dern nur als bestimmtere Bezeichnung der schon in der No- velle 111 vorbehaltenen Ausnahmen von dem Privile- gium (o).
Die Richtigkeit der hier angegebenen gesetzlichen Be- stimmungen wird durch mehrere Stellen des canonischen Rechts bestätigt. So wird im fünften Jahrhundert an- erkannt, daß unter Kirchen die allgemeine dreyßigjährige Verjährung gleichfalls gelte (p), weil damals noch nicht das erst von Justinian herrührende Privilegium eingeführt war. Im J. 591 aber wurde anerkannt, daß auch der Pabst nur eine Verjährungsfrist von 40 Jahren zu genie- ßen habe (q), weil Justinian das Privilegium von 100 Jah- ren ganz allgemein aufgehoben hatte.
In der Folge bildete sich jedoch durch Gerichtsgebrauch folgende Regel aus. Die Kirchen überhaupt haben 40 Jahre, die ecclesia Romana aber, das heißt die Kirche des Pab- stes selbst, hat ausnahmsweise 100 Jahre. Veranlaßt war ohne Zweifel diese neue Ausnahme durch den Buchstaben der Novelle 9, welche jedoch ganz aus ihrem historischen Zusammenhang gerissen werden mußte, um zu einem sol- chen Erfolg zu führen; denn theils war nun der Ausdruck
(o) Diese Behauptung wird er- klärt und gerechtfertigt durch die in der vorhergehenden Note ent- haltene Bemerkung. Zur Bestäti- gung dient das Verfahren, wel- ches hierin Julian eingeschlagen hat. Er excerpirt in seiner Const. 104, als geltendes Recht, lediglich die Nov. 111; in seiner Const. 8. führt er die Nov. 9 zwar auf, aber ohne sie zu excerpiren, weil sie aufgehoben sey; die Nov. 131 K. 6 übergeht er ganz mit Still- schweigen.
(p)c. 1 C. 16 q. 3.
(q)c. 2 C. 16 q. 4.
§. 247. Klagverjährung. Bedingungen. Zeitablauf.
dern nur als beſtimmtere Bezeichnung der ſchon in der No- velle 111 vorbehaltenen Ausnahmen von dem Privile- gium (o).
Die Richtigkeit der hier angegebenen geſetzlichen Be- ſtimmungen wird durch mehrere Stellen des canoniſchen Rechts beſtätigt. So wird im fünften Jahrhundert an- erkannt, daß unter Kirchen die allgemeine dreyßigjährige Verjährung gleichfalls gelte (p), weil damals noch nicht das erſt von Juſtinian herrührende Privilegium eingeführt war. Im J. 591 aber wurde anerkannt, daß auch der Pabſt nur eine Verjährungsfriſt von 40 Jahren zu genie- ßen habe (q), weil Juſtinian das Privilegium von 100 Jah- ren ganz allgemein aufgehoben hatte.
In der Folge bildete ſich jedoch durch Gerichtsgebrauch folgende Regel aus. Die Kirchen überhaupt haben 40 Jahre, die ecclesia Romana aber, das heißt die Kirche des Pab- ſtes ſelbſt, hat ausnahmsweiſe 100 Jahre. Veranlaßt war ohne Zweifel dieſe neue Ausnahme durch den Buchſtaben der Novelle 9, welche jedoch ganz aus ihrem hiſtoriſchen Zuſammenhang geriſſen werden mußte, um zu einem ſol- chen Erfolg zu führen; denn theils war nun der Ausdruck
(o) Dieſe Behauptung wird er- klärt und gerechtfertigt durch die in der vorhergehenden Note ent- haltene Bemerkung. Zur Beſtäti- gung dient das Verfahren, wel- ches hierin Julian eingeſchlagen hat. Er excerpirt in ſeiner Const. 104, als geltendes Recht, lediglich die Nov. 111; in ſeiner Const. 8. führt er die Nov. 9 zwar auf, aber ohne ſie zu excerpiren, weil ſie aufgehoben ſey; die Nov. 131 K. 6 übergeht er ganz mit Still- ſchweigen.
(p)c. 1 C. 16 q. 3.
(q)c. 2 C. 16 q. 4.
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§. 247. Klagverjährung. Bedingungen. Zeitablauf.
dern nur als beſtimmtere Bezeichnung der ſchon in der No-
velle 111 vorbehaltenen Ausnahmen von dem Privile-
gium (o).
Die Richtigkeit der hier angegebenen geſetzlichen Be-
ſtimmungen wird durch mehrere Stellen des canoniſchen
Rechts beſtätigt. So wird im fünften Jahrhundert an-
erkannt, daß unter Kirchen die allgemeine dreyßigjährige
Verjährung gleichfalls gelte (p), weil damals noch nicht
das erſt von Juſtinian herrührende Privilegium eingeführt
war. Im J. 591 aber wurde anerkannt, daß auch der
Pabſt nur eine Verjährungsfriſt von 40 Jahren zu genie-
ßen habe (q), weil Juſtinian das Privilegium von 100 Jah-
ren ganz allgemein aufgehoben hatte.
In der Folge bildete ſich jedoch durch Gerichtsgebrauch
folgende Regel aus. Die Kirchen überhaupt haben 40 Jahre,
die ecclesia Romana aber, das heißt die Kirche des Pab-
ſtes ſelbſt, hat ausnahmsweiſe 100 Jahre. Veranlaßt war
ohne Zweifel dieſe neue Ausnahme durch den Buchſtaben
der Novelle 9, welche jedoch ganz aus ihrem hiſtoriſchen
Zuſammenhang geriſſen werden mußte, um zu einem ſol-
chen Erfolg zu führen; denn theils war nun der Ausdruck
(o) Dieſe Behauptung wird er-
klärt und gerechtfertigt durch die
in der vorhergehenden Note ent-
haltene Bemerkung. Zur Beſtäti-
gung dient das Verfahren, wel-
ches hierin Julian eingeſchlagen
hat. Er excerpirt in ſeiner Const.
104, als geltendes Recht, lediglich
die Nov. 111; in ſeiner Const. 8.
führt er die Nov. 9 zwar auf,
aber ohne ſie zu excerpiren, weil
ſie aufgehoben ſey; die Nov. 131
K. 6 übergeht er ganz mit Still-
ſchweigen.
(p) c. 1 C. 16 q. 3.
(q) c. 2 C. 16 q. 4.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/371>, abgerufen am 04.05.2024.
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