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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
soll nunmehr versucht werden; zuvor aber ist in kurzer
Übersicht zu zeigen, daß die bisher angestellten Versuche
größtentheils ungenügend geblieben sind.

Ich will zuerst solche Versuche erwähnen, wodurch die
unvordenkliche Zeit bey den Servituten als praktisches
Moment ganz ausscheiden würde. So sagt Cujacius (n),
durch longum tempus werde nur erst eine utilis actio er-
worben, durch unvordenkliche Zeit auch eine directa; wel-
cher Unterschied praktisch ganz unerheblich seyn würde.
Er ist aber auch in der Theorie nicht haltbar; allerdings
kommt anderwärts ein Unterschied vor zwischen servitus
ure (civili) constitua,
und per tuitionem praetoris (o):
aber gerade Bezeichnungen dieser letzten Art werden bey
der unvordenklichen Zeit gebraucht (p), auch ist es kaum
denkbar, daß etwas so Unbestimmtes, wie die vetustas, ein
strenges Recht nach jus civile, etwa der Usucapion gleich,
gegeben haben sollte. -- Unterholzner erklärt den aquae
ductus
der beiden oben mitgetheilten Stellen von Abzugs-
gräben, bezieht also die Stellen selbst nicht auf die Ser-
vitut der Wasserleitung, sondern auf die actio aquae plu-
viae,
wobey ohnehin die Einwirkung der vetustas ganz
unzweifelhaft ist (q). Allein in den sehr vielen Stellen,
worin aquae ductus und aquam ducere vorkommt, wird

(n) Cujacius observ. XVIII.
28. Ihm folgt Schelling S. 16.
(o) L. 1 pr. quib. mod. usus-
fr.
(7. 4), L. 1 § 2 de S. P.
R.
(8. 3), L. 2 comm. praed.
(8. 4), L. 11 § 1 de public. (6.
2),
und ähnlich in mehreren an-
deren Stellen.
(p) Nämlich in den beiden, am
Anfang dieses §, im Text abge-
druckten Stellen.
(q) Unterholzner § 142.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
ſoll nunmehr verſucht werden; zuvor aber iſt in kurzer
Überſicht zu zeigen, daß die bisher angeſtellten Verſuche
größtentheils ungenügend geblieben ſind.

Ich will zuerſt ſolche Verſuche erwähnen, wodurch die
unvordenkliche Zeit bey den Servituten als praktiſches
Moment ganz ausſcheiden würde. So ſagt Cujacius (n),
durch longum tempus werde nur erſt eine utilis actio er-
worben, durch unvordenkliche Zeit auch eine directa; wel-
cher Unterſchied praktiſch ganz unerheblich ſeyn würde.
Er iſt aber auch in der Theorie nicht haltbar; allerdings
kommt anderwärts ein Unterſchied vor zwiſchen servitus
ure (civili) constitua,
und per tuitionem praetoris (o):
aber gerade Bezeichnungen dieſer letzten Art werden bey
der unvordenklichen Zeit gebraucht (p), auch iſt es kaum
denkbar, daß etwas ſo Unbeſtimmtes, wie die vetustas, ein
ſtrenges Recht nach jus civile, etwa der Uſucapion gleich,
gegeben haben ſollte. — Unterholzner erklärt den aquae
ductus
der beiden oben mitgetheilten Stellen von Abzugs-
gräben, bezieht alſo die Stellen ſelbſt nicht auf die Ser-
vitut der Waſſerleitung, ſondern auf die actio aquae plu-
viae,
wobey ohnehin die Einwirkung der vetustas ganz
unzweifelhaft iſt (q). Allein in den ſehr vielen Stellen,
worin aquae ductus und aquam ducere vorkommt, wird

(n) Cujacius observ. XVIII.
28. Ihm folgt Schelling S. 16.
(o) L. 1 pr. quib. mod. usus-
fr.
(7. 4), L. 1 § 2 de S. P.
R.
(8. 3), L. 2 comm. praed.
(8. 4), L. 11 § 1 de public. (6.
2),
und ähnlich in mehreren an-
deren Stellen.
(p) Nämlich in den beiden, am
Anfang dieſes §, im Text abge-
druckten Stellen.
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[496/0510] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. ſoll nunmehr verſucht werden; zuvor aber iſt in kurzer Überſicht zu zeigen, daß die bisher angeſtellten Verſuche größtentheils ungenügend geblieben ſind. Ich will zuerſt ſolche Verſuche erwähnen, wodurch die unvordenkliche Zeit bey den Servituten als praktiſches Moment ganz ausſcheiden würde. So ſagt Cujacius (n), durch longum tempus werde nur erſt eine utilis actio er- worben, durch unvordenkliche Zeit auch eine directa; wel- cher Unterſchied praktiſch ganz unerheblich ſeyn würde. Er iſt aber auch in der Theorie nicht haltbar; allerdings kommt anderwärts ein Unterſchied vor zwiſchen servitus ure (civili) constitua, und per tuitionem praetoris (o): aber gerade Bezeichnungen dieſer letzten Art werden bey der unvordenklichen Zeit gebraucht (p), auch iſt es kaum denkbar, daß etwas ſo Unbeſtimmtes, wie die vetustas, ein ſtrenges Recht nach jus civile, etwa der Uſucapion gleich, gegeben haben ſollte. — Unterholzner erklärt den aquae ductus der beiden oben mitgetheilten Stellen von Abzugs- gräben, bezieht alſo die Stellen ſelbſt nicht auf die Ser- vitut der Waſſerleitung, ſondern auf die actio aquae plu- viae, wobey ohnehin die Einwirkung der vetustas ganz unzweifelhaft iſt (q). Allein in den ſehr vielen Stellen, worin aquae ductus und aquam ducere vorkommt, wird (n) Cujacius observ. XVIII. 28. Ihm folgt Schelling S. 16. (o) L. 1 pr. quib. mod. usus- fr. (7. 4), L. 1 § 2 de S. P. R. (8. 3), L. 2 comm. praed. (8. 4), L. 11 § 1 de public. (6. 2), und ähnlich in mehreren an- deren Stellen. (p) Nämlich in den beiden, am Anfang dieſes §, im Text abge- druckten Stellen. (q) Unterholzner § 142.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/510>, abgerufen am 04.06.2024.