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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
nun war es blos ein Fehler in der Form, wenn jener
Rückfall an den Erben nicht statt fand, da ihn der Testa-
tor durch die für Fideicommisse eingeführten Ausdrücke un-
bedenklich bewirken konnte. Daher war es ganz conse-
quent, daß Justinian verordnete, ein solcher Formfehler
solle niemals schaden, indem ein solches Legat immer so
ausgelegt werden sollte, als wäre, für den Fall der Be-
dingung oder für den bestimmten Tag, die Rückgabe an
den Erben als Fideicommiß auferlegt (e).

C. Auch Verträge sollten nicht so eingerichtet werden,
daß die Obligation durch Bedingung oder Zeit zu wirken
aufhörte, und auch diese Regel war in denselben zwey
Bedeutungen anzuwenden, welche schon bey den Legaten
erklärt worden sind.

1) Versprach also Jemand eine Zahlung dergestalt,
daß die Klage zwar zunächst wirksam seyn, mit dem Ein-
tritt einer Bedingung oder eines bestimmten Tages aber
(wie durch eine Art von Verjährung) wegfallen sollte, so
war dennoch die Klage auch nach jenem Zeitpunkt gültig;
diese buchstäbliche, die Absicht verletzende, Strenge wurde
jedoch späterhin gemildert durch Zulassung einer doli oder
pacti exceptio (f).


(e) L. 26 C. de leg atis (6. 37.),
welche gewiß eben sowohl auf Re-
solutivbedingung, als auf dies,
geht. Vgl. Sell S. 258. --
Hier also, wie auch anderwärts,
ist Justinian, in der Beseitigung
formeller Schwierigkeiten des äl-
teren Rechts, bey Legaten weiter
gegangen als bey der Erbein-
setzung; und nicht ohne Grund.
(f) Für die obligatio ad diem
sagt dieses § 3 J. de V. O. (3. 15.),
L. 56 § 4 de V. O. (45. 1.),
L. 44 § 1 de O. et A.
(44. 7.),

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
nun war es blos ein Fehler in der Form, wenn jener
Rückfall an den Erben nicht ſtatt fand, da ihn der Teſta-
tor durch die für Fideicommiſſe eingeführten Ausdrücke un-
bedenklich bewirken konnte. Daher war es ganz conſe-
quent, daß Juſtinian verordnete, ein ſolcher Formfehler
ſolle niemals ſchaden, indem ein ſolches Legat immer ſo
ausgelegt werden ſollte, als wäre, für den Fall der Be-
dingung oder für den beſtimmten Tag, die Rückgabe an
den Erben als Fideicommiß auferlegt (e).

C. Auch Verträge ſollten nicht ſo eingerichtet werden,
daß die Obligation durch Bedingung oder Zeit zu wirken
aufhörte, und auch dieſe Regel war in denſelben zwey
Bedeutungen anzuwenden, welche ſchon bey den Legaten
erklärt worden ſind.

1) Verſprach alſo Jemand eine Zahlung dergeſtalt,
daß die Klage zwar zunächſt wirkſam ſeyn, mit dem Ein-
tritt einer Bedingung oder eines beſtimmten Tages aber
(wie durch eine Art von Verjährung) wegfallen ſollte, ſo
war dennoch die Klage auch nach jenem Zeitpunkt gültig;
dieſe buchſtäbliche, die Abſicht verletzende, Strenge wurde
jedoch ſpäterhin gemildert durch Zulaſſung einer doli oder
pacti exceptio (f).


(e) L. 26 C. de leg atis (6. 37.),
welche gewiß eben ſowohl auf Re-
ſolutivbedingung, als auf dies,
geht. Vgl. Sell S. 258. —
Hier alſo, wie auch anderwärts,
iſt Juſtinian, in der Beſeitigung
formeller Schwierigkeiten des äl-
teren Rechts, bey Legaten weiter
gegangen als bey der Erbein-
ſetzung; und nicht ohne Grund.
(f) Für die obligatio ad diem
ſagt dieſes § 3 J. de V. O. (3. 15.),
L. 56 § 4 de V. O. (45. 1.),
L. 44 § 1 de O. et A.
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[220/0232] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. nun war es blos ein Fehler in der Form, wenn jener Rückfall an den Erben nicht ſtatt fand, da ihn der Teſta- tor durch die für Fideicommiſſe eingeführten Ausdrücke un- bedenklich bewirken konnte. Daher war es ganz conſe- quent, daß Juſtinian verordnete, ein ſolcher Formfehler ſolle niemals ſchaden, indem ein ſolches Legat immer ſo ausgelegt werden ſollte, als wäre, für den Fall der Be- dingung oder für den beſtimmten Tag, die Rückgabe an den Erben als Fideicommiß auferlegt (e). C. Auch Verträge ſollten nicht ſo eingerichtet werden, daß die Obligation durch Bedingung oder Zeit zu wirken aufhörte, und auch dieſe Regel war in denſelben zwey Bedeutungen anzuwenden, welche ſchon bey den Legaten erklärt worden ſind. 1) Verſprach alſo Jemand eine Zahlung dergeſtalt, daß die Klage zwar zunächſt wirkſam ſeyn, mit dem Ein- tritt einer Bedingung oder eines beſtimmten Tages aber (wie durch eine Art von Verjährung) wegfallen ſollte, ſo war dennoch die Klage auch nach jenem Zeitpunkt gültig; dieſe buchſtäbliche, die Abſicht verletzende, Strenge wurde jedoch ſpäterhin gemildert durch Zulaſſung einer doli oder pacti exceptio (f). (e) L. 26 C. de leg atis (6. 37.), welche gewiß eben ſowohl auf Re- ſolutivbedingung, als auf dies, geht. Vgl. Sell S. 258. — Hier alſo, wie auch anderwärts, iſt Juſtinian, in der Beſeitigung formeller Schwierigkeiten des äl- teren Rechts, bey Legaten weiter gegangen als bey der Erbein- ſetzung; und nicht ohne Grund. (f) Für die obligatio ad diem ſagt dieſes § 3 J. de V. O. (3. 15.), L. 56 § 4 de V. O. (45. 1.), L. 44 § 1 de O. et A. (44. 7.),

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/232>, abgerufen am 06.05.2024.