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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
sen wir diese sicheren Bestimmungen zusammen, so erscheint
uns jenes alte Recht, welches die Römischen Juristen so
sehr beschäftigte, in seinen Zwecken und Wirkungen mäßi-
ger, als man auf den ersten Blick glauben möchte. Es
lag darin blos ein Schutz für den gutmüthigen Leichtsinn,
indem der Geber in vielen Fällen die Scheukung bereuen
und entkräften konnte; jedoch konnte diese Reue ausge-
schlossen werden, bald durch die Beobachtung strenger
Formen, bald durch den Ablauf sehr kurzer Zeit, bald
durch des Gebers Tod bey unverändertem Willen (g).

Diese Regeln und Formen des älteren Rechts sind
späterhin durch andere verdrängt worden, es scheint aber

sen den Erben, wenn der Geber
mit unverändertem Willen gestor-
ben ist, durch doli replicatio
ausschließen lassen, und zwar ver-
möge eines Rescripts des Kaiser
Alexander). ib. § 294 "excep-
tionem, voluntatis perseveran-
tia, doli replicatio perimit."
ib.
§ 312. -- Dieser Rechtssatz
diente augenscheinlich zum Vor-
bild bey dem Senatsschluß, wel-
cher die Schenkung unter Ehe-
gatten, bey dem Tod des Gebers
aufrecht hielt (§ 164).
(g) Augenscheinlich war hierin
die Stipulation zurückgesetzt ge-
gen die Mancipation und Tra-
dition, ohne Zweifel deswegen,
weil für die leichtsinnige Schwäche
jene gefährlicher ist als diese.
Der Promittent hatte die excep-
tio L. Cinciae,
und hatte er ge-
zahlt, so konnte er das Gezahlte
mit einer Condiction (vielleicht
nur im Fall des Irrthums) zu-
rückfordern (Note d1). Freylich
fiel auch dieses Alles weg, wenn
das Geschenk einer persona ex-
cepta
gegeben war. Fragm. Vat.
§ 266. -- Noch augenscheinlicher
ist diese Zurücksetzung bey dem
Erlaß einer Schuld, der doch so
sehr einer geschenkten Geldsumme
ähnlich sieht; dennoch wurde er
entkräftet, ohne Zweifel durch eine
replicatio L. Cinciae gegen die
pacti exceptio des Schuldners.
Davon hat sich eine merkwürdige
Spur erhalten in L. 1 § 1 quib.
mod. pign.
(20. 6.), vgl. Zeitschr.
für geschichtl Rechtswissensch. B. 4
S. 44. Bey der Acceptilation war
es vielleicht anders, weil hier Alles
abgemacht war, also keine Ver-
anlassung übrig blieb zu einer Ex-
ception oder Replication.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
ſen wir dieſe ſicheren Beſtimmungen zuſammen, ſo erſcheint
uns jenes alte Recht, welches die Römiſchen Juriſten ſo
ſehr beſchäftigte, in ſeinen Zwecken und Wirkungen mäßi-
ger, als man auf den erſten Blick glauben möchte. Es
lag darin blos ein Schutz für den gutmüthigen Leichtſinn,
indem der Geber in vielen Fällen die Scheukung bereuen
und entkräften konnte; jedoch konnte dieſe Reue ausge-
ſchloſſen werden, bald durch die Beobachtung ſtrenger
Formen, bald durch den Ablauf ſehr kurzer Zeit, bald
durch des Gebers Tod bey unverändertem Willen (g).

Dieſe Regeln und Formen des älteren Rechts ſind
ſpäterhin durch andere verdrängt worden, es ſcheint aber

