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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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§. 66. Einschränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität.
gab den transpadanischen Städten, ohne neue Colonen
dahin zu schicken, das Recht Latinischer Colonien, aber in
einem anderen und beschränkteren Sinn, als welchen das
alte Recht dieses Namens gehabt hatte; ihre Bürger soll-
ten mit den Römern Commercium haben ohne Connubium:
wer in seiner Vaterstadt eine Magistratur bekleidete, er-
warb dadurch die Römische Civität. Hier hatte also der
Name Latinus eine rein juristische Bedeutung erhalten,
ohne alle Beziehung auf Volksstamm und Wohnsitz, und
das ist die Latinität, die von den klassischen Juristen als
Mittelstufe, oder als zweyter Stand der freyen Einwoh-
ner des Reichs überhaupt, bezeichnet wird, und deren letzte
Spuren erst Justinian aufgehoben hat (m). Zwar hörte
die ursprüngliche Anwendung dieses Rechts auf die Trans-
padaner bald auf, indem dieselben die Civität erhielten:
allein man behielt den Namen und das Rechtsverhältniß
bey, um es anderwärts anzuwenden. So wurde diese

(m) Die Hauptstellen sind:
Asconius in Cicer. in Pisonem
init.
und Gajus I. § 79. 96. III.
§ 56, welche zu dieser sehr scharf-
sinnigen Herleitung der Latinität
benutzt worden sind von Nie-
buhr
Röm. Geschichte B. 2 S. 88
-- 93. Vollständiger ausgeführt
ist diese geschichtliche Herleitung
in meiner Abhandlung über die
Tafel zu Heraklea, Zeitschrift für
geschichtl. Rechtswissenschaft B. 9
S. 312 -- 321. -- Ächte Namen
für jenes Rechtsverhältniß sind
Latium, jus Latii, Latinitas;
Gajus nennt es minus Latium,
im Gegensatz des vortheilhafteren
Rechts, welches die alten Latinen
gehabt hatten. -- Die ältesten siche-
ren Erwähnungen der Latini und
der Latinitas im juristischen, nicht
ethnographischen, Sinn, finden
sich bey Cicero (ad Att. XIV. 12)
und in der Lex Junia Norba-
na;
allein diese letzte giebt kein
sicheres chronologisches Datum,
da die Meynungen der Neueren
über ihr Zeitalter um ein volles
Jahrhundert aus einander gehen.

§. 66. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität.
gab den transpadaniſchen Städten, ohne neue Colonen
dahin zu ſchicken, das Recht Latiniſcher Colonien, aber in
einem anderen und beſchränkteren Sinn, als welchen das
alte Recht dieſes Namens gehabt hatte; ihre Bürger ſoll-
ten mit den Römern Commercium haben ohne Connubium:
wer in ſeiner Vaterſtadt eine Magiſtratur bekleidete, er-
warb dadurch die Römiſche Civität. Hier hatte alſo der
Name Latinus eine rein juriſtiſche Bedeutung erhalten,
ohne alle Beziehung auf Volksſtamm und Wohnſitz, und
das iſt die Latinität, die von den klaſſiſchen Juriſten als
Mittelſtufe, oder als zweyter Stand der freyen Einwoh-
ner des Reichs überhaupt, bezeichnet wird, und deren letzte
Spuren erſt Juſtinian aufgehoben hat (m). Zwar hörte
die urſprüngliche Anwendung dieſes Rechts auf die Trans-
padaner bald auf, indem dieſelben die Civität erhielten:
allein man behielt den Namen und das Rechtsverhältniß
bey, um es anderwärts anzuwenden. So wurde dieſe

(m) Die Hauptſtellen ſind:
Asconius in Cicer. in Pisonem
init.
und Gajus I. § 79. 96. III.
§ 56, welche zu dieſer ſehr ſcharf-
ſinnigen Herleitung der Latinität
benutzt worden ſind von Nie-
buhr
Röm. Geſchichte B. 2 S. 88
— 93. Vollſtändiger ausgeführt
iſt dieſe geſchichtliche Herleitung
in meiner Abhandlung über die
Tafel zu Heraklea, Zeitſchrift für
geſchichtl. Rechtswiſſenſchaft B. 9
S. 312 — 321. — Ächte Namen
für jenes Rechtsverhältniß ſind
Latium, jus Latii, Latinitas;
Gajus nennt es minus Latium,
im Gegenſatz des vortheilhafteren
Rechts, welches die alten Latinen
gehabt hatten. — Die älteſten ſiche-
ren Erwähnungen der Latini und
der Latinitas im juriſtiſchen, nicht
ethnographiſchen, Sinn, finden
ſich bey Cicero (ad Att. XIV. 12)
und in der Lex Junia Norba-
na;
allein dieſe letzte giebt kein
ſicheres chronologiſches Datum,
da die Meynungen der Neueren
über ihr Zeitalter um ein volles
Jahrhundert aus einander gehen.
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[45/0059] §. 66. Einſchränkung der Rechtsfähigkeit. II. Mangel der Civität. gab den transpadaniſchen Städten, ohne neue Colonen dahin zu ſchicken, das Recht Latiniſcher Colonien, aber in einem anderen und beſchränkteren Sinn, als welchen das alte Recht dieſes Namens gehabt hatte; ihre Bürger ſoll- ten mit den Römern Commercium haben ohne Connubium: wer in ſeiner Vaterſtadt eine Magiſtratur bekleidete, er- warb dadurch die Römiſche Civität. Hier hatte alſo der Name Latinus eine rein juriſtiſche Bedeutung erhalten, ohne alle Beziehung auf Volksſtamm und Wohnſitz, und das iſt die Latinität, die von den klaſſiſchen Juriſten als Mittelſtufe, oder als zweyter Stand der freyen Einwoh- ner des Reichs überhaupt, bezeichnet wird, und deren letzte Spuren erſt Juſtinian aufgehoben hat (m). Zwar hörte die urſprüngliche Anwendung dieſes Rechts auf die Trans- padaner bald auf, indem dieſelben die Civität erhielten: allein man behielt den Namen und das Rechtsverhältniß bey, um es anderwärts anzuwenden. So wurde dieſe (m) Die Hauptſtellen ſind: Asconius in Cicer. in Pisonem init. und Gajus I. § 79. 96. III. § 56, welche zu dieſer ſehr ſcharf- ſinnigen Herleitung der Latinität benutzt worden ſind von Nie- buhr Röm. Geſchichte B. 2 S. 88 — 93. Vollſtändiger ausgeführt iſt dieſe geſchichtliche Herleitung in meiner Abhandlung über die Tafel zu Heraklea, Zeitſchrift für geſchichtl. Rechtswiſſenſchaft B. 9 S. 312 — 321. — Ächte Namen für jenes Rechtsverhältniß ſind Latium, jus Latii, Latinitas; Gajus nennt es minus Latium, im Gegenſatz des vortheilhafteren Rechts, welches die alten Latinen gehabt hatten. — Die älteſten ſiche- ren Erwähnungen der Latini und der Latinitas im juriſtiſchen, nicht ethnographiſchen, Sinn, finden ſich bey Cicero (ad Att. XIV. 12) und in der Lex Junia Norba- na; allein dieſe letzte giebt kein ſicheres chronologiſches Datum, da die Meynungen der Neueren über ihr Zeitalter um ein volles Jahrhundert aus einander gehen.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/59>, abgerufen am 25.11.2024.