Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. angesehen und geschützt, als wenn er das Recht derselbenwirklich erworben hätte (e); er bekommt nicht blos eine temporalis praescriptio gegen die Klage des Eigenthü- mers, sondern selbst eine Klage (f). Anstatt des positiven Rechtstitels, der zur Usucapion und zur longi temporis praescriptio nöthig ist, wird hier nur gleichsam ein nega- tiver Titel gefordert; der Besitz soll weder mit Gewalt, noch heimlich, noch bittweise angefangen haben (g). Diese Ersitzung sollte gewiß bey allen Arten der Prädialservitu- ten gelten, und wir finden sie namentlich anerkannt bey in servitutibus ... qui diu usus est servitute .. habuisse longa consuetudine." -- Die Überein- stimmung dieser Stellen hebt je- den Zweifel, der etwa noch bey den Ausdrücken einer einzelnen übrig bleiben könnte. -- Ein Be- denken könnte man finden in L. 10 § 1 de usurp. (41. 3) "Hoc jure utimur, ut servitu- tes per se nusquam longo tem- pore capi possint." Allein es ist dieses hier nur die auch sonst öfter wiederkehrende und über- flüssige Interpolation: longo tem- pore capi für: usucapi, über- all wo von Immobilien die Re- de ist. (e) L. 1 C. de serv. (3. 34) "vicem servitutis obtinere. -- L. 1 § 23 de aqua pluv. (39. 3) "habuisse longa consuetudine velut jure impositam servitu- tem videatur." (f) L. 10 pr. si serv. (8. 5) "sed utilem habet actionem." (g) L. 10 pr. si serv. (8. 5)
"non vi non clam non preca- rio." Eben so in L. 1 C. de serv. (3. 34) "nec vi nec clam nec precario," L. 1 § 23 de aqua pluv. (39. 3) "neque vi neque precario neque clam." -- Dieselbe Bedeutung hat L. 2 C. si serv. (3. 34) "Si aquam per possessionem Mar- tialis eo sciente duxisti" etc., das heißt: Wenn du die Wasser- leitung, (so wie du anführst) mit Wissen des Martialis benutzt hast." Das eo sciente war aus den von dem Anfragenden vor- getragenen Thatsachen entnom- men, und wurde hier als Bedin- gung wiederholt, weil, wenn es wahr war, daraus von selbst die (eigentlich nothwendige) Abwe- senheit des vi, clam, precario hervorgieng. Mit Unrecht ha- ben daraus Manche die scientia schlechthin zu einer Bedingung der Servitutenersitzung machen wollen. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. angeſehen und geſchützt, als wenn er das Recht derſelbenwirklich erworben hätte (e); er bekommt nicht blos eine temporalis praescriptio gegen die Klage des Eigenthü- mers, ſondern ſelbſt eine Klage (f). Anſtatt des poſitiven Rechtstitels, der zur Uſucapion und zur longi temporis praescriptio nöthig iſt, wird hier nur gleichſam ein nega- tiver Titel gefordert; der Beſitz ſoll weder mit Gewalt, noch heimlich, noch bittweiſe angefangen haben (g). Dieſe Erſitzung ſollte gewiß bey allen Arten der Prädialſervitu- ten gelten, und wir finden ſie namentlich anerkannt bey in servitutibus … qui diu usus est servitute .. habuisse longa consuetudine.” — Die Überein- ſtimmung dieſer Stellen hebt je- den Zweifel, der etwa noch bey den Ausdrücken einer einzelnen übrig bleiben könnte. — Ein Be- denken könnte man finden in L. 10 § 1 de usurp. (41. 3) „Hoc jure utimur, ut servitu- tes per se nusquam longo tem- pore capi possint.” Allein es iſt dieſes hier nur die auch ſonſt öfter wiederkehrende und über- flüſſige Interpolation: longo tem- pore capi für: usucapi, über- all wo von Immobilien die Re- de iſt. (e) L. 1 C. de serv. (3. 34) „vicem servitutis obtinere. — L. 1 § 23 de aqua pluv. (39. 3) „habuisse longa consuetudine velut jure impositam servitu- tem videatur.” (f) L. 10 pr. si serv. (8. 5) „sed utilem habet actionem.” (g) L. 10 pr. si serv. (8. 5)
