagen, wes-
halb dieſe auch unbeſchränkt gegen die Erben angeſtellt
werden konnten.

Ferner dürfen die Strafklagen nicht verwechſelt wer-
den mit den auf Vindicta gerichteten Klagen. Dieſes ſind
ſolche Klagen, wobey ein eingeklagtes Vermögensrecht nur
als Mittel dient, um einen entfernteren ſittlichen Zweck zu
verfolgen. Nur die kleinere Zahl der Strafklagen hat die-
ſen ganz beſonderen Character; dagegen findet ſich derſelbe
ſogar bey der inofficiosi querela, einer Klage die nicht
mit dem Namen einer Strafklage belegt werden kann (r).

Zum Schluß iſt noch die Frage zu berühren, ob das
Recht der Strafklagen für uns unveraͤndert beſteht. Die
einſeitigen Strafklagen, die auf Entſchädigung wegen zu-
gefügter Verletzungen gehen, müſſen natürlich bey uns,
wie in jedem poſitiven Recht, anerkannt werden. Ob eine
gleiche Behandlung derſelben, wie im Römiſchen Recht,
noch jetzt eintrete, iſt bereits oben ausführlich unterſucht
worden. — Die Frage nach der Fortdauer der zweyſei-
tigen Strafklagen läßt ſich auch ſo ausdrücken, ob wir
überhaupt noch Privatſtrafen übrig haben? Die genauere
Erörterung dieſer Frage muß dem Obligationenrecht vor-
behalten bleiben; ſchon hier aber läßt ſich vorläufig der
Satz aufſtellen, daß einige Privatſtrafen noch jetzt vor-
kommen, die meiſten aber völlig verſchwunden ſind.


ſie in ihrem Zweck mit dieſen überein kamen (§ 207. f.)
(r) Vgl.
Band 2. § 73.
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[60/0074] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. durchaus keine Pönalklagen, ſondern Contractsklagen, wes- halb dieſe auch unbeſchränkt gegen die Erben angeſtellt werden konnten. Ferner dürfen die Strafklagen nicht verwechſelt wer- den mit den auf Vindicta gerichteten Klagen. Dieſes ſind ſolche Klagen, wobey ein eingeklagtes Vermögensrecht nur als Mittel dient, um einen entfernteren ſittlichen Zweck zu verfolgen. Nur die kleinere Zahl der Strafklagen hat die- ſen ganz beſonderen Character; dagegen findet ſich derſelbe ſogar bey der inofficiosi querela, einer Klage die nicht mit dem Namen einer Strafklage belegt werden kann (r). Zum Schluß iſt noch die Frage zu berühren, ob das Recht der Strafklagen für uns unveraͤndert beſteht. Die einſeitigen Strafklagen, die auf Entſchädigung wegen zu- gefügter Verletzungen gehen, müſſen natürlich bey uns, wie in jedem poſitiven Recht, anerkannt werden. Ob eine gleiche Behandlung derſelben, wie im Römiſchen Recht, noch jetzt eintrete, iſt bereits oben ausführlich unterſucht worden. — Die Frage nach der Fortdauer der zweyſei- tigen Strafklagen läßt ſich auch ſo ausdrücken, ob wir überhaupt noch Privatſtrafen übrig haben? Die genauere Erörterung dieſer Frage muß dem Obligationenrecht vor- behalten bleiben; ſchon hier aber läßt ſich vorläufig der Satz aufſtellen, daß einige Privatſtrafen noch jetzt vor- kommen, die meiſten aber völlig verſchwunden ſind. (q) (r) Vgl. Band 2. § 73. (q) ſie in ihrem Zweck mit dieſen überein kamen (§ 207. f.)

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/74>, abgerufen am 26.11.2024.