Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Condictionen. XLI.
condemnatio neben einer certa intentio hat (Num. XXXIII.
und System § 215.).

XLI.

Um diese Behauptung gegen Zweifel und Einwendun-
gen zu sichern, ist es nöthig darauf aufmerksam zu machen,
daß der Gegensatz des certum und incertum in verschie-
denen Anwendungen verschiedene Bedeutungen, nach dem
jedesmal eintretenden Bedürfniß, annimmt.

So hat er eine andere Bedeutung bey der Stipulation.
Hier konnte man in der That sagen, jede Stipulation ist
entweder certa oder incerta (auch certi oder incerti ge-
nannt) (a). Certa hieß jede, deren Umfang und Geld-
werth aus den Worten, ohne Rücksicht auf künstliche Er-
mittlung und zufällige Umstände erkennbar war (b). Da-
her war ganz sicher certa stipulatio nicht nur die auf
Geld, sondern auch die auf das Eigenthum eines be-
stimmten Ackers, Sklaven, Pferdes gerichtete, so daß aus
der certa stipulatio Condictionen bald der ersten, bald
der zweyten Klasse (also certi und triticariae condictiones)
entsprangen, nie der dritten. Aus der incerta stipulatio
dagegen entsprangen fast immer Condictionen der dritten
Klasse, also incerti condictiones, doch nicht ganz allge-
mein; denn die Stipulation des Niesbrauchs war incerta,
und erzeugte dennoch eine Condiction der zweyten Klasse,
auf si paret dare oportere gerichtet (Num. XXXIV. c.).


(a) L. 68 de V. O. (45. 1.).
(b) L. 74. 75 de V. O. (45. 1.).

Die Condictionen. XLI.
condemnatio neben einer certa intentio hat (Num. XXXIII.
und Syſtem § 215.).

XLI.

Um dieſe Behauptung gegen Zweifel und Einwendun-
gen zu ſichern, iſt es nöthig darauf aufmerkſam zu machen,
daß der Gegenſatz des certum und incertum in verſchie-
denen Anwendungen verſchiedene Bedeutungen, nach dem
jedesmal eintretenden Bedürfniß, annimmt.

So hat er eine andere Bedeutung bey der Stipulation.
Hier konnte man in der That ſagen, jede Stipulation iſt
entweder certa oder incerta (auch certi oder incerti ge-
nannt) (a). Certa hieß jede, deren Umfang und Geld-
werth aus den Worten, ohne Rückſicht auf künſtliche Er-
mittlung und zufällige Umſtände erkennbar war (b). Da-
her war ganz ſicher certa stipulatio nicht nur die auf
Geld, ſondern auch die auf das Eigenthum eines be-
ſtimmten Ackers, Sklaven, Pferdes gerichtete, ſo daß aus
der certa stipulatio Condictionen bald der erſten, bald
der zweyten Klaſſe (alſo certi und triticariae condictiones)
entſprangen, nie der dritten. Aus der incerta stipulatio
dagegen entſprangen faſt immer Condictionen der dritten
Klaſſe, alſo incerti condictiones, doch nicht ganz allge-
mein; denn die Stipulation des Niesbrauchs war incerta,
und erzeugte dennoch eine Condiction der zweyten Klaſſe,
auf si paret dare oportere gerichtet (Num. XXXIV. c.).