„non vi non clam non preca- rio.” Eben ſo in L. 1 C. de serv. (3. 34) „nec vi nec clam nec precario,” L. 1 § 23 de aqua pluv. (39. 3) „neque vi neque precario neque clam.” — Dieſelbe Bedeutung hat L. 2 C. si serv. (3. 34) „Si aquam per possessionem Mar- tialis eo sciente duxisti” etc., das heißt: Wenn du die Waſſer- leitung, (ſo wie du anführſt) mit Wiſſen des Martialis benutzt haſt.“ Das eo sciente war aus den von dem Anfragenden vor- getragenen Thatſachen entnom- men, und wurde hier als Bedin- gung wiederholt, weil, wenn es wahr war, daraus von ſelbſt die (eigentlich nothwendige) Abwe- ſenheit des vi, clam, precario hervorgieng. Mit Unrecht ha- ben daraus Manche die scientia ſchlechthin zu einer Bedingung der Servitutenerſitzung machen wollen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0508" n="494"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> angeſehen und geſchützt, als wenn er das Recht derſelben<lb/> wirklich erworben hätte <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 <hi rendition="#i">C. de serv.</hi> (3. 34)<lb/><hi rendition="#i">„vicem servitutis</hi> obtinere. —<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 23 <hi rendition="#i">de aqua pluv.</hi> (39. 3)<lb/> „habuisse longa consuetudine<lb/><hi rendition="#i">velut</hi> jure impositam servitu-<lb/> tem videatur.”</hi></note>; er bekommt nicht blos eine<lb/><hi rendition="#aq">temporalis praescriptio</hi> gegen die Klage des Eigenthü-<lb/> mers, ſondern ſelbſt eine Klage <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 10 <hi rendition="#i">pr. si serv.</hi> (8. 5)<lb/> „sed utilem habet actionem.”</hi></note>. Anſtatt des poſitiven<lb/> Rechtstitels, der zur Uſucapion und zur <hi rendition="#aq">longi temporis<lb/> praescriptio</hi> nöthig iſt, wird hier nur gleichſam ein nega-<lb/> tiver Titel gefordert; der Beſitz ſoll weder mit Gewalt,<lb/> noch heimlich, noch bittweiſe angefangen haben <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 10 <hi rendition="#i">pr. si serv.</hi> (8. 5)<lb/> „non vi non clam non preca-<lb/> rio.”</hi> Eben ſo in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 <hi rendition="#i">C. de serv.</hi><lb/> (3. 34) „nec vi nec clam<lb/> nec precario,” <hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 23 <hi rendition="#i">de<lb/> aqua pluv.</hi> (39. 3) „neque<lb/> vi neque precario neque<lb/> clam.”</hi> — Dieſelbe Bedeutung<lb/> hat <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">C. si serv.</hi> (3. 34) „Si<lb/> aquam per possessionem Mar-<lb/> tialis <hi rendition="#i">eo sciente</hi> duxisti” etc.,</hi><lb/> das heißt: Wenn du die Waſſer-<lb/> leitung, (ſo wie du anführſt) <hi rendition="#g">mit<lb/> Wiſſen</hi> des <hi rendition="#aq">Martialis</hi> benutzt<lb/> haſt.“ Das <hi rendition="#aq">eo sciente</hi> war aus<lb/> den von dem Anfragenden vor-<lb/> getragenen Thatſachen entnom-<lb/> men, und wurde hier als Bedin-<lb/> gung wiederholt, weil, wenn es<lb/> wahr war, daraus von ſelbſt die<lb/> (eigentlich nothwendige) Abwe-<lb/> ſenheit des <hi rendition="#aq">vi, clam, precario</hi><lb/> hervorgieng. Mit Unrecht ha-<lb/> ben daraus Manche die <hi rendition="#aq">scientia</hi><lb/> ſchlechthin zu einer Bedingung der<lb/> Servitutenerſitzung machen wollen.