Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.§. 197. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Römisches Recht. (Forts.) altius tollendi (h), bey Wasserleitungen (i), und bey We-gen (k); auf die an sich sehr vergänglichen persönlichen Servituten ist ihre Anwendung weniger häufig und wich- tig, wir haben aber keinen Grund zu bezweifeln, daß das Princip auch bey diesen stets anerkannt war (l). Hier nun ist der Sitz der ganzen Schwierigkeit, die bis (h) L. 2 C. de serv. (3. 34). Der Kläger verlangt hier, daß nicht gebaut werde, und der Be- klagte (is qui pulsatur) erscheint als der, welcher wohl die Ser- vitut durch Zeit erworben haben könnte; also ist von der servitus altius tollendi die Rede, nicht von altius non tollendi. (i) L. 10 pr. si serv. (8. 5), L. 2 C. de serv. (3. 34). (k) L. 5 § 3 de itin. (43. 19). (l) Die Sache wird hier nur beyläufig erwähnt, und nur in einer Verordnung von Justinian, welches sich aus dem im Text erwähnten Umstand erklärt. L. 12 in f. C. de praescr. longi temp. (7. 33) "Eodem observando, et si res non soli sint, sed incor- porales, quae in jure consis- tunt, veluti ususfructus, et ce- terae servitutes." (m) Man könnte sagen, es sey
kein Widerspruch vorhanden, denn wer unvordenkliche Zeit als Grund des Erwerbs bezeichne, läugne damit noch nicht die Zulänglich- keit von 10 Jahren (Braun zu Thibaut S. 895). Allein wer schon diese für zulänglich hält, würde sich auf unverantwortliche Weise schlecht ausdrücken, wenn er den Erwerb als Folge des un- vordenklichen Besitzes bezeichnen wollte; hier also, wenn irgend- wo, ist gewiß das Argument a contrario an seiner Stelle. §. 197. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Römiſches Recht. (Fortſ.) altius tollendi (h), bey Waſſerleitungen (i), und bey We-gen (k); auf die an ſich ſehr vergänglichen perſönlichen Servituten iſt ihre Anwendung weniger häufig und wich- tig, wir haben aber keinen Grund zu bezweifeln, daß das Princip auch bey dieſen ſtets anerkannt war (l). Hier nun iſt der Sitz der ganzen Schwierigkeit, die bis (h) L. 2 C. de serv. (3. 34). Der Kläger verlangt hier, daß nicht gebaut werde, und der Be- klagte (is qui pulsatur) erſcheint als der, welcher wohl die Ser- vitut durch Zeit erworben haben könnte; alſo iſt von der servitus altius tollendi die Rede, nicht von altius non tollendi. (i) L. 10 pr. si serv. (8. 5), L. 2 C. de serv. (3. 34). (k) L. 5 § 3 de itin. (43. 19). (l) Die Sache wird hier nur beyläufig erwähnt, und nur in einer Verordnung von Juſtinian, welches ſich aus dem im Text erwähnten Umſtand erklärt. L. 12 in f. C. de praescr. longi temp. (7. 33) „Eodem observando, et si res non soli sint, sed incor- porales, quae in jure consis- tunt, veluti ususfructus, et ce- terae servitutes.” (m) Man könnte ſagen, es ſey
kein Widerſpruch vorhanden, denn wer unvordenkliche Zeit als Grund des Erwerbs bezeichne, läugne damit noch nicht die Zulänglich- keit von 10 Jahren (Braun zu Thibaut S. 895). Allein wer ſchon dieſe für zulänglich hält, würde ſich auf unverantwortliche Weiſe ſchlecht ausdrücken, wenn er den Erwerb als Folge des un- vordenklichen Beſitzes bezeichnen wollte; hier alſo, wenn irgend- wo, iſt gewiß das Argument a contrario an ſeiner Stelle. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0509" n="495"/><fw place="top" type="header">§. 197. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Römiſches Recht. (Fortſ.)</fw><lb/><hi rendition="#aq">altius tollendi</hi><note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">C. de serv.</hi></hi> (3. 34).<lb/> Der Kläger verlangt hier, daß<lb/> nicht gebaut werde, und der Be-<lb/> klagte (<hi rendition="#aq">is qui pulsatur</hi>) erſcheint<lb/> als der, welcher wohl die Ser-<lb/> vitut durch Zeit erworben haben<lb/> könnte; alſo iſt von der <hi rendition="#aq">servitus<lb/> altius tollendi</hi> die Rede, nicht<lb/> von <hi rendition="#aq">altius <hi rendition="#i">non</hi> tollendi.</hi></note>, bey Waſſerleitungen <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 10 <hi rendition="#i">pr. si serv.</hi></hi> (8. 5),<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">C. de serv.</hi></hi> (3. 34).