in jedem Fall noch allerley hinzugedacht werden muß, was die Urheber der Definition gewiß auch dachten, und nur zu sagen unterlassen haben. So erfahren wir also an die- ser Definition der alten Juristen Dasselbe, wie an vielen anderen, daß wir dadurch nicht viel weiter kommen.
Halten wir uns zunächst an den bloßen Wortlaut, so scheinen zwey Bestandtheile in jenem Rechtsbegriff erwar- tet werden zu müssen: erstlich eine Veränderung in dem Zustand einer Person, und zweytens eine solche Ver- änderung, welche der Person zum Nachtheil gereicht. Dieses erinnert aber sogleich an die eine Hälfte der im Anfang des gegenwärtigen §. erwähnten Veränderungen, nämlich an die Degradationen in Beziehung auf Rechtsfähigkeit. Und diese Vermuthung erhält wei- ter einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit durch die Wahrnehmung, daß es eben so eine dreyfache capitis de- minutio giebt, wie wir oben eine dreyfache Einschränkung der Rechtsfähigkeit fanden. Dann wäre überhaupt unter capitis deminutio zu denken eine jede Verminderung der Rechtsfähigkeit, und zwar nach den drey möglichen Grün- den solcher Verminderungen, in Beziehung auf Freyheit, Civität, Unabhängigkeit, also in Vergleichung mit der am Schluß des § 67 aufgestellten Tabelle. Noch immer aber bleibt diese Annahme eine blos wahrscheinliche, und ihre
mutatio ist an sich unbedeutend; übrigens herrscht bey mehreren der angeführten Stellen wiederum die größte Verschiedenheit in der Leseart der Handschriften: am meisten in der Stelle der Insti- tutionen.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
in jedem Fall noch allerley hinzugedacht werden muß, was die Urheber der Definition gewiß auch dachten, und nur zu ſagen unterlaſſen haben. So erfahren wir alſo an die- ſer Definition der alten Juriſten Daſſelbe, wie an vielen anderen, daß wir dadurch nicht viel weiter kommen.
Halten wir uns zunächſt an den bloßen Wortlaut, ſo ſcheinen zwey Beſtandtheile in jenem Rechtsbegriff erwar- tet werden zu müſſen: erſtlich eine Veränderung in dem Zuſtand einer Perſon, und zweytens eine ſolche Ver- änderung, welche der Perſon zum Nachtheil gereicht. Dieſes erinnert aber ſogleich an die eine Hälfte der im Anfang des gegenwärtigen §. erwähnten Veränderungen, nämlich an die Degradationen in Beziehung auf Rechtsfähigkeit. Und dieſe Vermuthung erhält wei- ter einen hohen Grad von Wahrſcheinlichkeit durch die Wahrnehmung, daß es eben ſo eine dreyfache capitis de- minutio giebt, wie wir oben eine dreyfache Einſchränkung der Rechtsfähigkeit fanden. Dann wäre überhaupt unter capitis deminutio zu denken eine jede Verminderung der Rechtsfähigkeit, und zwar nach den drey möglichen Grün- den ſolcher Verminderungen, in Beziehung auf Freyheit, Civität, Unabhängigkeit, alſo in Vergleichung mit der am Schluß des § 67 aufgeſtellten Tabelle. Noch immer aber bleibt dieſe Annahme eine blos wahrſcheinliche, und ihre
mutatio iſt an ſich unbedeutend; übrigens herrſcht bey mehreren der angeführten Stellen wiederum die größte Verſchiedenheit in der Leſeart der Handſchriften: am meiſten in der Stelle der Inſti- tutionen.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
in jedem Fall noch allerley hinzugedacht werden muß, was
die Urheber der Definition gewiß auch dachten, und nur
zu ſagen unterlaſſen haben. So erfahren wir alſo an die-
ſer Definition der alten Juriſten Daſſelbe, wie an vielen
anderen, daß wir dadurch nicht viel weiter kommen.
Halten wir uns zunächſt an den bloßen Wortlaut, ſo
ſcheinen zwey Beſtandtheile in jenem Rechtsbegriff erwar-
tet werden zu müſſen: erſtlich eine Veränderung in dem
Zuſtand einer Perſon, und zweytens eine ſolche Ver-
änderung, welche der Perſon zum Nachtheil gereicht.
Dieſes erinnert aber ſogleich an die eine Hälfte der im
Anfang des gegenwärtigen §. erwähnten Veränderungen,
nämlich an die Degradationen in Beziehung auf
Rechtsfähigkeit. Und dieſe Vermuthung erhält wei-
ter einen hohen Grad von Wahrſcheinlichkeit durch die
Wahrnehmung, daß es eben ſo eine dreyfache capitis de-
minutio giebt, wie wir oben eine dreyfache Einſchränkung
der Rechtsfähigkeit fanden. Dann wäre überhaupt unter
capitis deminutio zu denken eine jede Verminderung der
Rechtsfähigkeit, und zwar nach den drey möglichen Grün-
den ſolcher Verminderungen, in Beziehung auf Freyheit,
Civität, Unabhängigkeit, alſo in Vergleichung mit der am
Schluß des § 67 aufgeſtellten Tabelle. Noch immer aber
bleibt dieſe Annahme eine blos wahrſcheinliche, und ihre
(b)
(b) mutatio iſt an ſich unbedeutend;
übrigens herrſcht bey mehreren
der angeführten Stellen wiederum
die größte Verſchiedenheit in der
Leſeart der Handſchriften: am
meiſten in der Stelle der Inſti-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/76>, abgerufen am 24.11.2024.
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