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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 239. Klagverjährung. Bedingungen. Actio nata.
doch giebt es ächte Bedingungen, deren Erfüllung ganz in
der Willkühr des Berechtigten steht (g), und bey welchen
also, nach jener Regel, die Verjährung schon früher an-
fangen müßte. Eben so soll die Verjährung der Dotal-
klage allgemein anfangen mit der Auflösung der Ehe (h),
und doch kann diese Auflösung weit früher in der Will-
kühr der Frau stehen, wenn nämlich der Mann durch seine
Handlungen eine Scheidungsursache herbeyführte (i). Noch
einleuchtender ist Dieses für die Zeit des ältern Rechts,
worin die Frau auch ohne Ursache die Scheidung ausspre-
chen konnte; hätte nun damals schon eine Verjährung der
Dotalklage bestanden, so würde dieselbe nach jener Regel
vom Anfang der Ehe an zu berechnen gewesen seyn, wel-
ches doch gewiß Jeder für ganz widersinnig erkennen wird.

Das Wichtigste und Schwierigste aber ist die Anwen-
dung der von mir aufgestellten Regel auf einzelne Rechts-
verhältnisse, und erst dabei wird es möglich seyn, die Streit-
fragen klar zu machen, die in dieser Lehre vorkommen.

Vor Allem müssen unterschieden werden die Klagen in
rem
von den persönlichen Klagen.

Bey den Klagen in rem ist über den Anfang der Ver-
jährung weniger Streit als bey den persönlichen. Die Ver-
jährung der Vindication und der mit ihr gleichartigen Kla-
gen (k) fängt an mit dem Besitz, welchen ein Anderer

(g) S. o. B. 3 § 117.
(h) L. 7 § 4 C. de praescr.
XXX.
(7. 39.), L. 30 C. de j.
dot.
(5. 12.), vgl. Note b.
(i) Thon S. 14--16 S. 56.
(k) Dahin gehört die publi-
ciana,
die a. vectigalis, die des
Superficiars und die Hypothekar-

§. 239. Klagverjährung. Bedingungen. Actio nata.
doch giebt es ächte Bedingungen, deren Erfüllung ganz in
der Willkühr des Berechtigten ſteht (g), und bey welchen
alſo, nach jener Regel, die Verjährung ſchon früher an-
fangen müßte. Eben ſo ſoll die Verjährung der Dotal-
klage allgemein anfangen mit der Auflöſung der Ehe (h),
und doch kann dieſe Auflöſung weit früher in der Will-
kühr der Frau ſtehen, wenn nämlich der Mann durch ſeine
Handlungen eine Scheidungsurſache herbeyführte (i). Noch
einleuchtender iſt Dieſes für die Zeit des ältern Rechts,
worin die Frau auch ohne Urſache die Scheidung ausſpre-
chen konnte; hätte nun damals ſchon eine Verjährung der
Dotalklage beſtanden, ſo würde dieſelbe nach jener Regel
vom Anfang der Ehe an zu berechnen geweſen ſeyn, wel-
ches doch gewiß Jeder für ganz widerſinnig erkennen wird.

Das Wichtigſte und Schwierigſte aber iſt die Anwen-
dung der von mir aufgeſtellten Regel auf einzelne Rechts-
verhältniſſe, und erſt dabei wird es möglich ſeyn, die Streit-
fragen klar zu machen, die in dieſer Lehre vorkommen.

Vor Allem müſſen unterſchieden werden die Klagen in
rem
von den perſönlichen Klagen.

Bey den Klagen in rem iſt über den Anfang der Ver-
jährung weniger Streit als bey den perſönlichen. Die Ver-
jährung der Vindication und der mit ihr gleichartigen Kla-
gen (k) fängt an mit dem Beſitz, welchen ein Anderer

(g) S. o. B. 3 § 117.
(h) L. 7 § 4 C. de praescr.
XXX.
(7. 39.), L. 30 C. de j.
dot.
(5. 12.), vgl. Note b.
(i) Thon S. 14—16 S. 56.
(k) Dahin gehört die publi-
ciana,
die a. vectigalis, die des
Superficiars und die Hypothekar-
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[283/0297] §. 239. Klagverjährung. Bedingungen. Actio nata. doch giebt es ächte Bedingungen, deren Erfüllung ganz in der Willkühr des Berechtigten ſteht (g), und bey welchen alſo, nach jener Regel, die Verjährung ſchon früher an- fangen müßte. Eben ſo ſoll die Verjährung der Dotal- klage allgemein anfangen mit der Auflöſung der Ehe (h), und doch kann dieſe Auflöſung weit früher in der Will- kühr der Frau ſtehen, wenn nämlich der Mann durch ſeine Handlungen eine Scheidungsurſache herbeyführte (i). Noch einleuchtender iſt Dieſes für die Zeit des ältern Rechts, worin die Frau auch ohne Urſache die Scheidung ausſpre- chen konnte; hätte nun damals ſchon eine Verjährung der Dotalklage beſtanden, ſo würde dieſelbe nach jener Regel vom Anfang der Ehe an zu berechnen geweſen ſeyn, wel- ches doch gewiß Jeder für ganz widerſinnig erkennen wird. Das Wichtigſte und Schwierigſte aber iſt die Anwen- dung der von mir aufgeſtellten Regel auf einzelne Rechts- verhältniſſe, und erſt dabei wird es möglich ſeyn, die Streit- fragen klar zu machen, die in dieſer Lehre vorkommen. Vor Allem müſſen unterſchieden werden die Klagen in rem von den perſönlichen Klagen. Bey den Klagen in rem iſt über den Anfang der Ver- jährung weniger Streit als bey den perſönlichen. Die Ver- jährung der Vindication und der mit ihr gleichartigen Kla- gen (k) fängt an mit dem Beſitz, welchen ein Anderer (g) S. o. B. 3 § 117. (h) L. 7 § 4 C. de praescr. XXX. (7. 39.), L. 30 C. de j. dot. (5. 12.), vgl. Note b. (i) Thon S. 14—16 S. 56. (k) Dahin gehört die publi- ciana, die a. vectigalis, die des Superficiars und die Hypothekar-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/297>, abgerufen am 25.11.2024.