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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 175. Donatio sub modo.
an einen Dritten gerichtet ist, würde dieser nach dem äl-
teren Recht keine Klage gehabt haben (Note e), er müßte
denn bey dem Vertrag selbst zugezogen worden seyn, und
den Modus für sich stipulirt haben; das neuere Recht aber
gestattet demselben eine utilis actio (o). Daß darin eine
Neuerung liegt, ist unverkennbar; es ist aber nicht un-
wichtig zu bestimmen, an welches schon bestehende Rechts-
institut diese Neuerung sich dergestalt anschließt, daß sie
als eine Fortbildung desselben angesehen werden kann.
Man hat gesagt, diese Klage sey aus einer stillschweigen-
den Cession des Gebers an den begünstigten Dritten ab-
zuleiten (p); diese Ableitung aber muß bestimmt verworfen
werden. Denn der Geber könnte nur entweder die actio
praescriptis verbis
oder die condictio cedirt haben. Das
erste ist unmöglich, weil er selbst diese Klage in dem an-
gegebenen Fall (der Leistung an einen Dritten) gar nicht
hat (Note e). Das zweyte würde dahin führen, daß der
Dritte nicht auf Erfüllung des Modus klagen, sondern
das Geschenk selbst abfordern dürfte; wäre also ein Land-

(o) L. 3 C. de don. quae sub
modo
(8. 55.). Es ist ein Re-
script von Diocletian und Maxi-
mian, welches sich nun auch als
Fragm. Vat. § 286 wiedergefun-
den hat. Die Einführung des
neuen Rechtssatzes wird darin den
divi principes zugeschrieben. Nur
scheinbare Ähnlichkeit hat damit
L. 8 C. ad exhib. (3. 42.); hier
hatte Einer die Sachen eines An-
dern in Commodat und Deposi-
tum gegeben, und dabey die Rück-
gabe an den Eigenthümer aus-
bedungen: der Eigenthümer soll
nun die utilis depositi actio ha-
ben. Dieses gründet sich auf eine
erzwingbare, also fingirte Cession;
denn der Deponent konnte als
Mandatar oder negotiorum ge-
stor
gezwungen werden, seine
depositi actio dem Eigenthümer
zu cediren.
(p) Meyerfeld I. S. 422.

§. 175. Donatio sub modo.
an einen Dritten gerichtet iſt, würde dieſer nach dem äl-
teren Recht keine Klage gehabt haben (Note e), er müßte
denn bey dem Vertrag ſelbſt zugezogen worden ſeyn, und
den Modus für ſich ſtipulirt haben; das neuere Recht aber
geſtattet demſelben eine utilis actio (o). Daß darin eine
Neuerung liegt, iſt unverkennbar; es iſt aber nicht un-
wichtig zu beſtimmen, an welches ſchon beſtehende Rechts-
inſtitut dieſe Neuerung ſich dergeſtalt anſchließt, daß ſie
als eine Fortbildung deſſelben angeſehen werden kann.
Man hat geſagt, dieſe Klage ſey aus einer ſtillſchweigen-
den Ceſſion des Gebers an den begünſtigten Dritten ab-
zuleiten (p); dieſe Ableitung aber muß beſtimmt verworfen
werden. Denn der Geber könnte nur entweder die actio
praescriptis verbis
oder die condictio cedirt haben. Das
erſte iſt unmöglich, weil er ſelbſt dieſe Klage in dem an-
gegebenen Fall (der Leiſtung an einen Dritten) gar nicht
hat (Note e). Das zweyte würde dahin führen, daß der
Dritte nicht auf Erfüllung des Modus klagen, ſondern
das Geſchenk ſelbſt abfordern dürfte; wäre alſo ein Land-

(o) L. 3 C. de don. quae sub
modo
(8. 55.). Es iſt ein Re-
ſcript von Diocletian und Maxi-
mian, welches ſich nun auch als
Fragm. Vat. § 286 wiedergefun-
den hat. Die Einführung des
neuen Rechtsſatzes wird darin den
divi principes zugeſchrieben. Nur
ſcheinbare Ähnlichkeit hat damit
L. 8 C. ad exhib. (3. 42.); hier
hatte Einer die Sachen eines An-
dern in Commodat und Depoſi-
tum gegeben, und dabey die Rück-
gabe an den Eigenthümer aus-
bedungen: der Eigenthümer ſoll
nun die utilis depositi actio ha-
ben. Dieſes gründet ſich auf eine
erzwingbare, alſo fingirte Ceſſion;
denn der Deponent konnte als
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zu cediren.
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[285/0299] §. 175. Donatio sub modo. an einen Dritten gerichtet iſt, würde dieſer nach dem äl- teren Recht keine Klage gehabt haben (Note e), er müßte denn bey dem Vertrag ſelbſt zugezogen worden ſeyn, und den Modus für ſich ſtipulirt haben; das neuere Recht aber geſtattet demſelben eine utilis actio (o). Daß darin eine Neuerung liegt, iſt unverkennbar; es iſt aber nicht un- wichtig zu beſtimmen, an welches ſchon beſtehende Rechts- inſtitut dieſe Neuerung ſich dergeſtalt anſchließt, daß ſie als eine Fortbildung deſſelben angeſehen werden kann. Man hat geſagt, dieſe Klage ſey aus einer ſtillſchweigen- den Ceſſion des Gebers an den begünſtigten Dritten ab- zuleiten (p); dieſe Ableitung aber muß beſtimmt verworfen werden. Denn der Geber könnte nur entweder die actio praescriptis verbis oder die condictio cedirt haben. Das erſte iſt unmöglich, weil er ſelbſt dieſe Klage in dem an- gegebenen Fall (der Leiſtung an einen Dritten) gar nicht hat (Note e). Das zweyte würde dahin führen, daß der Dritte nicht auf Erfüllung des Modus klagen, ſondern das Geſchenk ſelbſt abfordern dürfte; wäre alſo ein Land- (o) L. 3 C. de don. quae sub modo (8. 55.). Es iſt ein Re- ſcript von Diocletian und Maxi- mian, welches ſich nun auch als Fragm. Vat. § 286 wiedergefun- den hat. Die Einführung des neuen Rechtsſatzes wird darin den divi principes zugeſchrieben. Nur ſcheinbare Ähnlichkeit hat damit L. 8 C. ad exhib. (3. 42.); hier hatte Einer die Sachen eines An- dern in Commodat und Depoſi- tum gegeben, und dabey die Rück- gabe an den Eigenthümer aus- bedungen: der Eigenthümer ſoll nun die utilis depositi actio ha- ben. Dieſes gründet ſich auf eine erzwingbare, alſo fingirte Ceſſion; denn der Deponent konnte als Mandatar oder negotiorum ge- stor gezwungen werden, ſeine depositi actio dem Eigenthümer zu cediren. (p) Meyerfeld I. S. 422.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/299>, abgerufen am 15.05.2024.