</note>. Dieſe<lb/> Erſitzung ſollte gewiß bey allen Arten der Prädialſervitu-<lb/> ten gelten, und wir finden ſie namentlich anerkannt bey<lb/><note xml:id="seg2pn_91_2" prev="#seg2pn_91_1" place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">in servitutibus … qui <hi rendition="#i">diu</hi> usus<lb/> est servitute .. habuisse <hi rendition="#i">longa</hi><lb/> consuetudine.”</hi> — Die Überein-<lb/> ſtimmung dieſer Stellen hebt je-<lb/> den Zweifel, der etwa noch bey<lb/> den Ausdrücken einer einzelnen<lb/> übrig bleiben könnte. — Ein Be-<lb/> denken könnte man finden in<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 10 § 1 <hi rendition="#i">de usurp.</hi> (41. 3)<lb/> „Hoc jure utimur, ut servitu-<lb/> tes per se <hi rendition="#i">nusquam longo tem-<lb/> pore capi</hi> possint.”</hi> Allein es<lb/> iſt dieſes hier nur die auch ſonſt<lb/> öfter wiederkehrende und über-<lb/> flüſſige Interpolation: <hi rendition="#aq">longo tem-<lb/> pore capi</hi> für: <hi rendition="#aq">usucapi,</hi> über-<lb/> all wo von Immobilien die Re-<lb/> de iſt.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [494/0508]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
angeſehen und geſchützt, als wenn er das Recht derſelben
wirklich erworben hätte (e); er bekommt nicht blos eine
temporalis praescriptio gegen die Klage des Eigenthü-
mers, ſondern ſelbſt eine Klage (f). Anſtatt des poſitiven
Rechtstitels, der zur Uſucapion und zur longi temporis
praescriptio nöthig iſt, wird hier nur gleichſam ein nega-
tiver Titel gefordert; der Beſitz ſoll weder mit Gewalt,
noch heimlich, noch bittweiſe angefangen haben (g). Dieſe
Erſitzung ſollte gewiß bey allen Arten der Prädialſervitu-
ten gelten, und wir finden ſie namentlich anerkannt bey
(d)
(e) L. 1 C. de serv. (3. 34)
„vicem servitutis obtinere. —
L. 1 § 23 de aqua pluv. (39. 3)
„habuisse longa consuetudine
velut jure impositam servitu-
tem videatur.”
(f) L. 10 pr. si serv. (8. 5)
„sed utilem habet actionem.”
(g) L. 10 pr. si serv. (8. 5)
„non vi non clam non preca-
rio.” Eben ſo in L. 1 C. de serv.
(3. 34) „nec vi nec clam
nec precario,” L. 1 § 23 de
aqua pluv. (39. 3) „neque
vi neque precario neque
clam.” — Dieſelbe Bedeutung
hat L. 2 C. si serv. (3. 34) „Si
aquam per possessionem Mar-
tialis eo sciente duxisti” etc.,
das heißt: Wenn du die Waſſer-
leitung, (ſo wie du anführſt) mit
Wiſſen des Martialis benutzt
haſt.“ Das eo sciente war aus
den von dem Anfragenden vor-
getragenen Thatſachen entnom-
men, und wurde hier als Bedin-
gung wiederholt, weil, wenn es
wahr war, daraus von ſelbſt die
(eigentlich nothwendige) Abwe-
ſenheit des vi, clam, precario
hervorgieng. Mit Unrecht ha-
ben daraus Manche die scientia
ſchlechthin zu einer Bedingung der
Servitutenerſitzung machen wollen.
(d) in servitutibus … qui diu usus
est servitute .. habuisse longa
consuetudine.” — Die Überein-
ſtimmung dieſer Stellen hebt je-
den Zweifel, der etwa noch bey
den Ausdrücken einer einzelnen
übrig bleiben könnte. — Ein Be-
denken könnte man finden in
L. 10 § 1 de usurp. (41. 3)
„Hoc jure utimur, ut servitu-
tes per se nusquam longo tem-
pore capi possint.” Allein es
iſt dieſes hier nur die auch ſonſt
öfter wiederkehrende und über-
flüſſige Interpolation: longo tem-
pore capi für: usucapi, über-
all wo von Immobilien die Re-
de iſt.
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