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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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§. 68. Dreyfache capitis deminutio.
änderungen auf die Rechtsfähigkeit bedarf keiner neuen
Bestimmungen, ergiebt sich vielmehr aus dem bisher Dar-
gestellten von selbst; so hat z. B. der Sklave, welcher
aus der Freyheit in den Sklavenstand gekommen ist, durch-
aus keine verschiedene Rechtsfähigkeit von dem in der Skla-
verey geborenen.

Indessen findet sich ein uralter Rechtsbegriff unter der
gleichfalls alten Benennung capitis deminutio (a), und es
fragt sich, was darunter zu verstehen sey. Man möchte
glauben, darüber könne kein Zweifel seyn, da die alten
Juristen selbst, in nicht wenigen Stellen, die Erklärung
geben, es sey eine status mutatio (commutatio, permuta-
tio
) (b). Allein damit ist wenig gewonnen, theils weil die
Erklärung von status wieder die größten Schwierigkeiten
macht, theils weil sich erweisen läßt, daß zu der mutatio

(a) In den Handschriften kom-
men zwey Schreibarten vor, de-
minutio
und diminutio. Hugo
erklärt sich entschieden für die
letzte (Rechtsgeschichte S. 121.
Ausg. 11). Für die erste scheint
zu entscheiden die alphabetische
Anordnung bey Festus, worin das
Wort Deminuti zwischen Dema-
gis
und Demoe steht; allein das
beweist Nichts, weil diese strenge
Ordnung erst durch die Heraus-
geber des Festus hervorgebracht
ist, anstatt daß in den Hand-
schriften Alles ziemlich bunt durch
einander geht. Ich habe keinen
Grund zu zweifeln, daß die Al-
ten selbst Beides wirklich geschrie-
ben haben, daß also Beides rich-
tig ist.
(b) pr. J. de cap. dem. (1. 16.).
L. 1 de cap. min.
(4.5.) von Ga-
jus. -- Ulpian. XI. § 13. L. 9
§ 4 de minor.
(4. 4.) von Ulpian.
-- Paulus I. 7 § 2, III. 6 § 29.
L. 2 de in int. rest.
(4. 1.) von
Paulus. -- L. 28 C. de liber.
causa
(7. 16.). -- In allen die-
sen Stellen heißt es status, bey
Gajus I. § 159 ist eine unlesbare
Stelle: prioris ... permutatio,
die auf meinen Vorschlag durch
capitis ausgefüllt worden ist,
weil wenigstens ein p. bemerkt
worden war. -- Der Unterschied
unter mutatio, commutatio, per-

§. 68. Dreyfache capitis deminutio.
änderungen auf die Rechtsfähigkeit bedarf keiner neuen
Beſtimmungen, ergiebt ſich vielmehr aus dem bisher Dar-
geſtellten von ſelbſt; ſo hat z. B. der Sklave, welcher
aus der Freyheit in den Sklavenſtand gekommen iſt, durch-
aus keine verſchiedene Rechtsfähigkeit von dem in der Skla-
verey geborenen.

Indeſſen findet ſich ein uralter Rechtsbegriff unter der
gleichfalls alten Benennung capitis deminutio (a), und es
fragt ſich, was darunter zu verſtehen ſey. Man moͤchte
glauben, darüber könne kein Zweifel ſeyn, da die alten
Juriſten ſelbſt, in nicht wenigen Stellen, die Erklärung
geben, es ſey eine status mutatio (commutatio, permuta-
tio
) (b). Allein damit iſt wenig gewonnen, theils weil die
Erklärung von status wieder die größten Schwierigkeiten
macht, theils weil ſich erweiſen läßt, daß zu der mutatio