(a) L. 68 de V. O. (45. 1.).
(b) L. 74. 75 de V. O. (45. 1.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0643" n="629"/><fw place="top" type="header">Die Condictionen. <hi rendition="#aq">XLI.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">condemnatio</hi> neben einer <hi rendition="#aq">certa intentio</hi> hat (Num. <hi rendition="#aq">XXXIII.</hi><lb/>
und Sy&#x017F;tem § 215.).</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">XLI.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Um die&#x017F;e Behauptung gegen Zweifel und Einwendun-<lb/>
gen zu &#x017F;ichern, i&#x017F;t es nöthig darauf aufmerk&#x017F;am zu machen,<lb/>
daß der Gegen&#x017F;atz des <hi rendition="#aq">certum</hi> und <hi rendition="#aq">incertum</hi> in ver&#x017F;chie-<lb/>
denen Anwendungen ver&#x017F;chiedene Bedeutungen, nach dem<lb/>
jedesmal eintretenden Bedürfniß, annimmt.</p><lb/>
            <p>So hat er eine andere Bedeutung bey der Stipulation.<lb/>
Hier konnte man in der That &#x017F;agen, jede Stipulation i&#x017F;t<lb/>
entweder <hi rendition="#aq">certa</hi> oder <hi rendition="#aq">incerta</hi> (auch <hi rendition="#aq">certi</hi> oder <hi rendition="#aq">incerti</hi> ge-<lb/>
nannt) <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 68 <hi rendition="#i">de V. O.</hi></hi> (45. 1.).</note>. <hi rendition="#aq">Certa</hi> hieß jede, deren Umfang und Geld-<lb/>
werth aus den Worten, ohne Rück&#x017F;icht auf kün&#x017F;tliche Er-<lb/>
mittlung und zufällige Um&#x017F;tände erkennbar war <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 74. 75 <hi rendition="#i">de V. O.</hi></hi> (45. 1.).</note>. Da-<lb/>
her war ganz &#x017F;icher <hi rendition="#aq">certa stipulatio</hi> nicht nur die auf<lb/>
Geld, &#x017F;ondern auch die auf das Eigenthum eines be-<lb/>
&#x017F;timmten Ackers, Sklaven, Pferdes gerichtete, &#x017F;o daß aus<lb/>
der <hi rendition="#aq">certa stipulatio</hi> Condictionen bald der er&#x017F;ten, bald<lb/>
der zweyten Kla&#x017F;&#x017F;e (al&#x017F;o <hi rendition="#aq">certi</hi> und <hi rendition="#aq">triticariae condictiones</hi>)<lb/>
ent&#x017F;prangen, nie der dritten. Aus der <hi rendition="#aq">incerta stipulatio</hi><lb/>
dagegen ent&#x017F;prangen fa&#x017F;t immer Condictionen der dritten<lb/>
Kla&#x017F;&#x017F;e, al&#x017F;o <hi rendition="#aq">incerti condictiones,</hi> doch nicht ganz allge-<lb/>
mein; denn die Stipulation des Niesbrauchs war <hi rendition="#aq">incerta,</hi><lb/>
und erzeugte dennoch eine Condiction der zweyten Kla&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
auf <hi rendition="#aq">si paret dare oportere</hi> gerichtet (Num. <hi rendition="#aq">XXXIV. c.</hi>).</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[629/0643] Die Condictionen. XLI. condemnatio neben einer certa intentio hat (Num. XXXIII. und Syſtem § 215.). XLI. Um dieſe Behauptung gegen Zweifel und Einwendun- gen zu ſichern, iſt es nöthig darauf aufmerkſam zu machen, daß der Gegenſatz des certum und incertum in verſchie- denen Anwendungen verſchiedene Bedeutungen, nach dem jedesmal eintretenden Bedürfniß, annimmt. So hat er eine andere Bedeutung bey der Stipulation. Hier konnte man in der That ſagen, jede Stipulation iſt entweder certa oder incerta (auch certi oder incerti ge- nannt) (a). Certa hieß jede, deren Umfang und Geld- werth aus den Worten, ohne Rückſicht auf künſtliche Er- mittlung und zufällige Umſtände erkennbar war (b). Da- her war ganz ſicher certa stipulatio nicht nur die auf Geld, ſondern auch die auf das Eigenthum eines be- ſtimmten Ackers, Sklaven, Pferdes gerichtete, ſo daß aus der certa stipulatio Condictionen bald der erſten, bald der zweyten Klaſſe (alſo certi und triticariae condictiones) entſprangen, nie der dritten. Aus der incerta stipulatio dagegen entſprangen faſt immer Condictionen der dritten Klaſſe, alſo incerti condictiones, doch nicht ganz allge- mein; denn die Stipulation des Niesbrauchs war incerta, und erzeugte dennoch eine Condiction der zweyten Klaſſe, auf si paret dare oportere gerichtet (Num. XXXIV. c.). (a) L. 68 de V. O. (45. 1.). (b) L. 74. 75 de V. O. (45. 1.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/643
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/643>, abgerufen am 21.11.2024.