Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
könnte, noch in das neueste Recht aufzunehmen, wäre die
Nothwendigkeit einer schriftlichen Urkunde, aber ohne nö-
thige Zuziehung von Zeugen. Allein gerade diese Forde-
rung war bereits durch die Constitution vom J. 428 für
überflüssig erklärt worden (Note l), und da diese letzte in
unsren Codex aufgenommen wurde, so hat damit Justinian
seine Meynung über diesen Punkt ganz bestimmt ausge-
sprochen.

Dadurch ist also das Edict von Constantin wiederum
Das geworden, was es ursprünglich war: eine belehrende
Anweisung zur vorsichtigen Abfassung von Schenkungsur-
kunden, wenn die Parteyen überhaupt Urkunden nöthig
finden. Und fassen wir nun den ganzen bisher zusammen-
gestellten Inhalt des Justinianischen Codex über die Form
der Schenkungen zusammen, so müssen wir sagen, es ist
außer der Insinuation gar keine Form vorgeschrieben, we-
der Schrift, noch Zeugen, noch Tradition.

So würde es stehen, wenn wir über diese Frage gar
keine eigene Erklärungen von Justinian vor uns hätten.
Allein auch an diesen fehlt es nicht. Nachdem er mehrere
genaue Bestimmungen über die Insinuation gegeben hatte,
bestimmte er über die neben derselben geltende Form der
Schenkung Folgendes (r). Der Vorbehalt des Niesbrauchs
gelte als Tradition, übertrage also sogleich Eigenthum.
Die Stipulation gebe ein Klagerecht auf Erfüllung durch
Tradition. Ja selbst ein Versprechen durch formlosen Ver-

(r) L. 35 § 5 C. de don. (8. 54.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
könnte, noch in das neueſte Recht aufzunehmen, wäre die
Nothwendigkeit einer ſchriftlichen Urkunde, aber ohne nö-
thige Zuziehung von Zeugen. Allein gerade dieſe Forde-
rung war bereits durch die Conſtitution vom J. 428 für
überflüſſig erklärt worden (Note l), und da dieſe letzte in
unſren Codex aufgenommen wurde, ſo hat damit Juſtinian
ſeine Meynung über dieſen Punkt ganz beſtimmt ausge-
ſprochen.

Dadurch iſt alſo das Edict von Conſtantin wiederum
Das geworden, was es urſprünglich war: eine belehrende
Anweiſung zur vorſichtigen Abfaſſung von Schenkungsur-
kunden, wenn die Parteyen überhaupt Urkunden nöthig
finden. Und faſſen wir nun den ganzen bisher zuſammen-
geſtellten Inhalt des Juſtinianiſchen Codex über die Form
der Schenkungen zuſammen, ſo müſſen wir ſagen, es iſt
außer der Inſinuation gar keine Form vorgeſchrieben, we-
der Schrift, noch Zeugen, noch Tradition.

So würde es ſtehen, wenn wir über dieſe Frage gar
keine eigene Erklärungen von Juſtinian vor uns hätten.
Allein auch an dieſen fehlt es nicht. Nachdem er mehrere
genaue Beſtimmungen über die Inſinuation gegeben hatte,
beſtimmte er über die neben derſelben geltende Form der
Schenkung Folgendes (r). Der Vorbehalt des Niesbrauchs
gelte als Tradition, übertrage alſo ſogleich Eigenthum.
Die Stipulation gebe ein Klagerecht auf Erfüllung durch
Tradition. Ja ſelbſt ein Verſprechen durch formloſen Ver-

