Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. der eine genauere Betrachtung bedarf: bey hölzernen Haus-geräthen, wenn über die Holzart geirrt wird. Daß auch diese auf den Preis Einfluß haben kann, wird Niemand läugnen, aber zu einer andern Art von Waare werden dadurch die Möbeln nicht, besonders wenn das feinere Holz so täuschend durch Politur nachgeahmt ist, daß eine Verwechslung möglich wird. Der Unterschied von edlen Metallen ist augenscheinlich, da die Bearbeitung des gerin- geren und des edleren Holzes von demselben Gewerbe be- sorgt wird, und da nach zerstörter Form die übrig blei- benden Holzstücke bey feinem und geringerem Holz gleich werthlos zu seyn pflegen. So steht es nach allgemeiner Betrachtung, wovon die meisten Schriftsteller das Gegen- theil annehmen, theils durch die scheinbare Ähnlichkeit der edlen Metalle, theils durch den abstracten Begriff der Stoffsverschiedenheit irre geführt. Alles aber kommt auf die Erklärung folgender Stelle an. L. 21 § 2 de act. worin es ausdrücklich heißt: au-
rum quod vendidit. Er muß es also für Gold ausgegeben haben. (Vgl. unten § 138). -- Vestimenta interpola sind getragene, aufge- putzte, ausgebesserte Kleider, die dabey noch gut aussehen können, ja wohl müssen, wenn ihre Ver- wechslung mit neuen möglich seyn soll. Ganz unrichtig behauptet Richelmann S. 160, die Eigen- schaft alter Kleider sey wie vitium und morbus, und gebe daher An- laß zu den ädilicischen Klagen. Ihn täuschen die Worte in L. 37 de aedil. ed. "idcirco interpo- lant veteratores et pro novi- ciis vendunt." Dieses heißt aber, die Verkäufer betrügen dadurch, daß sie den veterator unter no- vicii unterstecken, wodurch er selbst als novicius angesehen wird. Der Verkauf des veterator ohne Anzeige war von den Ädilen na- mentlich verboten; mit der Aus- dehnung des Edicts auf nicht na- mentlich erwähnte Fälle verfuhr man vorsichtig, stets nach der Analogie von vitium und mor- bus, wie L. 49 eod. zeigt. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. der eine genauere Betrachtung bedarf: bey hölzernen Haus-geräthen, wenn über die Holzart geirrt wird. Daß auch dieſe auf den Preis Einfluß haben kann, wird Niemand läugnen, aber zu einer andern Art von Waare werden dadurch die Möbeln nicht, beſonders wenn das feinere Holz ſo täuſchend durch Politur nachgeahmt iſt, daß eine Verwechslung möglich wird. Der Unterſchied von edlen Metallen iſt augenſcheinlich, da die Bearbeitung des gerin- geren und des edleren Holzes von demſelben Gewerbe be- ſorgt wird, und da nach zerſtörter Form die übrig blei- benden Holzſtücke bey feinem und geringerem Holz gleich werthlos zu ſeyn pflegen. So ſteht es nach allgemeiner Betrachtung, wovon die meiſten Schriftſteller das Gegen- theil annehmen, theils durch die ſcheinbare Ähnlichkeit der edlen Metalle, theils durch den abſtracten Begriff der Stoffsverſchiedenheit irre geführt. Alles aber kommt auf die Erklärung folgender Stelle an. L. 21 § 2 de act. worin es ausdrücklich heißt: au-
rum quod vendidit. Er muß es alſo für Gold ausgegeben haben. (Vgl. unten § 138). — Vestimenta interpola ſind getragene, aufge- putzte, ausgebeſſerte Kleider, die dabey noch gut ausſehen können, ja wohl müſſen, wenn ihre Ver- wechslung mit neuen möglich ſeyn ſoll. Ganz unrichtig behauptet Richelmann S. 160, die Eigen- ſchaft alter Kleider ſey wie vitium und morbus, und gebe daher An- laß zu den ädiliciſchen Klagen. Ihn täuſchen die Worte in L. 37 de aedil. ed. „idcirco interpo- lant veteratores et pro novi- ciis vendunt.” Dieſes heißt aber, die Verkäufer betrügen dadurch, daß ſie den veterator unter no- vicii unterſtecken, wodurch er ſelbſt als novicius angeſehen wird. Der Verkauf des veterator ohne Anzeige war von den Ädilen na- mentlich verboten; mit der Aus- dehnung des Edicts auf nicht na- mentlich erwähnte Fälle verfuhr man vorſichtig, ſtets nach der Analogie von vitium und mor- bus, wie L. 49 eod. zeigt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0298" n="286"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> der eine genauere Betrachtung bedarf: bey hölzernen Haus-<lb/> geräthen, wenn über die Holzart geirrt wird. Daß auch<lb/> dieſe auf den Preis Einfluß haben kann, wird Niemand<lb/> läugnen, aber zu einer andern Art von Waare werden<lb/> dadurch die Möbeln nicht, beſonders wenn das feinere<lb/> Holz ſo täuſchend durch Politur nachgeahmt iſt, daß eine<lb/> Verwechslung möglich wird. Der Unterſchied von edlen<lb/> Metallen iſt augenſcheinlich, da die Bearbeitung des gerin-<lb/> geren und des edleren Holzes von demſelben Gewerbe be-<lb/> ſorgt wird, und da nach zerſtörter Form die übrig blei-<lb/> benden Holzſtücke bey feinem und geringerem Holz gleich<lb/> werthlos zu ſeyn pflegen. So ſteht es nach allgemeiner<lb/> Betrachtung, wovon die meiſten Schriftſteller das Gegen-<lb/> theil annehmen, theils durch die ſcheinbare Ähnlichkeit der<lb/> edlen Metalle, theils durch den abſtracten Begriff der<lb/> Stoffsverſchiedenheit irre geführt. Alles aber kommt auf<lb/> die Erklärung folgender Stelle an. