Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.§. 137. Error in substantia. emti (19. 1.) "Quamvis supra diximus, cum in corporeconsentiamus, de qualitate autem dissentiamus, emtionem esse, tamen venditor teneri debet, quanti interest (emto- ris se) non esse deceptum, etsi venditor quoque nesciat: veluti si mensas quasi citreas emat, quae non sunt." Wir wollen das am Ende erwähnte Beyspiel an die Spitze stellen. Es hatte Jemand Tische gekauft, als ob sie von Citronenholz wären, die es nicht waren (t); das quasi citreas ist an sich zweydeutig, indem es sowohl auf die bloße Einbildung des Käufers, als auf die Versicherung des Verkäufers gehen kann: daß das letzte der wahre Sinn ist, wird sogleich gezeigt werden. Die Hauptfrage ist nun die, ob gelesen werden soll emtionem esse (wie in der Florentina), oder emtionem non esse (wie in anderen Hss., vielleicht allen anderen). Die herrschende Meynung ist für non, theils weil man von der vorgefaßten Meynung aus- gieng, jeder Irrthum über den Stoff, also auch bey Holz- möbeln, sey ein wesentlicher, theils weil man seltsamerweise annahm, die Worte supra diximus seyen von Tribonian, und giengen auf L. 9. 11. 14 de contr. emt. (18. 1.); dadurch war man genöthigt, qualitas gleichbedeutend mit substantia oder materia zu nehmen. Aber eben dieses letzte ist gegen allen klar erweislichen Sprachgebrauch, da in (t) Von dem unglaublichen Lu-
xus der Römer mit Citronenholz, welches in großen Stücken, wie sie zu Möbeln brauchbar waren, aus Afrika gebracht werden mußte, giebt genaue Nachricht Plinius hist. nat. XIII. 15. Er erzählt von einem Tisch, der mit 1400,000 Sesterzen, oder 70,000 Thalern, bezahlt wurde. §. 137. Error in substantia. emti (19. 1.) „Quamvis supra diximus, cum in corporeconsentiamus, de qualitate autem dissentiamus, emtionem esse, tamen venditor teneri debet, quanti interest (emto- ris se) non esse deceptum, etsi venditor quoque nesciat: veluti si mensas quasi citreas emat, quae non sunt.” Wir wollen das am Ende erwähnte Beyſpiel an die Spitze ſtellen. Es hatte Jemand Tiſche gekauft, als ob ſie von Citronenholz wären, die es nicht waren (t); das quasi citreas iſt an ſich zweydeutig, indem es ſowohl auf die bloße Einbildung des Käufers, als auf die Verſicherung des Verkäufers gehen kann: daß das letzte der wahre Sinn iſt, wird ſogleich gezeigt werden. Die Hauptfrage iſt nun die, ob geleſen werden ſoll emtionem esse (wie in der Florentina), oder emtionem non esse (wie in anderen Hſſ., vielleicht allen anderen). Die herrſchende Meynung iſt für non, theils weil man von der vorgefaßten Meynung aus- gieng, jeder Irrthum über den Stoff, alſo auch bey Holz- möbeln, ſey ein weſentlicher, theils weil man ſeltſamerweiſe annahm, die Worte supra diximus ſeyen von Tribonian, und giengen auf L. 9. 11. 14 de contr. emt. (18. 1.); dadurch war man genöthigt, qualitas gleichbedeutend mit substantia oder materia zu nehmen. Aber eben dieſes letzte iſt gegen allen klar erweislichen Sprachgebrauch, da in (t) Von dem unglaublichen Lu-
xus der Römer mit Citronenholz, welches in großen Stücken, wie ſie zu Möbeln brauchbar waren, aus Afrika gebracht werden mußte, giebt genaue Nachricht Plinius hist. nat. XIII. 15. Er erzählt von einem Tiſch, der mit 1400,000 Seſterzen, oder 70,000 Thalern, bezahlt wurde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0299" n="287"/><fw place="top" type="header">§. 137. <hi rendition="#aq">Error in substantia.</hi></fw><lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">emti</hi></hi> (19. 1.) <hi rendition="#aq">„Quamvis supra diximus, cum in corpore<lb/> consentiamus, de qualitate autem dissentiamus, emtionem<lb/> esse, tamen venditor teneri debet, quanti interest (emto-<lb/> ris se) non esse deceptum, etsi venditor quoque nesciat:<lb/> veluti si mensas quasi citreas emat, quae non sunt.”