Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
selben Friedensschluß, und eben so in der Wahlcapitula-
tion, bestimmt wird, daß die vom Reich an einzelne Stände
gegebenen Pfandschaften unwiderruflich seyn sollen (c), so
hat diese Bestimmung mit der vorliegenden Rechtsfrage
über die Verjährung schon deshalb keinen Zusammenhang,
weil darin die längere oder kürzere Zeit des Besitzes gar
nicht unterschieden wird; sie hat überhaupt keine juristische
Grundlage, und gehört vielmehr in die große Reihe von
Concessionen des Kaisers an die Stände, wodurch die Macht
derselben stets erweitert wurde, wie es einem Wahlkaiser
gegenüber wohl zu erwarten war.

Die eben erörterte Frage über die Einlösung ver-
pfändeter Sachen ist schon unter den Glossatoren Gegen-
stand des lebhaftesten Streites gewesen (d). Späterhin
hat sich eine überwiegende Zahl bedeutender Schriftsteller
für die hier vertheidigte Meynung erklärt, und sie ist durch
zahlreiche Urtheile angesehener Gerichte bestätigt worden (e).
Dennoch hat auch die entgegengesetzte Meynung bis in die
neueste Zeit Vertheidiger gefunden. Diese berufen sich auf
die oben widerlegte Regel, nach welcher die Verjährung
einer noch nicht vorhandenen Klage dennoch anfangen soll,
wenn nur die Entstehung derselben ganz in der Macht des

(c) Instr. Pac. Osnabr. Art.
5. § 26. Cap. Caes. Art.
10 § 4.
(d) Dissensiones Dominorum
ed. Haenel p.
27. 78. 195.
477 -- 480.
(e) Cujacii paratit. in Cod. 7.
39 und: Comm. in tit. D. de
usurp., L. 13. Giphanius p.
248.
Glück B. 14 S. 170--177. Thi-
baut
Verjährung S. 123, Pan-
dekten § 1020. Thon S. 16 S.
20--26, wo die Einwürfe der
Gegner gut widerlegt werden.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
ſelben Friedensſchluß, und eben ſo in der Wahlcapitula-
tion, beſtimmt wird, daß die vom Reich an einzelne Stände
gegebenen Pfandſchaften unwiderruflich ſeyn ſollen (c), ſo
hat dieſe Beſtimmung mit der vorliegenden Rechtsfrage
über die Verjährung ſchon deshalb keinen Zuſammenhang,
weil darin die längere oder kürzere Zeit des Beſitzes gar
nicht unterſchieden wird; ſie hat überhaupt keine juriſtiſche
Grundlage, und gehört vielmehr in die große Reihe von
Conceſſionen des Kaiſers an die Stände, wodurch die Macht
derſelben ſtets erweitert wurde, wie es einem Wahlkaiſer
gegenüber wohl zu erwarten war.

Die eben erörterte Frage über die Einlöſung ver-
pfändeter Sachen iſt ſchon unter den Gloſſatoren Gegen-
ſtand des lebhafteſten Streites geweſen (d). Späterhin
hat ſich eine überwiegende Zahl bedeutender Schriftſteller
für die hier vertheidigte Meynung erklärt, und ſie iſt durch
zahlreiche Urtheile angeſehener Gerichte beſtätigt worden (e).
Dennoch hat auch die entgegengeſetzte Meynung bis in die
neueſte Zeit Vertheidiger gefunden. Dieſe berufen ſich auf
die oben widerlegte Regel, nach welcher die Verjährung
einer noch nicht vorhandenen Klage dennoch anfangen ſoll,
wenn nur die Entſtehung derſelben ganz in der Macht des