ſen den Erben, wenn der Geber
mit unverändertem Willen geſtor-
ben iſt, durch doli replicatio
ausſchließen laſſen, und zwar ver-
möge eines Reſcripts des Kaiſer
Alexander). ib. § 294 „excep-
tionem, voluntatis perseveran-
tia, doli replicatio perimit.”
ib.
§ 312. — Dieſer Rechtsſatz
diente augenſcheinlich zum Vor-
bild bey dem Senatsſchluß, wel-
cher die Schenkung unter Ehe-
gatten, bey dem Tod des Gebers
aufrecht hielt (§ 164).
(g) Augenſcheinlich war hierin
die Stipulation zurückgeſetzt ge-
gen die Mancipation und Tra-
dition, ohne Zweifel deswegen,
weil für die leichtſinnige Schwäche
jene gefährlicher iſt als dieſe.
Der Promittent hatte die excep-
tio L. Cinciae,
und hatte er ge-
zahlt, ſo konnte er das Gezahlte
mit einer Condiction (vielleicht
nur im Fall des Irrthums) zu-
rückfordern (Note d1). Freylich
fiel auch dieſes Alles weg, wenn
das Geſchenk einer persona ex-
cepta
gegeben war. Fragm. Vat.
§ 266. — Noch augenſcheinlicher
iſt dieſe Zurückſetzung bey dem
Erlaß einer Schuld, der doch ſo
ſehr einer geſchenkten Geldſumme
ähnlich ſieht; dennoch wurde er
entkräftet, ohne Zweifel durch eine
replicatio L. Cinciae gegen die
pacti exceptio des Schuldners.
Davon hat ſich eine merkwürdige
Spur erhalten in L. 1 § 1 quib.
mod. pign.
(20. 6.), vgl. Zeitſchr.
für geſchichtl Rechtswiſſenſch. B. 4
S. 44. Bey der Acceptilation war
es vielleicht anders, weil hier Alles
abgemacht war, alſo keine Ver-
anlaſſung übrig blieb zu einer Ex-
ception oder Replication.
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[198/0212] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. ſen wir dieſe ſicheren Beſtimmungen zuſammen, ſo erſcheint uns jenes alte Recht, welches die Römiſchen Juriſten ſo ſehr beſchäftigte, in ſeinen Zwecken und Wirkungen mäßi- ger, als man auf den erſten Blick glauben möchte. Es lag darin blos ein Schutz für den gutmüthigen Leichtſinn, indem der Geber in vielen Fällen die Scheukung bereuen und entkräften konnte; jedoch konnte dieſe Reue ausge- ſchloſſen werden, bald durch die Beobachtung ſtrenger Formen, bald durch den Ablauf ſehr kurzer Zeit, bald durch des Gebers Tod bey unverändertem Willen (g). Dieſe Regeln und Formen des älteren Rechts ſind ſpäterhin durch andere verdrängt worden, es ſcheint aber (f) (g) Augenſcheinlich war hierin die Stipulation zurückgeſetzt ge- gen die Mancipation und Tra- dition, ohne Zweifel deswegen, weil für die leichtſinnige Schwäche jene gefährlicher iſt als dieſe. Der Promittent hatte die excep- tio L. Cinciae, und hatte er ge- zahlt, ſo konnte er das Gezahlte mit einer Condiction (vielleicht nur im Fall des Irrthums) zu- rückfordern (Note d1). Freylich fiel auch dieſes Alles weg, wenn das Geſchenk einer persona ex- cepta gegeben war. Fragm. Vat. § 266. — Noch augenſcheinlicher iſt dieſe Zurückſetzung bey dem Erlaß einer Schuld, der doch ſo ſehr einer geſchenkten Geldſumme ähnlich ſieht; dennoch wurde er entkräftet, ohne Zweifel durch eine replicatio L. Cinciae gegen die pacti exceptio des Schuldners. Davon hat ſich eine merkwürdige Spur erhalten in L. 1 § 1 quib. mod. pign. (20. 6.), vgl. Zeitſchr. für geſchichtl Rechtswiſſenſch. B. 4 S. 44. Bey der Acceptilation war es vielleicht anders, weil hier Alles abgemacht war, alſo keine Ver- anlaſſung übrig blieb zu einer Ex- ception oder Replication. (f) ſen den Erben, wenn der Geber mit unverändertem Willen geſtor- ben iſt, durch doli replicatio ausſchließen laſſen, und zwar ver- möge eines Reſcripts des Kaiſer Alexander). ib. § 294 „excep- tionem, voluntatis perseveran- tia, doli replicatio perimit.” ib. § 312. — Dieſer Rechtsſatz diente augenſcheinlich zum Vor- bild bey dem Senatsſchluß, wel- cher die Schenkung unter Ehe- gatten, bey dem Tod des Gebers aufrecht hielt (§ 164).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/212>, abgerufen am 22.11.2024.