Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. wäre nicht die Rede. Die Vollziehung der angelobtenHandlung selbst bliebe dem Gewissen überlassen, ein Rechts- schutz bestände dafür nicht, weil sich der Testator blos an das Gewissen wenden wollte, anstatt daß es bey ihm ge- standen hätte, nicht den Eid auf die Handlung, sondern die Handlung selbst, als Bedingung auszudrücken (o). -- Daß nun dieses so geschehe, hat das Prätorische Edict untersagt, und zwar aus folgender Erwägung. Leichtsin- nige Menschen würden den Eid schwören, und dann un- erfüllt lassen; damit wäre die Religion verhöhnt, die Er- wartung des Testators getäuscht, und die unwürdigste Ge- sinnung führte zu einem unverdienten Gewinn. Andere würden aus übertriebener Angstlichkeit lieber Alles aus- schlagen, um nur nicht schwören zu müssen (p), und auch (o) So sagt es wörtlich Ulpian in L. 8 pr. de cond. inst. (28. 7.), am Schluß dieser Stelle. Es ist also ganz irrig, wenn Manche annehmen, nach dem Inhalt des Testaments bestehe eine doppelte, rechtlich geschützte Verpflichtung, erstlich zu schwören, und zwey- tens die Handlung selbst zu ver- richten. Thibaut Pandekten § 954 Num. III. Sell S. 235. -- Die zweyte Verpflichtung ist nach dem Testament gar nicht vor- handen, und entsteht erst durch die künstliche Verwandlung, wo- von sogleich die Rede seyn wird. (p) So erklärt es Ulpian in
L. 8 pr. de cond. inst. (28. 7.), und diese Äußerung wird von Walch opusc. I. 188 aus dem un- begreiflichen Misverständniß be- stritten, als ob Ulpian läugnen wollte, daß es auch noch eine dritte Klasse gebe, nämlich Menschen von verständiger Religiosität, die un- bedenklich schwören, dann aber auch den Eid gewissenhaft erfül- len werden. Die Meynung ist aber die: wären alle Menschen verständig und religiös, so wäre die conditio jurisjurandi unbe- denklich, da aber auch jene beiden Klassen existiren, und der Hono- rirte eben so wohl zu diesen, als zu den verständig Gewissenhaften gehören kann, so ist die Bedin- gung nicht zuzulassen. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. wäre nicht die Rede. Die Vollziehung der angelobtenHandlung ſelbſt bliebe dem Gewiſſen überlaſſen, ein Rechts- ſchutz beſtände dafür nicht, weil ſich der Teſtator blos an das Gewiſſen wenden wollte, anſtatt daß es bey ihm ge- ſtanden hätte, nicht den Eid auf die Handlung, ſondern die Handlung ſelbſt, als Bedingung auszudrücken (o). — Daß nun dieſes ſo geſchehe, hat das Prätoriſche Edict unterſagt, und zwar aus folgender Erwägung. Leichtſin- nige Menſchen würden den Eid ſchwören, und dann un- erfüllt laſſen; damit wäre die Religion verhöhnt, die Er- wartung des Teſtators getäuſcht, und die unwürdigſte Ge- ſinnung führte zu einem unverdienten Gewinn. Andere würden aus übertriebener Angſtlichkeit lieber Alles aus- ſchlagen, um nur nicht ſchwören zu müſſen (p), und auch (o) So ſagt es wörtlich Ulpian in L. 8 pr. de cond. inst. (28. 7.), am Schluß dieſer Stelle. Es iſt alſo ganz irrig, wenn Manche annehmen, nach dem Inhalt des Teſtaments beſtehe eine doppelte, rechtlich geſchützte Verpflichtung, erſtlich zu ſchwören, und zwey- tens die Handlung ſelbſt zu ver- richten. Thibaut Pandekten § 954 Num. III. Sell S. 235. — Die zweyte Verpflichtung iſt nach dem Teſtament gar nicht vor- handen, und entſteht erſt durch die künſtliche Verwandlung, wo- von ſogleich die Rede ſeyn wird. (p) So erklärt es Ulpian in
L. 8 pr. de cond. inst. (28. 7.), und dieſe Äußerung wird von Walch opusc. I. 188 aus dem un- begreiflichen Misverſtändniß be- ſtritten, als ob Ulpian läugnen wollte, daß es auch noch eine dritte Klaſſe gebe, nämlich Menſchen von verſtändiger Religioſität, die un- bedenklich ſchwören, dann aber auch den Eid gewiſſenhaft erfül- len werden. Die Meynung iſt aber die: wären alle Menſchen verſtändig und religiös, ſo wäre die conditio jurisjurandi unbe- denklich, da aber auch jene beiden Klaſſen exiſtiren, und der Hono- rirte eben ſo wohl zu dieſen, als zu den verſtändig Gewiſſenhaften gehören kann, ſo iſt die Bedin- gung nicht zuzulaſſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0198" n="186"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> wäre nicht die Rede. Die Vollziehung der angelobten<lb/> Handlung ſelbſt bliebe dem Gewiſſen überlaſſen, ein Rechts-<lb/> ſchutz beſtände dafür nicht, weil ſich der Teſtator blos an<lb/> das Gewiſſen wenden wollte, anſtatt daß es bey ihm ge-<lb/> ſtanden hätte, nicht den Eid auf die Handlung, ſondern<lb/> die Handlung ſelbſt, als Bedingung auszudrücken <note place="foot" n="(o)">So ſagt es wörtlich Ulpian<lb/> in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 8 <hi rendition="#i">pr. de cond. inst.