Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.§. 218. Judicia, arbitria, Stricti juris, bonae fidei actiones. periodisch Listen besonders ausgewählter Richter verfer-tigt und öffentlich aufgestellt (das album). Dabey waren öftere Veränderungen wahrzunehmen theils in der Anzahl, theils in den Bürgerklassen, worans die Richter ausschlie- ßend genommen werden mußten (e). Die Person des Ur- theilers stand nun mit jener Verschiedenheit der Klagen in der Verbindung, daß das judicium nur vor einem aus dem album genommenen Judex möglich war, anstatt daß über ein arbitrium zu urtheilen Jeder berufen werden konnte, ohne Unterschied ob er im album stand oder nicht (f). Über (4. 6.). "Omnium actionum, quibus inter aliquos apud ju- dices arbitrosve de quacumque re quaeritur" etc. (e) Vgl. Zimmern Rechtsge- schichte B. 3 § 10. (f) Cicero pro Cluentio C. 43
sagt, alle Judices erhielten ihre Gewalt nur durch die freye Ein- stimmung der Parteyen; mit der Allgemeinheit dieses Satzes sind aber doch Verschiedenheiten in der Art und dem Grad dieser mitwir- kenden Einstimmung wohl verein- bar. Wenn in dem judicium der Prätor oder das Loos eine Anzahl Namen aus dem album aus- wählte, und nun jede Partey eine bestimmte Quote derselben verwer- fen konnte, so lag schon darin eine gewisse Einstimmung in die Übrig- bleibenden, aus welchen dann viel- leicht Einer durch das Gutdünken des Prätors zum Judex ernannt wurde; dagegen kam vielleicht bey dem arbitrium eine positive und individuelle Übereinkunft vor, wor- auf zu deuten scheint L. 57 de re jud. (42. 1) Valer. Max. II. 8. 2. -- Wahrscheinlich ernannte der Kläger den arbiter, welchen dann der Beklagte verwerfen konnte. Valer. Max. VIII. 1. 2. "Cal- purnius .. Catonem .. arbitrum Claudio addixit." Doch heißt es in derselben Geschichte bey Ci- cero de off. III. 16 adegit, und eben so pro Roscio 9. Dagegen sagt auch Cicero de or. II. 65. 70 judicem alicui ferre. -- Ganz irrig würde es seyn, sich die Sache so vorzustellen, als wären die im album verzeichneten Richter gerade die Besseren, Zu- verlässigeren gewesen, so daß man sich bey den arbitriis mit Gerin- geren begnügt hätte. Je nach dem Übergewicht der politischen Par- teyen wurden öfter gerade die Vor- nehmsten vom album ausgeschlos- sen; ferner wurden ohne Zweifel die zahlreichen Obrigkeiten des lau- §. 218. Judicia, arbitria, Stricti juris, bonae fidei actiones. periodiſch Liſten beſonders ausgewählter Richter verfer-tigt und öffentlich aufgeſtellt (das album). Dabey waren öftere Veränderungen wahrzunehmen theils in der Anzahl, theils in den Bürgerklaſſen, worans die Richter ausſchlie- ßend genommen werden mußten (e). Die Perſon des Ur- theilers ſtand nun mit jener Verſchiedenheit der Klagen in der Verbindung, daß das judicium nur vor einem aus dem album genommenen Judex möglich war, anſtatt daß über ein arbitrium zu urtheilen Jeder berufen werden konnte, ohne Unterſchied ob er im album ſtand oder nicht (f). Über (4. 6.). „Omnium actionum, quibus inter aliquos apud ju- dices arbitrosve de quacumque re quaeritur” etc. (e) Vgl. Zimmern Rechtsge- ſchichte B. 3 § 10. (f) Cicero pro Cluentio C. 43