(a) In den Handſchriften kom-
men zwey Schreibarten vor, de-
minutio
und diminutio. Hugo
erklärt ſich entſchieden für die
letzte (Rechtsgeſchichte S. 121.
Ausg. 11). Für die erſte ſcheint
zu entſcheiden die alphabetiſche
Anordnung bey Feſtus, worin das
Wort Deminuti zwiſchen Dema-
gis
und Demoe ſteht; allein das
beweiſt Nichts, weil dieſe ſtrenge
Ordnung erſt durch die Heraus-
geber des Feſtus hervorgebracht
iſt, anſtatt daß in den Hand-
ſchriften Alles ziemlich bunt durch
einander geht. Ich habe keinen
Grund zu zweifeln, daß die Al-
ten ſelbſt Beides wirklich geſchrie-
ben haben, daß alſo Beides rich-
tig iſt.
(b) pr. J. de cap. dem. (1. 16.).
L. 1 de cap. min.
(4.5.) von Ga-
jus. — Ulpian. XI. § 13. L. 9
§ 4 de minor.
(4. 4.) von Ulpian.
Paulus I. 7 § 2, III. 6 § 29.
L. 2 de in int. rest.
(4. 1.) von
Paulus. — L. 28 C. de liber.
causa
(7. 16.). — In allen die-
ſen Stellen heißt es status, bey
Gajus I. § 159 iſt eine unlesbare
Stelle: prioris … permutatio,
die auf meinen Vorſchlag durch
capitis ausgefüllt worden iſt,
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worden war. — Der Unterſchied
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[61/0075] §. 68. Dreyfache capitis deminutio. änderungen auf die Rechtsfähigkeit bedarf keiner neuen Beſtimmungen, ergiebt ſich vielmehr aus dem bisher Dar- geſtellten von ſelbſt; ſo hat z. B. der Sklave, welcher aus der Freyheit in den Sklavenſtand gekommen iſt, durch- aus keine verſchiedene Rechtsfähigkeit von dem in der Skla- verey geborenen. Indeſſen findet ſich ein uralter Rechtsbegriff unter der gleichfalls alten Benennung capitis deminutio (a), und es fragt ſich, was darunter zu verſtehen ſey. Man moͤchte glauben, darüber könne kein Zweifel ſeyn, da die alten Juriſten ſelbſt, in nicht wenigen Stellen, die Erklärung geben, es ſey eine status mutatio (commutatio, permuta- tio) (b). Allein damit iſt wenig gewonnen, theils weil die Erklärung von status wieder die größten Schwierigkeiten macht, theils weil ſich erweiſen läßt, daß zu der mutatio (a) In den Handſchriften kom- men zwey Schreibarten vor, de- minutio und diminutio. Hugo erklärt ſich entſchieden für die letzte (Rechtsgeſchichte S. 121. Ausg. 11). Für die erſte ſcheint zu entſcheiden die alphabetiſche Anordnung bey Feſtus, worin das Wort Deminuti zwiſchen Dema- gis und Demoe ſteht; allein das beweiſt Nichts, weil dieſe ſtrenge Ordnung erſt durch die Heraus- geber des Feſtus hervorgebracht iſt, anſtatt daß in den Hand- ſchriften Alles ziemlich bunt durch einander geht. Ich habe keinen Grund zu zweifeln, daß die Al- ten ſelbſt Beides wirklich geſchrie- ben haben, daß alſo Beides rich- tig iſt. (b) pr. J. de cap. dem. (1. 16.). L. 1 de cap. min. (4.5.) von Ga- jus. — Ulpian. XI. § 13. L. 9 § 4 de minor. (4. 4.) von Ulpian. — Paulus I. 7 § 2, III. 6 § 29. L. 2 de in int. rest. (4. 1.) von Paulus. — L. 28 C. de liber. causa (7. 16.). — In allen die- ſen Stellen heißt es status, bey Gajus I. § 159 iſt eine unlesbare Stelle: prioris … permutatio, die auf meinen Vorſchlag durch capitis ausgefüllt worden iſt, weil wenigſtens ein p. bemerkt worden war. — Der Unterſchied unter mutatio, commutatio, per-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/75>, abgerufen am 03.05.2024.