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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
dem Wege war, künftig in einen wahren Willen über-
zugehen (b).

Dieselben Worte, welche gewöhnlich bey einem Rechts-
geschäft angewendet werden, können zum Scherz gebraucht
seyn, oder als Übung bey dem Unterricht in einer Sprache
oder im Recht (c), oder bey einer dramatischen Darstellung.

Sie können ferner gebraucht seyn bey einem wirklichen
Rechtsgeschäft, aber in einer blos symbolischen Bedeu-
tung, so daß der unmittelbare Wortsinn ganz unwirksam
bleibt. So erhielt bey dem Römischen Testament der fa-
miliae emtor
keine Rechte (d). Die Worte eines Kauf-
contracts wurden bey der Mancipation, und in manchen
anderen Fällen (e), blos symbolisch gebraucht, und bey ei-
ner älteren Form der Vindication wurde eine sponsio prae-
judicialis
von Fünf und Zwanzig Sesterzen geschlossen, die

(b) L. 24 de test. mil. (29. 1.).
Soldaten können bekanntlich ohne
alle Form testiren. Darüber heißt
es hier: "Id privilegium sic in-
telligi debet ... ut utique prius
constare debeat, testamentum
factum esse ... Ceterum si, ut
plerumque sermonibus fieri so-
let, dixit alicui, Ego te here-
dem facio
: aut, Tibi bona mea
relinquo:
non oportet hoc pro
testamento observari ... et per
hoc judicia vera subvertuntur."

Hier, wie in den übrigen Fällen
dieser Art, kommt es theils auf
die Auslegung der Worte an
(§ 131), theils auf den Zusam-
menhang derselben mit allen um-
gebenden Ereignissen.
(c) L. 3 § 2 de V. O. (45. 1.).
"Verborum quoque obligatio
constat, si inter contrahentes
id agatur: nec enim, si per jo-
cum puta, vel demonstrandi in-
tellectus causa, ego tibi dixero:
Spondes? et tu responderis,
Spondeo: nascetur obligatio.

War es so bey der Stipulation,
wie viel mehr bey anderen Con-
tracten, in welchen der Buch-
stabe weit mehr der Absicht un-
tergeordnet blieb.
(d) Gajus II. § 103.
(e) Gajus II. § 252, L. 66 de
j. dot.
(23. 3.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
dem Wege war, künftig in einen wahren Willen über-
zugehen (b).

Dieſelben Worte, welche gewöhnlich bey einem Rechts-
geſchäft angewendet werden, können zum Scherz gebraucht
ſeyn, oder als Übung bey dem Unterricht in einer Sprache
oder im Recht (c), oder bey einer dramatiſchen Darſtellung.

Sie können ferner gebraucht ſeyn bey einem wirklichen
Rechtsgeſchäft, aber in einer blos ſymboliſchen Bedeu-
tung, ſo daß der unmittelbare Wortſinn ganz unwirkſam
bleibt. So erhielt bey dem Römiſchen Teſtament der fa-
miliae emtor
keine Rechte (d). Die Worte eines Kauf-
contracts wurden bey der Mancipation, und in manchen
anderen Fällen (e), blos ſymboliſch gebraucht, und bey ei-
ner älteren Form der Vindication wurde eine sponsio prae-
judicialis
von Fünf und Zwanzig Seſterzen geſchloſſen, die

(b) L. 24 de test. mil. (29. 1.).
Soldaten können bekanntlich ohne
alle Form teſtiren. Darüber heißt
es hier: „Id privilegium sic in-
telligi debet … ut utique prius
constare debeat, testamentum
factum esse … Ceterum si, ut
plerumque sermonibus fieri so-
let, dixit alicui, Ego te here-
dem facio
: aut, Tibi bona mea
relinquo:
non oportet hoc pro
testamento observari … et per
hoc judicia vera subvertuntur.”

Hier, wie in den übrigen Fällen
dieſer Art, kommt es theils auf
die Auslegung der Worte an
(§ 131), theils auf den Zuſam-
menhang derſelben mit allen um-
gebenden Ereigniſſen.
(c) L. 3 § 2 de V. O. (45. 1.).
„Verborum quoque obligatio
constat, si inter contrahentes
id agatur: nec enim, si per jo-
cum puta, vel demonstrandi in-
tellectus causa, ego tibi dixero:
Spondes? et tu responderis,
Spondeo: nascetur obligatio.

War es ſo bey der Stipulation,
wie viel mehr bey anderen Con-
tracten, in welchen der Buch-
ſtabe weit mehr der Abſicht un-
tergeordnet blieb.
(d) Gajus II. § 103.
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[260/0272] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. dem Wege war, künftig in einen wahren Willen über- zugehen (b). Dieſelben Worte, welche gewöhnlich bey einem Rechts- geſchäft angewendet werden, können zum Scherz gebraucht ſeyn, oder als Übung bey dem Unterricht in einer Sprache oder im Recht (c), oder bey einer dramatiſchen Darſtellung. Sie können ferner gebraucht ſeyn bey einem wirklichen Rechtsgeſchäft, aber in einer blos ſymboliſchen Bedeu- tung, ſo daß der unmittelbare Wortſinn ganz unwirkſam bleibt. So erhielt bey dem Römiſchen Teſtament der fa- miliae emtor keine Rechte (d). Die Worte eines Kauf- contracts wurden bey der Mancipation, und in manchen anderen Fällen (e), blos ſymboliſch gebraucht, und bey ei- ner älteren Form der Vindication wurde eine sponsio prae- judicialis von Fünf und Zwanzig Seſterzen geſchloſſen, die (b) L. 24 de test. mil. (29. 1.). Soldaten können bekanntlich ohne alle Form teſtiren. Darüber heißt es hier: „Id privilegium sic in- telligi debet … ut utique prius constare debeat, testamentum factum esse … Ceterum si, ut plerumque sermonibus fieri so- let, dixit alicui, Ego te here- dem facio: aut, Tibi bona mea relinquo: non oportet hoc pro testamento observari … et per hoc judicia vera subvertuntur.” Hier, wie in den übrigen Fällen dieſer Art, kommt es theils auf die Auslegung der Worte an (§ 131), theils auf den Zuſam- menhang derſelben mit allen um- gebenden Ereigniſſen. (c) L. 3 § 2 de V. O. (45. 1.). „Verborum quoque obligatio constat, si inter contrahentes id agatur: nec enim, si per jo- cum puta, vel demonstrandi in- tellectus causa, ego tibi dixero: Spondes? et tu responderis, Spondeo: nascetur obligatio. War es ſo bey der Stipulation, wie viel mehr bey anderen Con- tracten, in welchen der Buch- ſtabe weit mehr der Abſicht un- tergeordnet blieb. (d) Gajus II. § 103. (e) Gajus II. § 252, L. 66 de j. dot. (23. 3.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/272>, abgerufen am 24.11.2024.