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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 108. Altersstufen. Infantes. (Fortsetzung).
trug als Werkzeug gebraucht (f). Dagegen würde es ganz
unrichtig seyn, hierin den Unterschied zwischen culposen
und dolosen Delicten als entscheidend anzusehen, so daß
der Unmündige früher zu jenen als zu diesen für fähig
zu halten wäre (g). -- Diese Grundsätze werden nun in
vielen Delicten mit großer Consequenz durchgeführt (h). --
Ganz dieselben Grundsätze aber gelten auch bey solchen
Obligationen, deren erste Entstehung nicht in einem De-
lict, sondern in einem Vertrag u. s. w., enthalten ist, wo-
bey aber die einzelne Anwendung der Klage auf einen

(f) L. 13 § 1 L. 14 de dolo (4.
3.). Die erste Stelle sagt, auch die
doli actio könne gegen den pro-
ximus pubertati
gehen; dieses
führt die zweyte Stelle weiter aus
in folgenden Worten: Quid enim
si impetraverit a procuratore
petitoris ut absolveretur ... vel
alia similia admisit, quae non
magnam machinationem exi-
gunt?
"
Noch deutlicher tritt
diese Ansicht bey der Frage wegen
der Zurechnung mancher öffentli-
chen Verbrechen hervor, von wel-
chen sogleich die Rede seyn wird.
(Note k).
(g) Diesen Unterschied behaup-
tet Gensler (§ 107. n), ohne
Zweifel weil bey mehreren dolo-
sen Delicten der proximus pu-
bertati
ausgedrückt wird, bey cul-
posen (die aber überhaupt nur
selten vorkommen) nicht, wie in
L. 5 § 2 ad L. Aquil. (9. 2.),
L. 23 de furtis
(47. 2.). Allein
in eben so vielen Stellen wird
auch dort nur der doli capax
erwähnt, gerade so wie hier nur
der culpae capax. Ja in L. 23
cit.
werden beide mit völlig gleich-
artigen Ausdrücken unmittelbar
neben einander genannt. -- Sieht
man auf das Wesen der Sache,
so ist es wohl einleuchtend, daß
man einem Knaben meist früher
einen Diebstahl wird zurechnen
können, als die Unvorsichtigkeit
woraus gegen einen Erwachsenen
unfehlbar die actio legis Aqui-
liae
entstehen würde.
(h) So bey furtum, damnum
injuria datum,
und injuria. § 18
(al. 20.) J. de oblig. ex del. (4.
1.), L. 23 de furtis (47. 2.), L. 5
§ 2 ad L. Aquil. (9. 2.), L. 111
pr. de R. J. (50. 17.), L. 3 § 4
de injur.
(47. 10.). -- Bey vi
bonorum raptorum. L. 2 § 19
vi bon. rapt.
(47.8.). -- Bey se-
pulchrum violatum. L. 3 § 1
de sep. viol.
(47. 12.). -- Bey
dolus. L. 13 § 1 L. 14 de dolo

§. 108. Altersſtufen. Infantes. (Fortſetzung).
trug als Werkzeug gebraucht (f). Dagegen würde es ganz
unrichtig ſeyn, hierin den Unterſchied zwiſchen culpoſen
und doloſen Delicten als entſcheidend anzuſehen, ſo daß
der Unmündige früher zu jenen als zu dieſen für fähig
zu halten wäre (g). — Dieſe Grundſätze werden nun in
vielen Delicten mit großer Conſequenz durchgeführt (h). —
Ganz dieſelben Grundſätze aber gelten auch bey ſolchen
Obligationen, deren erſte Entſtehung nicht in einem De-
lict, ſondern in einem Vertrag u. ſ. w., enthalten iſt, wo-
bey aber die einzelne Anwendung der Klage auf einen

