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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 178. Zeit. Einleitung. (Fortsetzung.)
rung; bis zu welchem Punkte aber die Verschmelzung in
der That anzunehmen ist, gehört zu den speciellen Unter-
suchungen, die nur im Zusammenhang der Lehre von der
Usucapion mit Erfolg angestellt werden können.

Der hier bekämpfte falsche Sprachgebrauch findet sich,
seiner Grundlage nach, schon bey den Glossatoren des
zwölften Jahrhunderts (k). Aus ihnen ist er in das cano-
nische Recht übergegangen, jedoch ist er auch hier nicht
weiter geführt, als um die Usucapion mit der Klagver-
jährung unter einem gemeinsamen Gattungsbegriff zu ver-
einigen. Zwar ist der Fehler dieses Sprachgebrauchs im
sechzehenten Jahrhundert auf das Gründlichste nachgewie-
sen worden (l); aber diese gesunde Kritik ist so wenig
durchgedrungen, daß vielmehr erst die späteren Schrift-
steller die Begriffe zu der oben gerügten noch gefährliche-
ren Allgemeinheit ausgebildet haben, durch deren abstracte
Gestalt sie sich täuschen ließen, sie für eine fortschreitende
wissenschaftliche Entwicklung anzusehen.

Erwägen wir mit unbefangenem Sinn diese sicheren
Thatsachen, so müssen wir uns überzeugen, daß es am

(k) Placentinus, SummaCod,
tit. de praescr. longi temporis:
"Praescriptio est exceptio ex
tempore causam trahens
"
und
nachher in demselben Titel:
"praescribitur res immobilis,
non mobilis."
Azo stellt in der
Summa zu jenem Titel dieselbe
Definition auf, wie Placentin,
doch ohne diesen zu nennen.
(l) Muretus Comm. in Inst.,
ad rubr. tit. de usuc. -- Donel-
lus
Lib. 5 C. 4 § 14. -- Cuja-
cius
paratit. Dig. XLIV. 1, pa-
ratit. Cod. VIII. 35, prooem.
opusc. de diversis temp. praescr.

Anderwärts freylich schwankt er
wieder etwas. Notae ad Inst.,
pr. J. de usucap.

§. 178. Zeit. Einleitung. (Fortſetzung.)
rung; bis zu welchem Punkte aber die Verſchmelzung in
der That anzunehmen iſt, gehört zu den ſpeciellen Unter-
ſuchungen, die nur im Zuſammenhang der Lehre von der
Uſucapion mit Erfolg angeſtellt werden können.

Der hier bekämpfte falſche Sprachgebrauch findet ſich,
ſeiner Grundlage nach, ſchon bey den Gloſſatoren des
zwölften Jahrhunderts (k). Aus ihnen iſt er in das cano-
niſche Recht übergegangen, jedoch iſt er auch hier nicht
weiter geführt, als um die Uſucapion mit der Klagver-
jährung unter einem gemeinſamen Gattungsbegriff zu ver-
einigen. Zwar iſt der Fehler dieſes Sprachgebrauchs im
ſechzehenten Jahrhundert auf das Gründlichſte nachgewie-
ſen worden (l); aber dieſe geſunde Kritik iſt ſo wenig
durchgedrungen, daß vielmehr erſt die ſpäteren Schrift-
ſteller die Begriffe zu der oben gerügten noch gefährliche-
ren Allgemeinheit ausgebildet haben, durch deren abſtracte
Geſtalt ſie ſich täuſchen ließen, ſie für eine fortſchreitende
wiſſenſchaftliche Entwicklung anzuſehen.

Erwägen wir mit unbefangenem Sinn dieſe ſicheren
Thatſachen, ſo müſſen wir uns überzeugen, daß es am

(k) Placentinus, SummaCod,
tit. de praescr. longi temporis:
„Praescriptio est exceptio ex
tempore causam trahens
und
nachher in demſelben Titel:
„praescribitur res immobilis,
non mobilis.”
Azo ſtellt in der
Summa zu jenem Titel dieſelbe
Definition auf, wie Placentin,
doch ohne dieſen zu nennen.
(l) Muretus Comm. in Inst.,
ad rubr. tit. de usuc. — Donel-
lus
Lib. 5 C. 4 § 14. — Cuja-
cius
paratit. Dig. XLIV. 1, pa-
ratit. Cod. VIII. 35, prooem.
opusc. de diversis temp. praescr.

Anderwärts freylich ſchwankt er
wieder etwas. Notae ad Inst.,
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[315/0329] §. 178. Zeit. Einleitung. (Fortſetzung.) rung; bis zu welchem Punkte aber die Verſchmelzung in der That anzunehmen iſt, gehört zu den ſpeciellen Unter- ſuchungen, die nur im Zuſammenhang der Lehre von der Uſucapion mit Erfolg angeſtellt werden können. Der hier bekämpfte falſche Sprachgebrauch findet ſich, ſeiner Grundlage nach, ſchon bey den Gloſſatoren des zwölften Jahrhunderts (k). Aus ihnen iſt er in das cano- niſche Recht übergegangen, jedoch iſt er auch hier nicht weiter geführt, als um die Uſucapion mit der Klagver- jährung unter einem gemeinſamen Gattungsbegriff zu ver- einigen. Zwar iſt der Fehler dieſes Sprachgebrauchs im ſechzehenten Jahrhundert auf das Gründlichſte nachgewie- ſen worden (l); aber dieſe geſunde Kritik iſt ſo wenig durchgedrungen, daß vielmehr erſt die ſpäteren Schrift- ſteller die Begriffe zu der oben gerügten noch gefährliche- ren Allgemeinheit ausgebildet haben, durch deren abſtracte Geſtalt ſie ſich täuſchen ließen, ſie für eine fortſchreitende wiſſenſchaftliche Entwicklung anzuſehen. Erwägen wir mit unbefangenem Sinn dieſe ſicheren Thatſachen, ſo müſſen wir uns überzeugen, daß es am (k) Placentinus, SummaCod, tit. de praescr. longi temporis: „Praescriptio est exceptio ex tempore causam trahens” und nachher in demſelben Titel: „praescribitur res immobilis, non mobilis.” Azo ſtellt in der Summa zu jenem Titel dieſelbe Definition auf, wie Placentin, doch ohne dieſen zu nennen. (l) Muretus Comm. in Inst., ad rubr. tit. de usuc. — Donel- lus Lib. 5 C. 4 § 14. — Cuja- cius paratit. Dig. XLIV. 1, pa- ratit. Cod. VIII. 35, prooem. opusc. de diversis temp. praescr. Anderwärts freylich ſchwankt er wieder etwas. Notae ad Inst., pr. J. de usucap.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/329>, abgerufen am 22.11.2024.