angewendeten Kunstausdrücke, an welchen bisher fast gar kein Anstoß genommen worden ist. Wir haben überhaupt nur folgende Stellen, die zur Bildung einer quellenmäßi- gen Terminologie benutzt werden können:
L. 3 § 3 de minor. (4. 4.). "Minorem .. videndum an .. dicimus ante horam qua natus est ... ita erit dicendum, ut a momento in momentum tempus spectetur." L. 6 de usurp. (41. 3.). "In usucapionibus non a mo- mento ad momentum, sed totum postremum diem computamus." L. 134 de V. S. (50. 16.) quia annum civiliter, non ad momenta temporum, sed ad dies numeramus."
Die einzige bestimmte und ziemlich gleichförmige Ter- minologie in diesen Stellen ist die a momento in (ad) mo- mentum tempus spectare (computare), oder ad momenta temporum annum numerare, welche Rechnungsart in dem Fall der ersten Stelle gebilligt, in den zwey folgenden Fällen verworfen wird. Die Bedeutung dieses Kunstaus- drucks kann nicht bezweifelt werden: es ist die Zeitrech- nung mit Beachtung der kleinsten Zeittheile, so daß (wie die erste Stelle ausdrücklich sagt) auf die einzelne Stunde im Tag gesehen wird; also das was ich das Zusammen- fallen des juristischen Endpunktes mit dem mathematischen genannt habe. Der Gegensatz davon heißt totum postre- mum diem computare, oder ad dies annum numerare, also die kleineren Zeittheile unbeachtet lassen, und nur
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§. 182. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung.
angewendeten Kunſtausdrücke, an welchen bisher faſt gar kein Anſtoß genommen worden iſt. Wir haben überhaupt nur folgende Stellen, die zur Bildung einer quellenmäßi- gen Terminologie benutzt werden können:
L. 3 § 3 de minor. (4. 4.). „Minorem .. videndum an .. dicimus ante horam qua natus est … ita erit dicendum, ut a momento in momentum tempus spectetur.” L. 6 de usurp. (41. 3.). „In usucapionibus non a mo- mento ad momentum, sed totum postremum diem computamus.” L. 134 de V. S. (50. 16.) quia annum civiliter, non ad momenta temporum, sed ad dies numeramus.”
Die einzige beſtimmte und ziemlich gleichförmige Ter- minologie in dieſen Stellen iſt die a momento in (ad) mo- mentum tempus spectare (computare), oder ad momenta temporum annum numerare, welche Rechnungsart in dem Fall der erſten Stelle gebilligt, in den zwey folgenden Fällen verworfen wird. Die Bedeutung dieſes Kunſtaus- drucks kann nicht bezweifelt werden: es iſt die Zeitrech- nung mit Beachtung der kleinſten Zeittheile, ſo daß (wie die erſte Stelle ausdrücklich ſagt) auf die einzelne Stunde im Tag geſehen wird; alſo das was ich das Zuſammen- fallen des juriſtiſchen Endpunktes mit dem mathematiſchen genannt habe. Der Gegenſatz davon heißt totum postre- mum diem computare, oder ad dies annum numerare, alſo die kleineren Zeittheile unbeachtet laſſen, und nur
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§. 182. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung.
angewendeten Kunſtausdrücke, an welchen bisher faſt gar
kein Anſtoß genommen worden iſt. Wir haben überhaupt
nur folgende Stellen, die zur Bildung einer quellenmäßi-
gen Terminologie benutzt werden können:
L. 3 § 3 de minor. (4. 4.). „Minorem .. videndum
an .. dicimus ante horam qua natus est … ita erit
dicendum, ut a momento in momentum tempus
spectetur.”
L. 6 de usurp. (41. 3.). „In usucapionibus non a mo-
mento ad momentum, sed totum postremum diem
computamus.”
L. 134 de V. S. (50. 16.) quia annum civiliter, non
ad momenta temporum, sed ad dies numeramus.”
Die einzige beſtimmte und ziemlich gleichförmige Ter-
minologie in dieſen Stellen iſt die a momento in (ad) mo-
mentum tempus spectare (computare), oder ad momenta
temporum annum numerare, welche Rechnungsart in dem
Fall der erſten Stelle gebilligt, in den zwey folgenden
Fällen verworfen wird. Die Bedeutung dieſes Kunſtaus-
drucks kann nicht bezweifelt werden: es iſt die Zeitrech-
nung mit Beachtung der kleinſten Zeittheile, ſo daß (wie
die erſte Stelle ausdrücklich ſagt) auf die einzelne Stunde
im Tag geſehen wird; alſo das was ich das Zuſammen-
fallen des juriſtiſchen Endpunktes mit dem mathematiſchen
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mum diem computare, oder ad dies annum numerare,
alſo die kleineren Zeittheile unbeachtet laſſen, und nur
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/369>, abgerufen am 24.11.2024.
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