Ich komme nun auf ein sehr abweichendes altes Zeug- niß von der aus der Trauerverletzung entstehenden Infa- mie. Es ist dieses die Stelle des Paulus Lib. 1 Tit. 21, welche so lautet:
§ 13. Parentes et filii majores sex annis anno lugeri possunt: minores mense: maritus decem mensibus: et cognati proximioris gradus octo: Qui contra fe- cerit, infamium numero habetur.
§ 14. Qui luget, obstinere debet a conviviis, orna- mentis, purpura, et alba veste.
Wenn wir zuerst den Inhalt des § 13 betrachten, so ist darin Weniges, was nicht mit den sichersten Nachrich- ten, und namentlich mit dem in den Vaticanen § 321 excer- pirten Commentar über das Edict (wahrscheinlich von Pau- lus) in Widerspruch stände, welches um so bedenklicher ist, als der § 321 durch die Übereinstimmung mit dem Ge- setz des Numa bey Plutarch unterstützt wird. Zuerst das sex annis, da es heißen muß decem; man hat vorgeschla- gen zu emendiren decem, was aber nur heißt den Scha- den von Einer Seite zudecken. Ferner das anno, was neben den nachher bey dem Ehemann folgenden 10 Mo- naten nur heißen kann 12 Monate: der § 321 spricht zwar auch von einem annus, erklärt diesen aber sogleich, und mit überzeugenden Gründen, von dem alten zehenmo- natlichen Jahr. Ferner das possunt, welches auf ein blo-
Infamie.
XI.
Ich komme nun auf ein ſehr abweichendes altes Zeug- niß von der aus der Trauerverletzung entſtehenden Infa- mie. Es iſt dieſes die Stelle des Paulus Lib. 1 Tit. 21, welche ſo lautet:
§ 13. Parentes et filii majores sex annis anno lugeri possunt: minores mense: maritus decem mensibus: et cognati proximioris gradus octo: Qui contra fe- cerit, infamium numero habetur.
§ 14. Qui luget, obstinere debet a conviviis, orna- mentis, purpura, et alba veste.
Wenn wir zuerſt den Inhalt des § 13 betrachten, ſo iſt darin Weniges, was nicht mit den ſicherſten Nachrich- ten, und namentlich mit dem in den Vaticanen § 321 excer- pirten Commentar über das Edict (wahrſcheinlich von Pau- lus) in Widerſpruch ſtände, welches um ſo bedenklicher iſt, als der § 321 durch die Übereinſtimmung mit dem Ge- ſetz des Numa bey Plutarch unterſtützt wird. Zuerſt das sex annis, da es heißen muß decem; man hat vorgeſchla- gen zu emendiren decem, was aber nur heißt den Scha- den von Einer Seite zudecken. Ferner das anno, was neben den nachher bey dem Ehemann folgenden 10 Mo- naten nur heißen kann 12 Monate: der § 321 ſpricht zwar auch von einem annus, erklärt dieſen aber ſogleich, und mit überzeugenden Gründen, von dem alten zehenmo- natlichen Jahr. Ferner das possunt, welches auf ein blo-
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Infamie.
XI.
Ich komme nun auf ein ſehr abweichendes altes Zeug-
niß von der aus der Trauerverletzung entſtehenden Infa-
mie. Es iſt dieſes die Stelle des Paulus Lib. 1 Tit. 21,
welche ſo lautet:
§ 13. Parentes et filii majores sex annis anno lugeri
possunt: minores mense: maritus decem mensibus:
et cognati proximioris gradus octo: Qui contra fe-
cerit, infamium numero habetur.
§ 14. Qui luget, obstinere debet a conviviis, orna-
mentis, purpura, et alba veste.
Wenn wir zuerſt den Inhalt des § 13 betrachten, ſo
iſt darin Weniges, was nicht mit den ſicherſten Nachrich-
ten, und namentlich mit dem in den Vaticanen § 321 excer-
pirten Commentar über das Edict (wahrſcheinlich von Pau-
lus) in Widerſpruch ſtände, welches um ſo bedenklicher
iſt, als der § 321 durch die Übereinſtimmung mit dem Ge-
ſetz des Numa bey Plutarch unterſtützt wird. Zuerſt das
sex annis, da es heißen muß decem; man hat vorgeſchla-
gen zu emendiren decem, was aber nur heißt den Scha-
den von Einer Seite zudecken. Ferner das anno, was
neben den nachher bey dem Ehemann folgenden 10 Mo-
naten nur heißen kann 12 Monate: der § 321 ſpricht
zwar auch von einem annus, erklärt dieſen aber ſogleich,
und mit überzeugenden Gründen, von dem alten zehenmo-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/565>, abgerufen am 23.11.2024.
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