(c) Instr. Pac. Osnabr. Art.
5. § 26. Cap. Caes. Art.
10 § 4.
(d) Dissensiones Dominorum
ed. Haenel p.
27. 78. 195.
477 — 480.
(e) Cujacii paratit. in Cod. 7.
39 und: Comm. in tit. D. de
usurp., L. 13. Giphanius p.
248.
Glück B. 14 S. 170—177. Thi-
baut
Verjährung S. 123, Pan-
dekten § 1020. Thon S. 16 S.
20—26, wo die Einwürfe der
Gegner gut widerlegt werden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0316" n="302"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
&#x017F;elben Friedens&#x017F;chluß, und eben &#x017F;o in der Wahlcapitula-<lb/>
tion, be&#x017F;timmt wird, daß die vom Reich an einzelne Stände<lb/>
gegebenen Pfand&#x017F;chaften unwiderruflich &#x017F;eyn &#x017F;ollen <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Instr. Pac. Osnabr. Art.<lb/>
5. § 26. Cap. Caes. Art.</hi> 10 § 4.</note>, &#x017F;o<lb/>
hat die&#x017F;e Be&#x017F;timmung mit der vorliegenden Rechtsfrage<lb/>
über die Verjährung &#x017F;chon deshalb keinen Zu&#x017F;ammenhang,<lb/>
weil darin die längere oder kürzere Zeit des Be&#x017F;itzes gar<lb/>
nicht unter&#x017F;chieden wird; &#x017F;ie hat überhaupt keine juri&#x017F;ti&#x017F;che<lb/>
Grundlage, und gehört vielmehr in die große Reihe von<lb/>
Conce&#x017F;&#x017F;ionen des Kai&#x017F;ers an die Stände, wodurch die Macht<lb/>
der&#x017F;elben &#x017F;tets erweitert wurde, wie es einem Wahlkai&#x017F;er<lb/>
gegenüber wohl zu erwarten war.</p><lb/>
            <p>Die eben erörterte Frage über die Einlö&#x017F;ung ver-<lb/>
pfändeter Sachen i&#x017F;t &#x017F;chon unter den Glo&#x017F;&#x017F;atoren Gegen-<lb/>
&#x017F;tand des lebhafte&#x017F;ten Streites gewe&#x017F;en <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">Dissensiones Dominorum<lb/>
ed. Haenel p.</hi> 27. 78. 195.<lb/>
477 &#x2014; 480.</note>. Späterhin<lb/>
hat &#x017F;ich eine überwiegende Zahl bedeutender Schrift&#x017F;teller<lb/>
für die hier vertheidigte Meynung erklärt, und &#x017F;ie i&#x017F;t durch<lb/>
zahlreiche Urtheile ange&#x017F;ehener Gerichte be&#x017F;tätigt worden <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Cujacii</hi> paratit. in Cod.</hi> 7.<lb/>
39 und: <hi rendition="#aq">Comm. in tit. D. de<lb/>
usurp., L. 13. <hi rendition="#k">Giphanius</hi> p.</hi> 248.<lb/><hi rendition="#g">Glück</hi> B. 14 S. 170&#x2014;177. <hi rendition="#g">Thi-<lb/>
baut</hi> Verjährung S. 123, Pan-<lb/>
dekten § 1020. <hi rendition="#g">Thon</hi> S. 16 S.<lb/>
20&#x2014;26, wo die Einwürfe der<lb/>
Gegner gut widerlegt werden.</note>.<lb/>
Dennoch hat auch die entgegenge&#x017F;etzte Meynung bis in die<lb/>
neue&#x017F;te Zeit Vertheidiger gefunden. Die&#x017F;e berufen &#x017F;ich auf<lb/>
die oben widerlegte Regel, nach welcher die Verjährung<lb/>
einer noch nicht vorhandenen Klage dennoch anfangen &#x017F;oll,<lb/>
wenn nur die Ent&#x017F;tehung der&#x017F;elben ganz in der Macht des<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0316] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. ſelben Friedensſchluß, und eben ſo in der Wahlcapitula- tion, beſtimmt wird, daß die vom Reich an einzelne Stände gegebenen Pfandſchaften unwiderruflich ſeyn ſollen (c), ſo hat dieſe Beſtimmung mit der vorliegenden Rechtsfrage über die Verjährung ſchon deshalb keinen Zuſammenhang, weil darin die längere oder kürzere Zeit des Beſitzes gar nicht unterſchieden wird; ſie hat überhaupt keine juriſtiſche Grundlage, und gehört vielmehr in die große Reihe von Conceſſionen des Kaiſers an die Stände, wodurch die Macht derſelben ſtets erweitert wurde, wie es einem Wahlkaiſer gegenüber wohl zu erwarten war. Die eben erörterte Frage über die Einlöſung ver- pfändeter Sachen iſt ſchon unter den Gloſſatoren Gegen- ſtand des lebhafteſten Streites geweſen (d). Späterhin hat ſich eine überwiegende Zahl bedeutender Schriftſteller für die hier vertheidigte Meynung erklärt, und ſie iſt durch zahlreiche Urtheile angeſehener Gerichte beſtätigt worden (e). Dennoch hat auch die entgegengeſetzte Meynung bis in die neueſte Zeit Vertheidiger gefunden. Dieſe berufen ſich auf die oben widerlegte Regel, nach welcher die Verjährung einer noch nicht vorhandenen Klage dennoch anfangen ſoll, wenn nur die Entſtehung derſelben ganz in der Macht des (c) Instr. Pac. Osnabr. Art. 5. § 26. Cap. Caes. Art. 10 § 4. (d) Dissensiones Dominorum ed. Haenel p. 27. 78. 195. 477 — 480. (e) Cujacii paratit. in Cod. 7. 39 und: Comm. in tit. D. de usurp., L. 13. Giphanius p. 248. Glück B. 14 S. 170—177. Thi- baut Verjährung S. 123, Pan- dekten § 1020. Thon S. 16 S. 20—26, wo die Einwürfe der Gegner gut widerlegt werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/316
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/316>, abgerufen am 24.11.2024.