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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
nur vermittelst eines Zusatzes, der die besondere Beziehung
auf Zeit ausdrückt, also temporis, temporalis, triginta
annorum praescriptio
u. s. w., in welchen Fällen man
stets auch exceptio dafür setzen kann. Die Stellen des
Römischen Rechts, die man für einen anderen Sprachge-
brauch noch neuerlich geltend gemacht hat, beweisen den-
selben in der That gar nicht (h). Nur Das muß zugege-
ben werden, daß in einer Constitution von Justinian tem-
poralis exceptio
in einem so weiten Sinn gebraucht wird,
daß es auch die Usucapion in sich schließt (i). Allein theils
steht Dieses mit der Bedeutung des ohne Zusatz gebrauch-
ten Wortes praescriptio in gar keiner Verbindung, theils
kann eine solche einzelne Stelle nicht die totale Umände-
rung des gesammten Sprachgebrauchs darthun. Es ge-
hört zu der im neueren Recht stets fortschreitenden mate-
riellen Annäherung der Usucapion und der Klagverjäh-

(h) So z. B. sagt L. 2 C. ne
de statu
(7. 21.). "Si .. ante
quinque annos .. decessit, prae-
scriptioni locus erit;
"
das heißt:
dann ist eine Einrede begründet.
Allerdings ist nun diese Einrede
keine andere, als die der verjähr-
ten Klage, aber das liegt nicht
in dem Wort praescriptio, son-
dern in dem Zusammenhang mit
den vorhergehenden Worten. Eben
so verhält es sich mit L. 7 C. eod.,
L.
1 § 4 D. eod. (40. 15.), L. 1
in f. C. de bonis maternis
(6. 60.).
(i) L. 30 C. de j. dot. (5. 12.).
"Omnis autem temporalis ex-
ceptio, sive per usucapionem
inducta
, sive per X. vel XX.
annorum curricula ... sit in-
troducta"
.. Dieser ungenauere
Sprachgebrauch erklärt sich dar-
aus, daß seit Aufhebung des ordo
judiciorum
das Interesse sehr ver-
mindert war, das in der eigent-
lichen exceptio liegende beson-
dere Schutzmittel eines Beklag-
ten von jeder anderen Verthei-
digung desselben streng zu unter-
scheiden. Hieraus erklärt sich denn
auch der etwas schwankende Aus-
druck in der oben (§ 177. a) an-
geführten L. 2 C. de l. t. pr.
quae pro lib.
(7. 22.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
nur vermittelſt eines Zuſatzes, der die beſondere Beziehung
auf Zeit ausdrückt, alſo temporis, temporalis, triginta
annorum praescriptio
u. ſ. w., in welchen Fällen man
ſtets auch exceptio dafür ſetzen kann. Die Stellen des
Römiſchen Rechts, die man für einen anderen Sprachge-
brauch noch neuerlich geltend gemacht hat, beweiſen den-
ſelben in der That gar nicht (h). Nur Das muß zugege-
ben werden, daß in einer Conſtitution von Juſtinian tem-
poralis exceptio
in einem ſo weiten Sinn gebraucht wird,
daß es auch die Uſucapion in ſich ſchließt (i). Allein theils
ſteht Dieſes mit der Bedeutung des ohne Zuſatz gebrauch-
ten Wortes praescriptio in gar keiner Verbindung, theils
kann eine ſolche einzelne Stelle nicht die totale Umände-
rung des geſammten Sprachgebrauchs darthun. Es ge-
hört zu der im neueren Recht ſtets fortſchreitenden mate-
riellen Annäherung der Uſucapion und der Klagverjäh-

(h) So z. B. ſagt L. 2 C. ne
de statu
(7. 21.). „Si .. ante
quinque annos .. decessit, prae-
scriptioni locus erit;
das heißt:
dann iſt eine Einrede begründet.
Allerdings iſt nun dieſe Einrede
keine andere, als die der verjähr-
ten Klage, aber das liegt nicht
in dem Wort praescriptio, ſon-
dern in dem Zuſammenhang mit
den vorhergehenden Worten. Eben
ſo verhält es ſich mit L. 7 C. eod.,
L.
1 § 4 D. eod. (40. 15.), L. 1
in f. C. de bonis maternis
(6. 60.).
(i) L. 30 C. de j. dot. (5. 12.).
„Omnis autem temporalis ex-
ceptio, sive per usucapionem
inducta
, sive per X. vel XX.
annorum curricula … sit in-
troducta”
.. Dieſer ungenauere
Sprachgebrauch erklärt ſich dar-
aus, daß ſeit Aufhebung des ordo
judiciorum
das Intereſſe ſehr ver-
mindert war, das in der eigent-
lichen exceptio liegende beſon-
dere Schutzmittel eines Beklag-
ten von jeder anderen Verthei-
digung deſſelben ſtreng zu unter-
ſcheiden. Hieraus erklärt ſich denn
auch der etwas ſchwankende Aus-
druck in der oben (§ 177. a) an-
geführten L. 2 C. de l. t. pr.
quae pro lib.
(7. 22.).
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[314/0328] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. nur vermittelſt eines Zuſatzes, der die beſondere Beziehung auf Zeit ausdrückt, alſo temporis, temporalis, triginta annorum praescriptio u. ſ. w., in welchen Fällen man ſtets auch exceptio dafür ſetzen kann. Die Stellen des Römiſchen Rechts, die man für einen anderen Sprachge- brauch noch neuerlich geltend gemacht hat, beweiſen den- ſelben in der That gar nicht (h). Nur Das muß zugege- ben werden, daß in einer Conſtitution von Juſtinian tem- poralis exceptio in einem ſo weiten Sinn gebraucht wird, daß es auch die Uſucapion in ſich ſchließt (i). Allein theils ſteht Dieſes mit der Bedeutung des ohne Zuſatz gebrauch- ten Wortes praescriptio in gar keiner Verbindung, theils kann eine ſolche einzelne Stelle nicht die totale Umände- rung des geſammten Sprachgebrauchs darthun. Es ge- hört zu der im neueren Recht ſtets fortſchreitenden mate- riellen Annäherung der Uſucapion und der Klagverjäh- (h) So z. B. ſagt L. 2 C. ne de statu (7. 21.). „Si .. ante quinque annos .. decessit, prae- scriptioni locus erit;” das heißt: dann iſt eine Einrede begründet. Allerdings iſt nun dieſe Einrede keine andere, als die der verjähr- ten Klage, aber das liegt nicht in dem Wort praescriptio, ſon- dern in dem Zuſammenhang mit den vorhergehenden Worten. Eben ſo verhält es ſich mit L. 7 C. eod., L. 1 § 4 D. eod. (40. 15.), L. 1 in f. C. de bonis maternis (6. 60.). (i) L. 30 C. de j. dot. (5. 12.). „Omnis autem temporalis ex- ceptio, sive per usucapionem inducta, sive per X. vel XX. annorum curricula … sit in- troducta” .. Dieſer ungenauere Sprachgebrauch erklärt ſich dar- aus, daß ſeit Aufhebung des ordo judiciorum das Intereſſe ſehr ver- mindert war, das in der eigent- lichen exceptio liegende beſon- dere Schutzmittel eines Beklag- ten von jeder anderen Verthei- digung deſſelben ſtreng zu unter- ſcheiden. Hieraus erklärt ſich denn auch der etwas ſchwankende Aus- druck in der oben (§ 177. a) an- geführten L. 2 C. de l. t. pr. quae pro lib. (7. 22.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/328>, abgerufen am 22.05.2024.