ſagt, alle Judices erhielten ihre Gewalt nur durch die freye Ein- ſtimmung der Parteyen; mit der Allgemeinheit dieſes Satzes ſind aber doch Verſchiedenheiten in der Art und dem Grad dieſer mitwir- kenden Einſtimmung wohl verein- bar. Wenn in dem judicium der Prätor oder das Loos eine Anzahl Namen aus dem album aus- wählte, und nun jede Partey eine beſtimmte Quote derſelben verwer- fen konnte, ſo lag ſchon darin eine gewiſſe Einſtimmung in die Übrig- bleibenden, aus welchen dann viel- leicht Einer durch das Gutdünken des Prätors zum Judex ernannt wurde; dagegen kam vielleicht bey dem arbitrium eine poſitive und individuelle Übereinkunft vor, wor- auf zu deuten ſcheint L. 57 de re jud. (42. 1) Valer. Max. II. 8. 2. — Wahrſcheinlich ernannte der Kläger den arbiter, welchen dann der Beklagte verwerfen konnte. Valer. Max. VIII. 1. 2. „Cal- purnius .. Catonem .. arbitrum Claudio addixit.” Doch heißt es in derſelben Geſchichte bey Ci- cero de off. III. 16 adegit, und eben ſo pro Roscio 9. Dagegen ſagt auch Cicero de or. II. 65. 70 judicem alicui ferre. — Ganz irrig würde es ſeyn, ſich die Sache ſo vorzuſtellen, als wären die im album verzeichneten Richter gerade die Beſſeren, Zu- verläſſigeren geweſen, ſo daß man ſich bey den arbitriis mit Gerin- geren begnügt hätte. Je nach dem Übergewicht der politiſchen Par- teyen wurden öfter gerade die Vor- nehmſten vom album ausgeſchloſ- ſen; ferner wurden ohne Zweifel die zahlreichen Obrigkeiten des lau- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0117" n="103"/><fw place="top" type="header">§. 218. <hi rendition="#aq">Judicia, arbitria, Stricti juris, bonae fidei actiones.</hi></fw><lb/> periodiſch Liſten beſonders ausgewählter Richter verfer-<lb/> tigt und öffentlich aufgeſtellt (das <hi rendition="#aq">album</hi>). 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§. 218. Judicia, arbitria, Stricti juris, bonae fidei actiones.
periodiſch Liſten beſonders ausgewählter Richter verfer-
tigt und öffentlich aufgeſtellt (das album). Dabey waren
öftere Veränderungen wahrzunehmen theils in der Anzahl,
theils in den Bürgerklaſſen, worans die Richter ausſchlie-
ßend genommen werden mußten (e). Die Perſon des Ur-
theilers ſtand nun mit jener Verſchiedenheit der Klagen
in der Verbindung, daß das judicium nur vor einem aus
dem album genommenen Judex möglich war, anſtatt daß
über ein arbitrium zu urtheilen Jeder berufen werden konnte,
ohne Unterſchied ob er im album ſtand oder nicht (f). Über
(d)
(e) Vgl. Zimmern Rechtsge-
ſchichte B. 3 § 10.
(f) Cicero pro Cluentio C. 43
ſagt, alle Judices erhielten ihre
Gewalt nur durch die freye Ein-
ſtimmung der Parteyen; mit der
Allgemeinheit dieſes Satzes ſind
aber doch Verſchiedenheiten in der
Art und dem Grad dieſer mitwir-
kenden Einſtimmung wohl verein-
bar. Wenn in dem judicium der
Prätor oder das Loos eine Anzahl
Namen aus dem album aus-
wählte, und nun jede Partey eine
beſtimmte Quote derſelben verwer-
fen konnte, ſo lag ſchon darin eine
gewiſſe Einſtimmung in die Übrig-
bleibenden, aus welchen dann viel-
leicht Einer durch das Gutdünken
des Prätors zum Judex ernannt
wurde; dagegen kam vielleicht bey
dem arbitrium eine poſitive und
individuelle Übereinkunft vor, wor-
auf zu deuten ſcheint L. 57 de re
jud. (42. 1) Valer. Max. II.
8. 2. — Wahrſcheinlich ernannte
der Kläger den arbiter, welchen
dann der Beklagte verwerfen konnte.
Valer. Max. VIII. 1. 2. „Cal-
purnius .. Catonem .. arbitrum
Claudio addixit.” Doch heißt
es in derſelben Geſchichte bey Ci-
cero de off. III. 16 adegit, und
eben ſo pro Roscio 9. Dagegen
ſagt auch Cicero de or. II. 65.
70 judicem alicui ferre. —
Ganz irrig würde es ſeyn, ſich
die Sache ſo vorzuſtellen, als
wären die im album verzeichneten
Richter gerade die Beſſeren, Zu-
verläſſigeren geweſen, ſo daß man
ſich bey den arbitriis mit Gerin-
geren begnügt hätte. Je nach dem
Übergewicht der politiſchen Par-
teyen wurden öfter gerade die Vor-
nehmſten vom album ausgeſchloſ-
ſen; ferner wurden ohne Zweifel
die zahlreichen Obrigkeiten des lau-
(d) (4. 6.). „Omnium actionum,
quibus inter aliquos apud ju-
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