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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Beylage VII.
ßes Verbot längerer Trauer zu deuten scheint, und zu der
nachfolgenden Infamie gar nicht paßt. Weiter das mense,
da doch die Kinder unter 10 Jahren mit eben so viel
Monaten betrauert wurden, als sie Jahre zählten, jedoch
von 3 Jahren abwärts nur noch mit Halbtrauer (sublu-
getur
), unter einem Jahr gar nicht mehr. Dann die
Cognaten, von welchen der § 321 gar Nichts sagt, und
die Edictstelle selbst (im § 320) auch Nichts. Endlich die
unbedingte Drohung der Infamie, ohne Unterschied des
Geschlechts, da doch die Männer deshalb nie von der In-
famie betroffen wurden, die Frauen aber zur Zeit des
Paulus gleichfalls davon befreyt waren (Num. VII.) (a).

Diese Widersprüche würden als eben so viele unauf-
lösliche Räthsel gelten müssen, wenn die äußere Autorität
der angeblichen Stelle des Paulus fest stände; diese ist
also nunmehr zu prüfen. Hier müssen wir zuerst den
§ 13 völlig trennen von dem (schon oben benutzten) § 14,
welcher, mit Ausnahme des gleichgültigen Wortes pur-
pura,
in allen Handschriften des Breviarii steht, und un-
zweifelhaft ächt ist; auch macht sein Inhalt keine Schwie-
rigkeit, da er nur einige Bestimmungen über die Art des

(a) Um der bedenklichsten Schluß-
stelle nothdürftig abzuhelfen, hat
man verschiedene Wege eingeschla-
gen. Herm. Cannegieter observ.
p.
203 will anstatt: infamium nu-
mero habetur
lesen: numero
o habetur,
was heißen soll: non
habetur.
Allein dieses o als Sigle
für non kommt sonst nirgends vor.
-- Jo. Cannegieter de notis
p.
350 emendirt das qui contra
fecerit in quae. -- Bynkershoek
observ. V.
13 meynt, dieser letzte
Satz rühre von Anian her. Allein
daß im Westgothischen Reich die In-
famie für den Trauerbruch wieder
neu eingeführt seyn sollte, ist ge-
rade das Allerunwahrscheinlichste.

Beylage VII.
ßes Verbot längerer Trauer zu deuten ſcheint, und zu der
nachfolgenden Infamie gar nicht paßt. Weiter das mense,
da doch die Kinder unter 10 Jahren mit eben ſo viel
Monaten betrauert wurden, als ſie Jahre zählten, jedoch
von 3 Jahren abwärts nur noch mit Halbtrauer (sublu-
getur
), unter einem Jahr gar nicht mehr. Dann die
Cognaten, von welchen der § 321 gar Nichts ſagt, und
die Edictſtelle ſelbſt (im § 320) auch Nichts. Endlich die
unbedingte Drohung der Infamie, ohne Unterſchied des
Geſchlechts, da doch die Männer deshalb nie von der In-
famie betroffen wurden, die Frauen aber zur Zeit des
Paulus gleichfalls davon befreyt waren (Num. VII.) (a).

Dieſe Widerſprüche würden als eben ſo viele unauf-
lösliche Räthſel gelten müſſen, wenn die äußere Autorität
der angeblichen Stelle des Paulus feſt ſtände; dieſe iſt
alſo nunmehr zu prüfen. Hier müſſen wir zuerſt den
§ 13 völlig trennen von dem (ſchon oben benutzten) § 14,
welcher, mit Ausnahme des gleichgültigen Wortes pur-
pura,
in allen Handſchriften des Breviarii ſteht, und un-
zweifelhaft ächt iſt; auch macht ſein Inhalt keine Schwie-
rigkeit, da er nur einige Beſtimmungen über die Art des

(a) Um der bedenklichſten Schluß-
ſtelle nothdürftig abzuhelfen, hat
man verſchiedene Wege eingeſchla-
gen. Herm. Cannegieter observ.
p.
203 will anſtatt: infamium nu-
mero habetur
leſen: numero
ō habetur,
was heißen ſoll: non
habetur.
Allein dieſes ō als Sigle
für non kommt ſonſt nirgends vor.
Jo. Cannegieter de notis
p.
350 emendirt das qui contra
fecerit in quae.Bynkershoek
observ. V.
13 meynt, dieſer letzte
Satz rühre von Anian her. Allein
daß im Weſtgothiſchen Reich die In-
famie für den Trauerbruch wieder
neu eingeführt ſeyn ſollte, iſt ge-
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[552/0566] Beylage VII. ßes Verbot längerer Trauer zu deuten ſcheint, und zu der nachfolgenden Infamie gar nicht paßt. Weiter das mense, da doch die Kinder unter 10 Jahren mit eben ſo viel Monaten betrauert wurden, als ſie Jahre zählten, jedoch von 3 Jahren abwärts nur noch mit Halbtrauer (sublu- getur), unter einem Jahr gar nicht mehr. Dann die Cognaten, von welchen der § 321 gar Nichts ſagt, und die Edictſtelle ſelbſt (im § 320) auch Nichts. Endlich die unbedingte Drohung der Infamie, ohne Unterſchied des Geſchlechts, da doch die Männer deshalb nie von der In- famie betroffen wurden, die Frauen aber zur Zeit des Paulus gleichfalls davon befreyt waren (Num. VII.) (a). Dieſe Widerſprüche würden als eben ſo viele unauf- lösliche Räthſel gelten müſſen, wenn die äußere Autorität der angeblichen Stelle des Paulus feſt ſtände; dieſe iſt alſo nunmehr zu prüfen. Hier müſſen wir zuerſt den § 13 völlig trennen von dem (ſchon oben benutzten) § 14, welcher, mit Ausnahme des gleichgültigen Wortes pur- pura, in allen Handſchriften des Breviarii ſteht, und un- zweifelhaft ächt iſt; auch macht ſein Inhalt keine Schwie- rigkeit, da er nur einige Beſtimmungen über die Art des (a) Um der bedenklichſten Schluß- ſtelle nothdürftig abzuhelfen, hat man verſchiedene Wege eingeſchla- gen. Herm. Cannegieter observ. p. 203 will anſtatt: infamium nu- mero habetur leſen: numero ō habetur, was heißen ſoll: non habetur. Allein dieſes ō als Sigle für non kommt ſonſt nirgends vor. — Jo. Cannegieter de notis p. 350 emendirt das qui contra fecerit in quae. — Bynkershoek observ. V. 13 meynt, dieſer letzte Satz rühre von Anian her. Allein daß im Weſtgothiſchen Reich die In- famie für den Trauerbruch wieder neu eingeführt ſeyn ſollte, iſt ge- rade das Allerunwahrſcheinlichſte.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/566>, abgerufen am 23.11.2024.