Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Beylage VIII.
ihm gebrauchte Ausdruck lucrum eine ganz bestimmte Be-
deutung, und in welcher Verbindung daneben von damnum
gesprochen war, können wir jetzt nicht errathen. Daß er
aber von den Frauen sprach, erhellt aus den Worten der
Stelle selbst ganz deutlich. Die generalisirende Interpo-
lation fanden die Compilatoren deswegen nöthig, weil
späterhin das ausgedehnte Vorrecht der Frauen beschränkt,
und dem Recht der Männer nahe gebracht worden ist
(Num. XXXI.). So haben durch ungeschickte Behandlung
jene Stellen die irre führende Gestalt eines durchgreifenden
Princips über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des
Irrthums im Allgemeinen erhalten. -- Bisher habe ich
diese Behauptung blos als eine Hypothese aufzustellen ge-
sucht, die sich als wahrscheinlich durch ungezwungene und
befriedigende Lösung der vorliegenden Schwierigkeit bewährt.
Sie erhält aber ein historisches Gewicht durch eine, auch
schon oben angeführte, Kaiserconstitution, in welcher wir
glücklicherweise unmittelbar nachweisen können, daß die Com-
pilatoren ein ähnliches, als das hier für Papinian behaup-
tete, Verfahren wirklich angewendet haben. Es ist dieses
die von Constantin herrührende L. 3 C. Th. de sponsal.
(3. 5.) "Quamvis in lucro nec feminis jus ignorantibus
subveniri soleat, contra aetatem adhuc imperfectam locum
hoc non habere, retro principum statuta declarant.
Ne
igitur soluta matrimonii caritate inhumanum aliquid sta-
tuatur, censemus, si futuris conjugibus tempore nuptiarum
intra aetatem constitutis res fuerint donatae et traditae,

Beylage VIII.
ihm gebrauchte Ausdruck lucrum eine ganz beſtimmte Be-
deutung, und in welcher Verbindung daneben von damnum
geſprochen war, können wir jetzt nicht errathen. Daß er
aber von den Frauen ſprach, erhellt aus den Worten der
Stelle ſelbſt ganz deutlich. Die generaliſirende Interpo-
lation fanden die Compilatoren deswegen nöthig, weil
ſpäterhin das ausgedehnte Vorrecht der Frauen beſchränkt,
und dem Recht der Männer nahe gebracht worden iſt
(Num. XXXI.). So haben durch ungeſchickte Behandlung
jene Stellen die irre führende Geſtalt eines durchgreifenden
Princips über die Wirkſamkeit oder Unwirkſamkeit des
Irrthums im Allgemeinen erhalten. — Bisher habe ich
dieſe Behauptung blos als eine Hypotheſe aufzuſtellen ge-
ſucht, die ſich als wahrſcheinlich durch ungezwungene und
befriedigende Löſung der vorliegenden Schwierigkeit bewährt.
Sie erhält aber ein hiſtoriſches Gewicht durch eine, auch
ſchon oben angeführte, Kaiſerconſtitution, in welcher wir
glücklicherweiſe unmittelbar nachweiſen können, daß die Com-
pilatoren ein ähnliches, als das hier für Papinian behaup-
tete, Verfahren wirklich angewendet haben. Es iſt dieſes
die von Conſtantin herrührende L. 3 C. Th. de sponsal.
(3. 5.) „Quamvis in lucro nec feminis jus ignorantibus
subveniri soleat, contra aetatem adhuc imperfectam locum
hoc non habere, retro principum statuta declarant.