</hi><lb/> Wir wollen das am Ende erwähnte Beyſpiel an die Spitze<lb/> ſtellen. Es hatte Jemand Tiſche gekauft, als ob ſie von<lb/> Citronenholz wären, die es nicht waren <note place="foot" n="(t)">Von dem unglaublichen Lu-<lb/> xus der Römer mit Citronenholz,<lb/> welches in großen Stücken, wie<lb/> ſie zu Möbeln brauchbar waren,<lb/> aus Afrika gebracht werden mußte,<lb/> giebt genaue Nachricht <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Plinius</hi><lb/> hist. nat. XIII.</hi> 15. Er erzählt<lb/> von einem Tiſch, der mit 1400,000<lb/> Seſterzen, oder 70,000 Thalern,<lb/> bezahlt wurde.</note>; das <hi rendition="#aq">quasi<lb/> citreas</hi> iſt an ſich zweydeutig, indem es ſowohl auf die<lb/> bloße Einbildung des Käufers, als auf die Verſicherung<lb/> des Verkäufers gehen kann: daß das letzte der wahre Sinn<lb/> iſt, wird ſogleich gezeigt werden. Die Hauptfrage iſt nun<lb/> die, ob geleſen werden ſoll <hi rendition="#aq">emtionem esse</hi> (wie in der<lb/> Florentina), oder <hi rendition="#aq">emtionem non esse</hi> (wie in anderen Hſſ.,<lb/> vielleicht allen anderen). Die herrſchende Meynung iſt für<lb/><hi rendition="#aq">non,</hi> theils weil man von der vorgefaßten Meynung aus-<lb/> gieng, jeder Irrthum über den Stoff, alſo auch bey Holz-<lb/> möbeln, ſey ein weſentlicher, theils weil man ſeltſamerweiſe<lb/> annahm, die Worte <hi rendition="#aq">supra diximus</hi> ſeyen von Tribonian,<lb/> und giengen auf <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 9. 11. 14 <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">de contr. emt.</hi></hi> (18. 1.);<lb/> dadurch war man genöthigt, <hi rendition="#aq">qualitas</hi> gleichbedeutend mit<lb/><hi rendition="#aq">substantia</hi> oder <hi rendition="#aq">materia</hi> zu nehmen. Aber eben dieſes letzte<lb/> iſt gegen allen klar erweislichen Sprachgebrauch, da in<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [287/0299]
§. 137. Error in substantia.
emti (19. 1.) „Quamvis supra diximus, cum in corpore
consentiamus, de qualitate autem dissentiamus, emtionem
esse, tamen venditor teneri debet, quanti interest (emto-
ris se) non esse deceptum, etsi venditor quoque nesciat:
veluti si mensas quasi citreas emat, quae non sunt.”
Wir wollen das am Ende erwähnte Beyſpiel an die Spitze
ſtellen. Es hatte Jemand Tiſche gekauft, als ob ſie von
Citronenholz wären, die es nicht waren (t); das quasi
citreas iſt an ſich zweydeutig, indem es ſowohl auf die
bloße Einbildung des Käufers, als auf die Verſicherung
des Verkäufers gehen kann: daß das letzte der wahre Sinn
iſt, wird ſogleich gezeigt werden. Die Hauptfrage iſt nun
die, ob geleſen werden ſoll emtionem esse (wie in der
Florentina), oder emtionem non esse (wie in anderen Hſſ.,
vielleicht allen anderen). Die herrſchende Meynung iſt für
non, theils weil man von der vorgefaßten Meynung aus-
gieng, jeder Irrthum über den Stoff, alſo auch bey Holz-
möbeln, ſey ein weſentlicher, theils weil man ſeltſamerweiſe
annahm, die Worte supra diximus ſeyen von Tribonian,
und giengen auf L. 9. 11. 14 de contr. emt. (18. 1.);
dadurch war man genöthigt, qualitas gleichbedeutend mit
substantia oder materia zu nehmen. Aber eben dieſes letzte
iſt gegen allen klar erweislichen Sprachgebrauch, da in
(t) Von dem unglaublichen Lu-
xus der Römer mit Citronenholz,
welches in großen Stücken, wie
ſie zu Möbeln brauchbar waren,
aus Afrika gebracht werden mußte,
giebt genaue Nachricht Plinius
hist. nat. XIII. 15. Er erzählt
von einem Tiſch, der mit 1400,000
Seſterzen, oder 70,000 Thalern,
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