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 21 § 2 <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">de act.</hi></hi><lb/><note xml:id="seg2pn_51_2" prev="#seg2pn_51_1" place="foot" n="(s)">worin es ausdrücklich heißt: <hi rendition="#aq">au-<lb/> rum <hi rendition="#i">quod vendidit</hi>.</hi> Er muß es<lb/> alſo für Gold ausgegeben haben.<lb/> (Vgl. unten § 138). — <hi rendition="#aq">Vestimenta<lb/> interpola</hi> ſind getragene, aufge-<lb/> putzte, ausgebeſſerte Kleider, die<lb/> dabey noch gut ausſehen können,<lb/> ja wohl müſſen, wenn ihre Ver-<lb/> wechslung mit neuen möglich ſeyn<lb/> ſoll. Ganz unrichtig behauptet<lb/><hi rendition="#g">Richelmann</hi> S. 160, die Eigen-<lb/> ſchaft alter Kleider ſey wie <hi rendition="#aq">vitium</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">morbus,</hi> und gebe daher An-<lb/> laß zu den ädiliciſchen Klagen.<lb/> Ihn täuſchen die Worte in <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 37<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">de aedil. ed.</hi> „idcirco <hi rendition="#i">interpo-<lb/> lant</hi> veteratores et pro novi-<lb/> ciis vendunt.”</hi> Dieſes heißt aber,<lb/> die Verkäufer betrügen dadurch,<lb/> daß ſie den <hi rendition="#aq">veterator</hi> unter <hi rendition="#aq">no-<lb/> vicii</hi> <hi rendition="#g">unterſtecken</hi>, wodurch er<lb/> ſelbſt als <hi rendition="#aq">novicius</hi> angeſehen wird.<lb/> Der Verkauf des <hi rendition="#aq">veterator</hi> ohne<lb/> Anzeige war von den Ädilen na-<lb/> mentlich verboten; mit der Aus-<lb/> dehnung des Edicts auf nicht na-<lb/> mentlich erwähnte Fälle verfuhr<lb/> man vorſichtig, ſtets nach der<lb/> Analogie von <hi rendition="#aq">vitium</hi> und <hi rendition="#aq">mor-<lb/> bus,</hi> wie <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 49 <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">eod.</hi></hi> zeigt.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [286/0298]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
der eine genauere Betrachtung bedarf: bey hölzernen Haus-
geräthen, wenn über die Holzart geirrt wird. Daß auch
dieſe auf den Preis Einfluß haben kann, wird Niemand
läugnen, aber zu einer andern Art von Waare werden
dadurch die Möbeln nicht, beſonders wenn das feinere
Holz ſo täuſchend durch Politur nachgeahmt iſt, daß eine
Verwechslung möglich wird. Der Unterſchied von edlen
Metallen iſt augenſcheinlich, da die Bearbeitung des gerin-
geren und des edleren Holzes von demſelben Gewerbe be-
ſorgt wird, und da nach zerſtörter Form die übrig blei-
benden Holzſtücke bey feinem und geringerem Holz gleich
werthlos zu ſeyn pflegen. So ſteht es nach allgemeiner
Betrachtung, wovon die meiſten Schriftſteller das Gegen-
theil annehmen, theils durch die ſcheinbare Ähnlichkeit der
edlen Metalle, theils durch den abſtracten Begriff der
Stoffsverſchiedenheit irre geführt. Alles aber kommt auf
die Erklärung folgender Stelle an. L. 21 § 2 de act.
(s)
(s) worin es ausdrücklich heißt: au-
rum quod vendidit. Er muß es
alſo für Gold ausgegeben haben.
(Vgl. unten § 138). — Vestimenta
interpola ſind getragene, aufge-
putzte, ausgebeſſerte Kleider, die
dabey noch gut ausſehen können,
ja wohl müſſen, wenn ihre Ver-
wechslung mit neuen möglich ſeyn
ſoll. Ganz unrichtig behauptet
Richelmann S. 160, die Eigen-
ſchaft alter Kleider ſey wie vitium
und morbus, und gebe daher An-
laß zu den ädiliciſchen Klagen.
Ihn täuſchen die Worte in L. 37
de aedil. ed. „idcirco interpo-
lant veteratores et pro novi-
ciis vendunt.” Dieſes heißt aber,
die Verkäufer betrügen dadurch,
daß ſie den veterator unter no-
vicii unterſtecken, wodurch er
ſelbſt als novicius angeſehen wird.
Der Verkauf des veterator ohne
Anzeige war von den Ädilen na-
mentlich verboten; mit der Aus-
dehnung des Edicts auf nicht na-
mentlich erwähnte Fälle verfuhr
man vorſichtig, ſtets nach der
Analogie von vitium und mor-
bus, wie L. 49 eod. zeigt.
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