(r) L. 35 § 5 C. de don. (8. 54.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0218" n="204"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Ent&#x017F;tehung und Untergang.</fw><lb/>
könnte, noch in das neue&#x017F;te Recht aufzunehmen, wäre die<lb/>
Nothwendigkeit einer &#x017F;chriftlichen Urkunde, aber ohne nö-<lb/>
thige Zuziehung von Zeugen. Allein gerade die&#x017F;e Forde-<lb/>
rung war bereits durch die Con&#x017F;titution vom J. 428 für<lb/>
überflü&#x017F;&#x017F;ig erklärt worden (Note <hi rendition="#aq">l</hi>), und da die&#x017F;e letzte in<lb/>
un&#x017F;ren Codex aufgenommen wurde, &#x017F;o hat damit Ju&#x017F;tinian<lb/>
&#x017F;eine Meynung über die&#x017F;en Punkt ganz be&#x017F;timmt ausge-<lb/>
&#x017F;prochen.</p><lb/>
            <p>Dadurch i&#x017F;t al&#x017F;o das Edict von Con&#x017F;tantin wiederum<lb/>
Das geworden, was es ur&#x017F;prünglich war: eine belehrende<lb/>
Anwei&#x017F;ung zur vor&#x017F;ichtigen Abfa&#x017F;&#x017F;ung von Schenkungsur-<lb/>
kunden, wenn die Parteyen überhaupt Urkunden nöthig<lb/>
finden. Und fa&#x017F;&#x017F;en wir nun den ganzen bisher zu&#x017F;ammen-<lb/>
ge&#x017F;tellten Inhalt des Ju&#x017F;tiniani&#x017F;chen Codex über die Form<lb/>
der Schenkungen zu&#x017F;ammen, &#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;en wir &#x017F;agen, es i&#x017F;t<lb/>
außer der In&#x017F;inuation gar keine Form vorge&#x017F;chrieben, we-<lb/>
der Schrift, noch Zeugen, noch Tradition.</p><lb/>
            <p>So würde es &#x017F;tehen, wenn wir über die&#x017F;e Frage gar<lb/>
keine eigene Erklärungen von Ju&#x017F;tinian vor uns hätten.<lb/>
Allein auch an die&#x017F;en fehlt es nicht. Nachdem er mehrere<lb/>
genaue Be&#x017F;timmungen über die In&#x017F;inuation gegeben hatte,<lb/>
be&#x017F;timmte er über die neben der&#x017F;elben geltende Form der<lb/>
Schenkung Folgendes <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 35 § 5 <hi rendition="#i">C. de don.</hi></hi> (8. 54.).</note>. Der Vorbehalt des Niesbrauchs<lb/>
gelte als Tradition, übertrage al&#x017F;o &#x017F;ogleich Eigenthum.<lb/>
Die Stipulation gebe ein Klagerecht auf Erfüllung durch<lb/>
Tradition. Ja &#x017F;elb&#x017F;t ein Ver&#x017F;prechen durch formlo&#x017F;en Ver-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0218] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. könnte, noch in das neueſte Recht aufzunehmen, wäre die Nothwendigkeit einer ſchriftlichen Urkunde, aber ohne nö- thige Zuziehung von Zeugen. Allein gerade dieſe Forde- rung war bereits durch die Conſtitution vom J. 428 für überflüſſig erklärt worden (Note l), und da dieſe letzte in unſren Codex aufgenommen wurde, ſo hat damit Juſtinian ſeine Meynung über dieſen Punkt ganz beſtimmt ausge- ſprochen. Dadurch iſt alſo das Edict von Conſtantin wiederum Das geworden, was es urſprünglich war: eine belehrende Anweiſung zur vorſichtigen Abfaſſung von Schenkungsur- kunden, wenn die Parteyen überhaupt Urkunden nöthig finden. Und faſſen wir nun den ganzen bisher zuſammen- geſtellten Inhalt des Juſtinianiſchen Codex über die Form der Schenkungen zuſammen, ſo müſſen wir ſagen, es iſt außer der Inſinuation gar keine Form vorgeſchrieben, we- der Schrift, noch Zeugen, noch Tradition. So würde es ſtehen, wenn wir über dieſe Frage gar keine eigene Erklärungen von Juſtinian vor uns hätten. Allein auch an dieſen fehlt es nicht. Nachdem er mehrere genaue Beſtimmungen über die Inſinuation gegeben hatte, beſtimmte er über die neben derſelben geltende Form der Schenkung Folgendes (r). Der Vorbehalt des Niesbrauchs gelte als Tradition, übertrage alſo ſogleich Eigenthum. Die Stipulation gebe ein Klagerecht auf Erfüllung durch Tradition. Ja ſelbſt ein Verſprechen durch formloſen Ver- (r) L. 35 § 5 C. de don. (8. 54.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/218
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/218>, abgerufen am 22.11.2024.