</note>, und bey We-<lb/> gen <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 5 § 3 <hi rendition="#i">de itin.</hi></hi> (43. 19).</note>; auf die an ſich ſehr vergänglichen perſönlichen<lb/> Servituten iſt ihre Anwendung weniger häufig und wich-<lb/> tig, wir haben aber keinen Grund zu bezweifeln, daß das<lb/> Princip auch bey dieſen ſtets anerkannt war <note place="foot" n="(l)">Die Sache wird hier nur<lb/> beyläufig erwähnt, und nur in<lb/> einer Verordnung von Juſtinian,<lb/> welches ſich aus dem im Text<lb/> erwähnten Umſtand erklärt. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 12<lb/><hi rendition="#i">in f. C. de praescr. longi temp.</hi><lb/> (7. 33) „Eodem observando, et<lb/> si res non soli sint, sed incor-<lb/> porales, quae in jure consis-<lb/> tunt, <hi rendition="#i">veluti ususfructus, et ce-<lb/> terae servitutes.</hi>”</hi></note>.</p><lb/> <p>Hier nun iſt der Sitz der ganzen Schwierigkeit, die bis<lb/> auf unſere Zeit eine ſo große praktiſche Wichtigkeit behauptet<lb/> hat. Nach den im Anfang dieſes § mitgetheilten Stellen<lb/> ſcheint der Erwerb einer Waſſerleitung an die unvordenkliche<lb/> Zeit geknüpft; nach den oben erwähnten Stellen werden<lb/> Servituten (darunter auch ſelbſt die der Waſſerleitung),<lb/> ſchon in 10 oder 20 Jahren, alſo in ungleich kürzerer Zeit,<lb/> erworben. Die Löſung dieſes ſcheinbaren Widerſpruchs <note place="foot" n="(m)">Man könnte ſagen, es ſey<lb/> kein Widerſpruch vorhanden, denn<lb/> wer unvordenkliche Zeit als Grund<lb/> des Erwerbs bezeichne, läugne<lb/> damit noch nicht die Zulänglich-<lb/> keit von 10 Jahren (<hi rendition="#g">Braun</hi> zu<lb/> Thibaut S. 895). Allein wer<lb/> ſchon dieſe für zulänglich hält,<lb/> würde ſich auf unverantwortliche<lb/> Weiſe ſchlecht ausdrücken, wenn<lb/> er den Erwerb als Folge des un-<lb/> vordenklichen Beſitzes bezeichnen<lb/> wollte; hier alſo, wenn irgend-<lb/> wo, iſt gewiß das Argument <hi rendition="#aq">a<lb/> contrario</hi> an ſeiner Stelle.</note>,<lb/> die ſchon ſeit Jahrhunderten unſre Juriſten beſchäftigt hat,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [495/0509]
§. 197. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Römiſches Recht. (Fortſ.)
altius tollendi (h), bey Waſſerleitungen (i), und bey We-
gen (k); auf die an ſich ſehr vergänglichen perſönlichen
Servituten iſt ihre Anwendung weniger häufig und wich-
tig, wir haben aber keinen Grund zu bezweifeln, daß das
Princip auch bey dieſen ſtets anerkannt war (l).
Hier nun iſt der Sitz der ganzen Schwierigkeit, die bis
auf unſere Zeit eine ſo große praktiſche Wichtigkeit behauptet
hat. Nach den im Anfang dieſes § mitgetheilten Stellen
ſcheint der Erwerb einer Waſſerleitung an die unvordenkliche
Zeit geknüpft; nach den oben erwähnten Stellen werden
Servituten (darunter auch ſelbſt die der Waſſerleitung),
ſchon in 10 oder 20 Jahren, alſo in ungleich kürzerer Zeit,
erworben. Die Löſung dieſes ſcheinbaren Widerſpruchs (m),
die ſchon ſeit Jahrhunderten unſre Juriſten beſchäftigt hat,
(h) L. 2 C. de serv. (3. 34).
Der Kläger verlangt hier, daß
nicht gebaut werde, und der Be-
klagte (is qui pulsatur) erſcheint
als der, welcher wohl die Ser-
vitut durch Zeit erworben haben
könnte; alſo iſt von der servitus
altius tollendi die Rede, nicht
von altius non tollendi.
(i) L. 10 pr. si serv. (8. 5),
L. 2 C. de serv. (3. 34).
(k) L. 5 § 3 de itin. (43. 19).
(l) Die Sache wird hier nur
beyläufig erwähnt, und nur in
einer Verordnung von Juſtinian,
welches ſich aus dem im Text
erwähnten Umſtand erklärt. L. 12
in f. C. de praescr. longi temp.
(7. 33) „Eodem observando, et
si res non soli sint, sed incor-
porales, quae in jure consis-
tunt, veluti ususfructus, et ce-
terae servitutes.”
(m) Man könnte ſagen, es ſey
kein Widerſpruch vorhanden, denn
wer unvordenkliche Zeit als Grund
des Erwerbs bezeichne, läugne
damit noch nicht die Zulänglich-
keit von 10 Jahren (Braun zu
Thibaut S. 895). Allein wer
ſchon dieſe für zulänglich hält,
würde ſich auf unverantwortliche
Weiſe ſchlecht ausdrücken, wenn
er den Erwerb als Folge des un-
vordenklichen Beſitzes bezeichnen
wollte; hier alſo, wenn irgend-
wo, iſt gewiß das Argument a
contrario an ſeiner Stelle.
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