condemnatio neben einer certa intentio hat (Num. XXXIII. und System § 215.).
XLI.
Um diese Behauptung gegen Zweifel und Einwendun- gen zu sichern, ist es nöthig darauf aufmerksam zu machen, daß der Gegensatz des certum und incertum in verschie- denen Anwendungen verschiedene Bedeutungen, nach dem jedesmal eintretenden Bedürfniß, annimmt.
So hat er eine andere Bedeutung bey der Stipulation. Hier konnte man in der That sagen, jede Stipulation ist entweder certa oder incerta (auch certi oder incerti ge- nannt) (a). Certa hieß jede, deren Umfang und Geld- werth aus den Worten, ohne Rücksicht auf künstliche Er- mittlung und zufällige Umstände erkennbar war (b). Da- her war ganz sicher certa stipulatio nicht nur die auf Geld, sondern auch die auf das Eigenthum eines be- stimmten Ackers, Sklaven, Pferdes gerichtete, so daß aus der certa stipulatio Condictionen bald der ersten, bald der zweyten Klasse (also certi und triticariae condictiones) entsprangen, nie der dritten. Aus der incerta stipulatio dagegen entsprangen fast immer Condictionen der dritten Klasse, also incerti condictiones, doch nicht ganz allge- mein; denn die Stipulation des Niesbrauchs war incerta, und erzeugte dennoch eine Condiction der zweyten Klasse, auf si paret dare oportere gerichtet (Num. XXXIV. c.).
(a)L. 68 de V. O. (45. 1.).
(b)L. 74. 75 de V. O. (45. 1.).
Die Condictionen. XLI.
condemnatio neben einer certa intentio hat (Num. XXXIII. und Syſtem § 215.).
XLI.
Um dieſe Behauptung gegen Zweifel und Einwendun- gen zu ſichern, iſt es nöthig darauf aufmerkſam zu machen, daß der Gegenſatz des certum und incertum in verſchie- denen Anwendungen verſchiedene Bedeutungen, nach dem jedesmal eintretenden Bedürfniß, annimmt.
So hat er eine andere Bedeutung bey der Stipulation. Hier konnte man in der That ſagen, jede Stipulation iſt entweder certa oder incerta (auch certi oder incerti ge- nannt) (a). Certa hieß jede, deren Umfang und Geld- werth aus den Worten, ohne Rückſicht auf künſtliche Er- mittlung und zufällige Umſtände erkennbar war (b). Da- her war ganz ſicher certa stipulatio nicht nur die auf Geld, ſondern auch die auf das Eigenthum eines be- ſtimmten Ackers, Sklaven, Pferdes gerichtete, ſo daß aus der certa stipulatio Condictionen bald der erſten, bald der zweyten Klaſſe (alſo certi und triticariae condictiones) entſprangen, nie der dritten. Aus der incerta stipulatio dagegen entſprangen faſt immer Condictionen der dritten Klaſſe, alſo incerti condictiones, doch nicht ganz allge- mein; denn die Stipulation des Niesbrauchs war incerta, und erzeugte dennoch eine Condiction der zweyten Klaſſe, auf si paret dare oportere gerichtet (Num. XXXIV. c.).
(a)L. 68 de V. O. (45. 1.).
(b)L. 74. 75 de V. O. (45. 1.).
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Die Condictionen. XLI.
condemnatio neben einer certa intentio hat (Num. XXXIII.
und Syſtem § 215.).
XLI.
Um dieſe Behauptung gegen Zweifel und Einwendun-
gen zu ſichern, iſt es nöthig darauf aufmerkſam zu machen,
daß der Gegenſatz des certum und incertum in verſchie-
denen Anwendungen verſchiedene Bedeutungen, nach dem
jedesmal eintretenden Bedürfniß, annimmt.
So hat er eine andere Bedeutung bey der Stipulation.
Hier konnte man in der That ſagen, jede Stipulation iſt
entweder certa oder incerta (auch certi oder incerti ge-
nannt) (a). Certa hieß jede, deren Umfang und Geld-
werth aus den Worten, ohne Rückſicht auf künſtliche Er-
mittlung und zufällige Umſtände erkennbar war (b). Da-
her war ganz ſicher certa stipulatio nicht nur die auf
Geld, ſondern auch die auf das Eigenthum eines be-
ſtimmten Ackers, Sklaven, Pferdes gerichtete, ſo daß aus
der certa stipulatio Condictionen bald der erſten, bald
der zweyten Klaſſe (alſo certi und triticariae condictiones)
entſprangen, nie der dritten. Aus der incerta stipulatio
dagegen entſprangen faſt immer Condictionen der dritten
Klaſſe, alſo incerti condictiones, doch nicht ganz allge-
mein; denn die Stipulation des Niesbrauchs war incerta,
und erzeugte dennoch eine Condiction der zweyten Klaſſe,
auf si paret dare oportere gerichtet (Num. XXXIV. c.).
(a) L. 68 de V. O. (45. 1.).
(b) L. 74. 75 de V. O. (45. 1.).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/643>, abgerufen am 21.11.2024.
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