</hi> (28.<lb/> 7.),</hi> am Schluß dieſer Stelle. Es<lb/> iſt alſo ganz irrig, wenn Manche<lb/> annehmen, nach dem Inhalt des<lb/> Teſtaments beſtehe eine doppelte,<lb/> rechtlich geſchützte Verpflichtung,<lb/> erſtlich zu ſchwören, und zwey-<lb/> tens die Handlung ſelbſt zu ver-<lb/> richten. <hi rendition="#g">Thibaut</hi> Pandekten<lb/> § 954 Num. <hi rendition="#aq">III.</hi> <hi rendition="#g">Sell</hi> S. 235.<lb/> — Die zweyte Verpflichtung iſt<lb/> nach dem Teſtament gar nicht vor-<lb/> handen, und entſteht erſt durch<lb/> die künſtliche Verwandlung, wo-<lb/> von ſogleich die Rede ſeyn wird.</note>. —<lb/> Daß nun dieſes ſo geſchehe, hat das Prätoriſche Edict<lb/> unterſagt, und zwar aus folgender Erwägung. Leichtſin-<lb/> nige Menſchen würden den Eid ſchwören, und dann un-<lb/> erfüllt laſſen; damit wäre die Religion verhöhnt, die Er-<lb/> wartung des Teſtators getäuſcht, und die unwürdigſte Ge-<lb/> ſinnung führte zu einem unverdienten Gewinn. Andere<lb/> würden aus übertriebener Angſtlichkeit lieber Alles aus-<lb/> ſchlagen, um nur nicht ſchwören zu müſſen <note place="foot" n="(p)">So erklärt es Ulpian in<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 8 <hi rendition="#i">pr. de cond. inst.</hi> (28. 7.),</hi><lb/> und dieſe Äußerung wird von<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Walch</hi> opusc. I.</hi> 188 aus dem un-<lb/> begreiflichen Misverſtändniß be-<lb/> ſtritten, als ob Ulpian läugnen<lb/> wollte, daß es auch noch eine dritte<lb/> Klaſſe gebe, nämlich Menſchen von<lb/> verſtändiger Religioſität, die un-<lb/> bedenklich ſchwören, dann aber<lb/> auch den Eid gewiſſenhaft erfül-<lb/> len werden. Die Meynung iſt<lb/> aber die: wären alle Menſchen<lb/> verſtändig und religiös, ſo wäre<lb/> die <hi rendition="#aq">conditio jurisjurandi</hi> unbe-<lb/> denklich, da aber auch jene beiden<lb/> Klaſſen exiſtiren, und der Hono-<lb/> rirte eben ſo wohl zu dieſen, als<lb/> zu den verſtändig Gewiſſenhaften<lb/> gehören kann, ſo iſt die Bedin-<lb/> gung nicht zuzulaſſen.</note>, und auch<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [186/0198]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
wäre nicht die Rede. Die Vollziehung der angelobten
Handlung ſelbſt bliebe dem Gewiſſen überlaſſen, ein Rechts-
ſchutz beſtände dafür nicht, weil ſich der Teſtator blos an
das Gewiſſen wenden wollte, anſtatt daß es bey ihm ge-
ſtanden hätte, nicht den Eid auf die Handlung, ſondern
die Handlung ſelbſt, als Bedingung auszudrücken (o). —
Daß nun dieſes ſo geſchehe, hat das Prätoriſche Edict
unterſagt, und zwar aus folgender Erwägung. Leichtſin-
nige Menſchen würden den Eid ſchwören, und dann un-
erfüllt laſſen; damit wäre die Religion verhöhnt, die Er-
wartung des Teſtators getäuſcht, und die unwürdigſte Ge-
ſinnung führte zu einem unverdienten Gewinn. Andere
würden aus übertriebener Angſtlichkeit lieber Alles aus-
ſchlagen, um nur nicht ſchwören zu müſſen (p), und auch
(o) So ſagt es wörtlich Ulpian
in L. 8 pr. de cond. inst. (28.
7.), am Schluß dieſer Stelle. Es
iſt alſo ganz irrig, wenn Manche
annehmen, nach dem Inhalt des
Teſtaments beſtehe eine doppelte,
rechtlich geſchützte Verpflichtung,
erſtlich zu ſchwören, und zwey-
tens die Handlung ſelbſt zu ver-
richten. Thibaut Pandekten
§ 954 Num. III. Sell S. 235.
— Die zweyte Verpflichtung iſt
nach dem Teſtament gar nicht vor-
handen, und entſteht erſt durch
die künſtliche Verwandlung, wo-
von ſogleich die Rede ſeyn wird.
(p) So erklärt es Ulpian in
L. 8 pr. de cond. inst. (28. 7.),
und dieſe Äußerung wird von
Walch opusc. I. 188 aus dem un-
begreiflichen Misverſtändniß be-
ſtritten, als ob Ulpian läugnen
wollte, daß es auch noch eine dritte
Klaſſe gebe, nämlich Menſchen von
verſtändiger Religioſität, die un-
bedenklich ſchwören, dann aber
auch den Eid gewiſſenhaft erfül-
len werden. Die Meynung iſt
aber die: wären alle Menſchen
verſtändig und religiös, ſo wäre
die conditio jurisjurandi unbe-
denklich, da aber auch jene beiden
Klaſſen exiſtiren, und der Hono-
rirte eben ſo wohl zu dieſen, als
zu den verſtändig Gewiſſenhaften
gehören kann, ſo iſt die Bedin-
gung nicht zuzulaſſen.
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