nisses gerichtete Bedingung (n). Jeder dieser Entschlüsse nämlich ist an sich selbst bloße Gewissenssache, und von dem Standpunkt des Rechts aus tadellos. Allein der Einfluß von Gewinn und Verlust auf diese innerste An- gelegenheit des Menschen ist gewiß in hohem Grade be- denklich, und wir verfahren daher ganz im Sinn der vom Römischen Recht für andere Fälle aufgestellten Grundsätze, wenn wir diese Bedingung als unsittlich behandeln, so daß durch die Aufnahme derselben der Vertrag selbst un- gültig, die testamentarische Verfügung dagegen unbe- dingt wird.
Die bisher dargestellten Fälle hatten die gewöhnliche Wirkung unsittlicher Bedingungen überhaupt (§ 122). Die folgenden weichen davon in verschiedener Weise ab; diese beziehen sich insgesammt nur auf testamentarische Verfü- gungen, nicht auf Verträge.
V. Conditio jurisjurandi, das heißt die Bedingung, daß der ernannte Erbe oder Legatar irgend eine künftige Leistung (Geben oder Thun) zuvor eidlich verspreche. Be- trachten wir zuerst, was geschehen würde, wenn diese Be- dingung nicht untersagt worden wäre. Der Eid müßte geschworen werden, dann wäre die Bedingung vollkom- men erfüllt, und von einer weiteren juristischen Folge
(n)Sell S. 142, wo diese Frage sehr befriedigend behandelt ist. Später hat sich Vangerow Pandekten I. 110 für die unbe- schränkte Zulässigkeit dieser Be- dingung erklärt.
§. 123. Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.)
niſſes gerichtete Bedingung (n). Jeder dieſer Entſchlüſſe nämlich iſt an ſich ſelbſt bloße Gewiſſensſache, und von dem Standpunkt des Rechts aus tadellos. Allein der Einfluß von Gewinn und Verluſt auf dieſe innerſte An- gelegenheit des Menſchen iſt gewiß in hohem Grade be- denklich, und wir verfahren daher ganz im Sinn der vom Roͤmiſchen Recht für andere Fälle aufgeſtellten Grundſätze, wenn wir dieſe Bedingung als unſittlich behandeln, ſo daß durch die Aufnahme derſelben der Vertrag ſelbſt un- gültig, die teſtamentariſche Verfügung dagegen unbe- dingt wird.
Die bisher dargeſtellten Fälle hatten die gewöhnliche Wirkung unſittlicher Bedingungen überhaupt (§ 122). Die folgenden weichen davon in verſchiedener Weiſe ab; dieſe beziehen ſich insgeſammt nur auf teſtamentariſche Verfü- gungen, nicht auf Verträge.
V. Conditio jurisjurandi, das heißt die Bedingung, daß der ernannte Erbe oder Legatar irgend eine künftige Leiſtung (Geben oder Thun) zuvor eidlich verſpreche. Be- trachten wir zuerſt, was geſchehen würde, wenn dieſe Be- dingung nicht unterſagt worden wäre. Der Eid müßte geſchworen werden, dann wäre die Bedingung vollkom- men erfüllt, und von einer weiteren juriſtiſchen Folge
(n)Sell S. 142, wo dieſe Frage ſehr befriedigend behandelt iſt. Später hat ſich Vangerow Pandekten I. 110 für die unbe- ſchränkte Zuläſſigkeit dieſer Be- dingung erklärt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0197"n="185"/><fwplace="top"type="header">§. 123. Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.)</fw><lb/>
niſſes gerichtete Bedingung <noteplace="foot"n="(n)"><hirendition="#g">Sell</hi> S. 142, wo dieſe<lb/>
Frage ſehr befriedigend behandelt<lb/>