Ne
igitur soluta matrimonii caritate inhumanum aliquid sta-
tuatur, censemus, si futuris conjugibus tempore nuptiarum
intra aetatem constitutis res fuerint donatae et traditae,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0364" n="352"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">VIII.</hi></fw><lb/>
ihm gebrauchte Ausdruck <hi rendition="#aq">lucrum</hi> eine ganz be&#x017F;timmte Be-<lb/>
deutung, und in welcher Verbindung daneben von <hi rendition="#aq">damnum</hi><lb/>
ge&#x017F;prochen war, können wir jetzt nicht errathen. Daß er<lb/>
aber von den Frauen &#x017F;prach, erhellt aus den Worten der<lb/>
Stelle &#x017F;elb&#x017F;t ganz deutlich. Die generali&#x017F;irende Interpo-<lb/>
lation fanden die Compilatoren deswegen nöthig, weil<lb/>
&#x017F;päterhin das ausgedehnte Vorrecht der Frauen be&#x017F;chränkt,<lb/>
und dem Recht der Männer nahe gebracht worden i&#x017F;t<lb/>
(Num. <hi rendition="#aq">XXXI.</hi>). So haben durch unge&#x017F;chickte Behandlung<lb/>
jene Stellen die irre führende Ge&#x017F;talt eines durchgreifenden<lb/>
Princips über die Wirk&#x017F;amkeit oder Unwirk&#x017F;amkeit des<lb/>
Irrthums im Allgemeinen erhalten. &#x2014; Bisher habe ich<lb/>
die&#x017F;e Behauptung blos als eine Hypothe&#x017F;e aufzu&#x017F;tellen ge-<lb/>
&#x017F;ucht, die &#x017F;ich als wahr&#x017F;cheinlich durch ungezwungene und<lb/>
befriedigende Lö&#x017F;ung der vorliegenden Schwierigkeit bewährt.<lb/>
Sie erhält aber ein hi&#x017F;tori&#x017F;ches Gewicht durch eine, auch<lb/>
&#x017F;chon oben angeführte, Kai&#x017F;ercon&#x017F;titution, in welcher wir<lb/>
glücklicherwei&#x017F;e unmittelbar nachwei&#x017F;en können, daß die Com-<lb/>
pilatoren ein ähnliches, als das hier für Papinian behaup-<lb/>
tete, Verfahren wirklich angewendet haben. Es i&#x017F;t die&#x017F;es<lb/>
die von Con&#x017F;tantin herrührende <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3 <hi rendition="#i">C. Th. de sponsal.</hi><lb/>
(3. 5.) <hi rendition="#i">&#x201E;Quamvis in lucro nec feminis jus ignorantibus<lb/>
subveniri soleat, contra aetatem adhuc imperfectam locum<lb/>
hoc non habere, retro principum statuta declarant.</hi> Ne<lb/>
igitur soluta matrimonii caritate inhumanum aliquid sta-<lb/>
tuatur, censemus, si futuris conjugibus tempore nuptiarum<lb/>
intra aetatem constitutis res fuerint donatae et traditae,</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0364] Beylage VIII. ihm gebrauchte Ausdruck lucrum eine ganz beſtimmte Be- deutung, und in welcher Verbindung daneben von damnum geſprochen war, können wir jetzt nicht errathen. Daß er aber von den Frauen ſprach, erhellt aus den Worten der Stelle ſelbſt ganz deutlich. Die generaliſirende Interpo- lation fanden die Compilatoren deswegen nöthig, weil ſpäterhin das ausgedehnte Vorrecht der Frauen beſchränkt, und dem Recht der Männer nahe gebracht worden iſt (Num. XXXI.). So haben durch ungeſchickte Behandlung jene Stellen die irre führende Geſtalt eines durchgreifenden Princips über die Wirkſamkeit oder Unwirkſamkeit des Irrthums im Allgemeinen erhalten. — Bisher habe ich dieſe Behauptung blos als eine Hypotheſe aufzuſtellen ge- ſucht, die ſich als wahrſcheinlich durch ungezwungene und befriedigende Löſung der vorliegenden Schwierigkeit bewährt. Sie erhält aber ein hiſtoriſches Gewicht durch eine, auch ſchon oben angeführte, Kaiſerconſtitution, in welcher wir glücklicherweiſe unmittelbar nachweiſen können, daß die Com- pilatoren ein ähnliches, als das hier für Papinian behaup- tete, Verfahren wirklich angewendet haben. Es iſt dieſes die von Conſtantin herrührende L. 3 C. Th. de sponsal. (3. 5.) „Quamvis in lucro nec feminis jus ignorantibus subveniri soleat, contra aetatem adhuc imperfectam locum hoc non habere, retro principum statuta declarant. Ne igitur soluta matrimonii caritate inhumanum aliquid sta- tuatur, censemus, si futuris conjugibus tempore nuptiarum intra aetatem constitutis res fuerint donatae et traditae,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/364
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/364>, abgerufen am 23.11.2024.