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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
nicht dessen Erbe (b). Wollte man dieses buchstäblich neh-
men, so müßte der Geber schon wirklich die Klage ange-
stellt haben, um sie vererben zu können. Allein auch der
bloße Wille des Widerrufs reicht dazu schon hin, so daß
die Klage nur wegfällt, wenn der Geber stirbt, ohne sei-
nen veränderten Willen auf irgend eine Weise an den
Tag gelegt zu haben. Dafür spricht die Analogie der
Schenkung in der Ehe, die gleichfalls durch den Tod un-
widerruflich wird, und zwar auf die hier angegebene Weise
(§ 164). Daß aber in der That diese Analogie im Sinn
des Gesetzes liegt, zeigen dessen Ausdrücke deutlich ge-
nug (c).

Eben so geht die Klage nur unmittelbar gegen den
Empfänger selbst, nicht gegen dessen Erben; das heißt, es
muß der Geber seinen veränderten Willen kund gegeben
haben, so lange der Empfänger noch lebte. Bey der
Schenkung der Mutter an ihre Kinder ist dieses ausdrück-

(b) L. 10 C. de revoc. don.
(8. 56.).
(c) L. 10 C. cit. "Etenim si
ipse, qui hoc passus est, ta-
cuerit; silentium ejus maneat
semper,
et non a posteritate
ejus suscitari concedatur, vel
adversus eum qui ingratus esse
dicitur, vel adversus ejus suc-
cessores.."
-- Von demjenigen,
welcher seine Unzufriedenheit und
die Absicht des Widerrufs aus-
gesprochen, nur aber noch nicht
die Klage angestellt hat, würden
die Ausdrücke tacuerit und si-
lentium
unmöglich gebraucht wer-
den können. Dieses führt auch
Donellus XIV. 29 § 7 -- 12 sehr
gut aus; nur behauptet er § 11
etwas Anderes für die schenkende
Mutter, weil in L. 7 C. eod.
steht: nec in heredem detur,
nec tribuatur heredi.
Allein
diese unbestimmten Ausdrücke
müssen aus den bestimmteren der
L. 10 cit. erklärt werden, da nicht
die Absicht erhellt, in diesem Stück
für die Mutter etwas Abweichen-
des zu bestimmen.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
nicht deſſen Erbe (b). Wollte man dieſes buchſtäblich neh-
men, ſo müßte der Geber ſchon wirklich die Klage ange-
ſtellt haben, um ſie vererben zu können. Allein auch der
bloße Wille des Widerrufs reicht dazu ſchon hin, ſo daß
die Klage nur wegfällt, wenn der Geber ſtirbt, ohne ſei-
nen veränderten Willen auf irgend eine Weiſe an den
Tag gelegt zu haben. Dafür ſpricht die Analogie der
Schenkung in der Ehe, die gleichfalls durch den Tod un-
widerruflich wird, und zwar auf die hier angegebene Weiſe
(§ 164). Daß aber in der That dieſe Analogie im Sinn
des Geſetzes liegt, zeigen deſſen Ausdrücke deutlich ge-
nug (c).

Eben ſo geht die Klage nur unmittelbar gegen den
Empfänger ſelbſt, nicht gegen deſſen Erben; das heißt, es
muß der Geber ſeinen veränderten Willen kund gegeben
haben, ſo lange der Empfänger noch lebte. Bey der
Schenkung der Mutter an ihre Kinder iſt dieſes ausdrück-

(b) L. 10 C. de revoc. don.
(8. 56.).
(c) L. 10 C. cit. „Etenim si
ipse, qui hoc passus est, ta-
cuerit; silentium ejus maneat
semper,
et non a posteritate
ejus suscitari concedatur, vel
adversus eum qui ingratus esse
dicitur, vel adversus ejus suc-
cessores..”
— Von demjenigen,
welcher ſeine Unzufriedenheit und
die Abſicht des Widerrufs aus-
geſprochen, nur aber noch nicht
die Klage angeſtellt hat, würden
die Ausdrücke tacuerit und si-
lentium
unmöglich gebraucht wer-
den können. Dieſes führt auch
Donellus XIV. 29 § 7 — 12 ſehr
gut aus; nur behauptet er § 11
etwas Anderes für die ſchenkende
Mutter, weil in L. 7 C. eod.
ſteht: nec in heredem detur,
nec tribuatur heredi.
Allein
dieſe unbeſtimmten Ausdrücke
müſſen aus den beſtimmteren der
L. 10 cit. erklärt werden, da nicht
die Abſicht erhellt, in dieſem Stück
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[232/0246] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. nicht deſſen Erbe (b). Wollte man dieſes buchſtäblich neh- men, ſo müßte der Geber ſchon wirklich die Klage ange- ſtellt haben, um ſie vererben zu können. Allein auch der bloße Wille des Widerrufs reicht dazu ſchon hin, ſo daß die Klage nur wegfällt, wenn der Geber ſtirbt, ohne ſei- nen veränderten Willen auf irgend eine Weiſe an den Tag gelegt zu haben. Dafür ſpricht die Analogie der Schenkung in der Ehe, die gleichfalls durch den Tod un- widerruflich wird, und zwar auf die hier angegebene Weiſe (§ 164). Daß aber in der That dieſe Analogie im Sinn des Geſetzes liegt, zeigen deſſen Ausdrücke deutlich ge- nug (c). Eben ſo geht die Klage nur unmittelbar gegen den Empfänger ſelbſt, nicht gegen deſſen Erben; das heißt, es muß der Geber ſeinen veränderten Willen kund gegeben haben, ſo lange der Empfänger noch lebte. Bey der Schenkung der Mutter an ihre Kinder iſt dieſes ausdrück- (b) L. 10 C. de revoc. don. (8. 56.). (c) L. 10 C. cit. „Etenim si ipse, qui hoc passus est, ta- cuerit; silentium ejus maneat semper, et non a posteritate ejus suscitari concedatur, vel adversus eum qui ingratus esse dicitur, vel adversus ejus suc- cessores..” — Von demjenigen, welcher ſeine Unzufriedenheit und die Abſicht des Widerrufs aus- geſprochen, nur aber noch nicht die Klage angeſtellt hat, würden die Ausdrücke tacuerit und si- lentium unmöglich gebraucht wer- den können. Dieſes führt auch Donellus XIV. 29 § 7 — 12 ſehr gut aus; nur behauptet er § 11 etwas Anderes für die ſchenkende Mutter, weil in L. 7 C. eod. ſteht: nec in heredem detur, nec tribuatur heredi. Allein dieſe unbeſtimmten Ausdrücke müſſen aus den beſtimmteren der L. 10 cit. erklärt werden, da nicht die Abſicht erhellt, in dieſem Stück für die Mutter etwas Abweichen- des zu beſtimmen.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/246>, abgerufen am 04.05.2024.