§. 213. Arten der Klagen. Civiles, honorariae. Ordinariae, extraordinariae.
Ich gehe nun zu denjenigen Eintheilungen der Klagen über, die eine mehr historische Natur haben als die bisher abgehandelten, indem sie sich theils auf die Entstehung dieser Rechtsinstitute, theils auf die alterthümlichen, im neuesten Römischen Recht verschwundenen, Prozeßformen beziehen. Seit der Entdeckung des Gajus lassen sich die- selben weit deutlicher übersehen als zuvor. Besonders der Zustand der Sache zur Zeit der großen juristischen Schrift- steller läßt sich mit ziemlicher Sicherheit feststellen. Über den älteren Zustand freylich, und über dessen allmälige Umbildung, ist aus Mangel an bestimmten Nachrichten ein weites Feld zu Hypothesen übrig; es dürfte aber wohl gerathen sein, auf solche kein großes Gewicht zu legen.
Zunächst ist hier die längst bekannte Eintheilung der Klagen in civiles und honorariae zu bemerken (a); unter den lezten sind die meisten und wichtigsten praetoriae, einige aediliciae. Das Unterscheidende besteht darin, daß
(a)L. 25 § 2 de O. et A. (44. 7), L. 178 § 3 de V. S. (50. 16) beide von Ulpian. -- Mäcianus sagt: actiones sive legitimae sive honorariae. L. 32 pr. ad L. Falc. (35. 2.). -- Gajus IV. § 109 "ex lege esse, non esse." Er warnt dabey vor der Verwechslung dieses Gegen- satzes mit dem völlig verschiede- nen, blos prozessualischen, Gegen- satz der judicia legitima und quae imperio continentur. -- Bey Pomponius (L. 2 § 6 de O. J. 1. 2) heißen legitimae actio- nes die alten legis actiones, und eben so bey Gellius XX. 10.
§. 213. Arten der Klagen. Civiles, honorariae. Ordinariae, extraordinariae.
Ich gehe nun zu denjenigen Eintheilungen der Klagen über, die eine mehr hiſtoriſche Natur haben als die bisher abgehandelten, indem ſie ſich theils auf die Entſtehung dieſer Rechtsinſtitute, theils auf die alterthümlichen, im neueſten Römiſchen Recht verſchwundenen, Prozeßformen beziehen. Seit der Entdeckung des Gajus laſſen ſich die- ſelben weit deutlicher überſehen als zuvor. Beſonders der Zuſtand der Sache zur Zeit der großen juriſtiſchen Schrift- ſteller läßt ſich mit ziemlicher Sicherheit feſtſtellen. Über den älteren Zuſtand freylich, und über deſſen allmälige Umbildung, iſt aus Mangel an beſtimmten Nachrichten ein weites Feld zu Hypotheſen übrig; es dürfte aber wohl gerathen ſein, auf ſolche kein großes Gewicht zu legen.
Zunächſt iſt hier die längſt bekannte Eintheilung der Klagen in civiles und honorariae zu bemerken (a); unter den lezten ſind die meiſten und wichtigſten praetoriae, einige aediliciae. Das Unterſcheidende beſteht darin, daß
(a)L. 25 § 2 de O. et A. (44. 7), L. 178 § 3 de V. S. (50. 16) beide von Ulpian. — Mäcianus ſagt: actiones sive legitimae sive honorariae. L. 32 pr. ad L. Falc. (35. 2.). — Gajus IV. § 109 „ex lege esse, non esse.” Er warnt dabey vor der Verwechslung dieſes Gegen- ſatzes mit dem völlig verſchiede- nen, blos prozeſſualiſchen, Gegen- ſatz der judicia legitima und quae imperio continentur. — Bey Pomponius (L. 2 § 6 de O. J. 1. 2) heißen legitimae actio- nes die alten legis actiones, und eben ſo bey Gellius XX. 10.
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§. 213.
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Ich gehe nun zu denjenigen Eintheilungen der Klagen
über, die eine mehr hiſtoriſche Natur haben als die bisher
abgehandelten, indem ſie ſich theils auf die Entſtehung
dieſer Rechtsinſtitute, theils auf die alterthümlichen, im
neueſten Römiſchen Recht verſchwundenen, Prozeßformen
beziehen. Seit der Entdeckung des Gajus laſſen ſich die-
ſelben weit deutlicher überſehen als zuvor. Beſonders der
Zuſtand der Sache zur Zeit der großen juriſtiſchen Schrift-
ſteller läßt ſich mit ziemlicher Sicherheit feſtſtellen. Über
den älteren Zuſtand freylich, und über deſſen allmälige
Umbildung, iſt aus Mangel an beſtimmten Nachrichten
ein weites Feld zu Hypotheſen übrig; es dürfte aber wohl
gerathen ſein, auf ſolche kein großes Gewicht zu legen.
Zunächſt iſt hier die längſt bekannte Eintheilung der
Klagen in civiles und honorariae zu bemerken (a); unter
den lezten ſind die meiſten und wichtigſten praetoriae,
einige aediliciae. Das Unterſcheidende beſteht darin, daß
(a) L. 25 § 2 de O. et A.
(44. 7), L. 178 § 3 de V. S.
(50. 16) beide von Ulpian. —
Mäcianus ſagt: actiones sive
legitimae sive honorariae. L. 32
pr. ad L. Falc. (35. 2.). —
Gajus IV. § 109 „ex lege esse,
non esse.” Er warnt dabey vor
der Verwechslung dieſes Gegen-
ſatzes mit dem völlig verſchiede-
nen, blos prozeſſualiſchen, Gegen-
ſatz der judicia legitima und
quae imperio continentur. —
Bey Pomponius (L. 2 § 6 de O.
J. 1. 2) heißen legitimae actio-
nes die alten legis actiones, und
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/75>, abgerufen am 27.07.2024.
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