(f) L. 13 § 1 L. 14 de dolo (4.
3.). Die erſte Stelle ſagt, auch die
doli actio könne gegen den pro-
ximus pubertati
gehen; dieſes
führt die zweyte Stelle weiter aus
in folgenden Worten: Quid enim
si impetraverit a procuratore
petitoris ut absolveretur … vel
alia similia admisit, quae non
magnam machinationem exi-
gunt?
Noch deutlicher tritt
dieſe Anſicht bey der Frage wegen
der Zurechnung mancher öffentli-
chen Verbrechen hervor, von wel-
chen ſogleich die Rede ſeyn wird.
(Note k).
(g) Dieſen Unterſchied behaup-
tet Gensler (§ 107. n), ohne
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ſen Delicten der proximus pu-
bertati
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poſen (die aber überhaupt nur
ſelten vorkommen) nicht, wie in
L. 5 § 2 ad L. Aquil. (9. 2.),
L. 23 de furtis
(47. 2.). Allein
in eben ſo vielen Stellen wird
auch dort nur der doli capax
erwähnt, gerade ſo wie hier nur
der culpae capax. Ja in L. 23
cit.
werden beide mit völlig gleich-
artigen Ausdrücken unmittelbar
neben einander genannt. — Sieht
man auf das Weſen der Sache,
ſo iſt es wohl einleuchtend, daß
man einem Knaben meiſt früher
einen Diebſtahl wird zurechnen
können, als die Unvorſichtigkeit
woraus gegen einen Erwachſenen
unfehlbar die actio legis Aqui-
liae
entſtehen würde.
(h) So bey furtum, damnum
injuria datum,
und injuria. § 18
(al. 20.) J. de oblig. ex del. (4.
1.), L. 23 de furtis (47. 2.), L. 5
§ 2 ad L. Aquil. (9. 2.), L. 111
pr. de R. J. (50. 17.), L. 3 § 4
de injur.
(47. 10.). — Bey vi
bonorum raptorum. L. 2 § 19
vi bon. rapt.
(47.8.). — Bey se-
pulchrum violatum. L. 3 § 1
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[43/0055] §. 108. Altersſtufen. Infantes. (Fortſetzung). trug als Werkzeug gebraucht (f). Dagegen würde es ganz unrichtig ſeyn, hierin den Unterſchied zwiſchen culpoſen und doloſen Delicten als entſcheidend anzuſehen, ſo daß der Unmündige früher zu jenen als zu dieſen für fähig zu halten wäre (g). — Dieſe Grundſätze werden nun in vielen Delicten mit großer Conſequenz durchgeführt (h). — Ganz dieſelben Grundſätze aber gelten auch bey ſolchen Obligationen, deren erſte Entſtehung nicht in einem De- lict, ſondern in einem Vertrag u. ſ. w., enthalten iſt, wo- bey aber die einzelne Anwendung der Klage auf einen (f) L. 13 § 1 L. 14 de dolo (4. 3.). Die erſte Stelle ſagt, auch die doli actio könne gegen den pro- ximus pubertati gehen; dieſes führt die zweyte Stelle weiter aus in folgenden Worten: Quid enim si impetraverit a procuratore petitoris ut absolveretur … vel alia similia admisit, quae non magnam machinationem exi- gunt?” Noch deutlicher tritt dieſe Anſicht bey der Frage wegen der Zurechnung mancher öffentli- chen Verbrechen hervor, von wel- chen ſogleich die Rede ſeyn wird. (Note k). (g) Dieſen Unterſchied behaup- tet Gensler (§ 107. n), ohne Zweifel weil bey mehreren dolo- ſen Delicten der proximus pu- bertati ausgedrückt wird, bey cul- poſen (die aber überhaupt nur ſelten vorkommen) nicht, wie in L. 5 § 2 ad L. Aquil. (9. 2.), L. 23 de furtis (47. 2.). Allein in eben ſo vielen Stellen wird auch dort nur der doli capax erwähnt, gerade ſo wie hier nur der culpae capax. Ja in L. 23 cit. werden beide mit völlig gleich- artigen Ausdrücken unmittelbar neben einander genannt. — Sieht man auf das Weſen der Sache, ſo iſt es wohl einleuchtend, daß man einem Knaben meiſt früher einen Diebſtahl wird zurechnen können, als die Unvorſichtigkeit woraus gegen einen Erwachſenen unfehlbar die actio legis Aqui- liae entſtehen würde. (h) So bey furtum, damnum injuria datum, und injuria. § 18 (al. 20.) J. de oblig. ex del. (4. 1.), L. 23 de furtis (47. 2.), L. 5 § 2 ad L. Aquil. (9. 2.), L. 111 pr. de R. J. (50. 17.), L. 3 § 4 de injur. (47. 10.). — Bey vi bonorum raptorum. L. 2 § 19 vi bon. rapt. (47.8.). — Bey se- pulchrum violatum. L. 3 § 1 de sep. viol. (47. 12.). — Bey dolus. L. 13 § 1 L. 14 de dolo

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/55>, abgerufen am 06.05.2024.