iſt. Später hat ſich <hirendition="#g">Vangerow</hi><lb/>
Pandekten <hirendition="#aq">I.</hi> 110 für die unbe-<lb/>ſchränkte Zuläſſigkeit dieſer Be-<lb/>
dingung erklärt.</note>. Jeder dieſer Entſchlüſſe<lb/>
nämlich iſt an ſich ſelbſt bloße Gewiſſensſache, und von<lb/>
dem Standpunkt des Rechts aus tadellos. Allein der<lb/>
Einfluß von Gewinn und Verluſt auf dieſe innerſte An-<lb/>
gelegenheit des Menſchen iſt gewiß in hohem Grade be-<lb/>
denklich, und wir verfahren daher ganz im Sinn der vom<lb/>
Roͤmiſchen Recht für andere Fälle aufgeſtellten Grundſätze,<lb/>
wenn wir dieſe Bedingung als unſittlich behandeln, ſo<lb/>
daß durch die Aufnahme derſelben der Vertrag ſelbſt un-<lb/>
gültig, die teſtamentariſche Verfügung dagegen unbe-<lb/>
dingt wird.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Die bisher dargeſtellten Fälle hatten die gewöhnliche<lb/>
Wirkung unſittlicher Bedingungen überhaupt (§ 122). Die<lb/>
folgenden weichen davon in verſchiedener Weiſe ab; dieſe<lb/>
beziehen ſich insgeſammt nur auf teſtamentariſche Verfü-<lb/>
gungen, nicht auf Verträge.</p><lb/><p><hirendition="#aq">V. Conditio jurisjurandi,</hi> das heißt die Bedingung,<lb/>
daß der ernannte Erbe oder Legatar irgend eine künftige<lb/>
Leiſtung (Geben oder Thun) zuvor eidlich verſpreche. Be-<lb/>
trachten wir zuerſt, was geſchehen würde, wenn dieſe Be-<lb/>
dingung nicht unterſagt worden wäre. Der Eid müßte<lb/>
geſchworen werden, dann wäre die Bedingung vollkom-<lb/>
men erfüllt, und von einer weiteren juriſtiſchen Folge<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[185/0197]
§. 123. Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.)
niſſes gerichtete Bedingung (n). Jeder dieſer Entſchlüſſe
nämlich iſt an ſich ſelbſt bloße Gewiſſensſache, und von
dem Standpunkt des Rechts aus tadellos. Allein der
Einfluß von Gewinn und Verluſt auf dieſe innerſte An-
gelegenheit des Menſchen iſt gewiß in hohem Grade be-
denklich, und wir verfahren daher ganz im Sinn der vom
Roͤmiſchen Recht für andere Fälle aufgeſtellten Grundſätze,
wenn wir dieſe Bedingung als unſittlich behandeln, ſo
daß durch die Aufnahme derſelben der Vertrag ſelbſt un-
gültig, die teſtamentariſche Verfügung dagegen unbe-
dingt wird.
Die bisher dargeſtellten Fälle hatten die gewöhnliche
Wirkung unſittlicher Bedingungen überhaupt (§ 122). Die
folgenden weichen davon in verſchiedener Weiſe ab; dieſe
beziehen ſich insgeſammt nur auf teſtamentariſche Verfü-
gungen, nicht auf Verträge.
V. Conditio jurisjurandi, das heißt die Bedingung,
daß der ernannte Erbe oder Legatar irgend eine künftige
Leiſtung (Geben oder Thun) zuvor eidlich verſpreche. Be-
trachten wir zuerſt, was geſchehen würde, wenn dieſe Be-
dingung nicht unterſagt worden wäre. Der Eid müßte
geſchworen werden, dann wäre die Bedingung vollkom-
men erfüllt, und von einer weiteren juriſtiſchen Folge
(n) Sell S. 142, wo dieſe
Frage ſehr befriedigend behandelt
iſt. Später hat ſich Vangerow
Pandekten I. 110 für die unbe-
ſchränkte Zuläſſigkeit dieſer Be-
dingung erklärt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/197>, abgerufen am 24.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.