Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen. ihrem allgemeinen Bürgerverhältniß (zu ihrer Provinzial-gemeine, oder zu ihrem Staate), mithin auf einer staats- rechtlichen Regel: die der zwey letzten auf einer anomali- schen Zurücksetzung Einzelner, die daher auch nicht Mit- glieder irgend einer Bürgergemeine waren (Note c. d). Darum war bey jenen die Peregrinität nicht herabwürdi- gend, wohl aber bey diesen (e). Die Rechtsfähigkeit der Peregrinen im jus gentium (e) Diese zwey Klassen waren also unter den Peregrinen un- gefähr das, was die servi sine domino unter den Unfreyen wa- ren, nämlich einzeln stehend, au- ßer dem größeren Zusammenhang des ganzen Rechtsinstituts. (f) Dieses zeigt sich in vielen Anwendungen, besonders in der Beziehung der Regel: Pater est quem nuptiae (nicht justae nup- tiae) demonstrant auch auf sol- che Ehen. So z. B. gestattete ein Senatusconsult dem Pere- grinen, der doch kein Connubium hatte (Ulp. V. 4), wenn er aus Irrthum über den Stand eine Römische Bürgerin heurathete, durch ein ehelich erzeugtes Kind die Civität zu erwerben (Ulp. VII. 4. Gajus I. § 68); in dieser Vor- schrift wurde unläugbar die Ehe des Peregrinen als wirkliche Ehe, und das Kind als sein wirkliches Kind angesehen, welches letzte ja gar nicht möglich wäre ohne die Anwendung der oben angeführ- ten Regel. Hier waren also ge- radezu Römische Obrigkeiten ge- setzlich angewiesen, die Rechtsfä- higkeit anzuerkennen, die der Pe- regrinus nach dem jus gentium hatte. (g) Dieses folgt daraus, daß
man ihnen die actio furti und legis Aquiliae gestattete (Gajus IV. 37), die ja ohne ein Recht an der gestohlenen oder beschä- digten Sache nicht möglich waren. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. ihrem allgemeinen Bürgerverhältniß (zu ihrer Provinzial-gemeine, oder zu ihrem Staate), mithin auf einer ſtaats- rechtlichen Regel: die der zwey letzten auf einer anomali- ſchen Zurückſetzung Einzelner, die daher auch nicht Mit- glieder irgend einer Bürgergemeine waren (Note c. d). Darum war bey jenen die Peregrinität nicht herabwürdi- gend, wohl aber bey dieſen (e). Die Rechtsfähigkeit der Peregrinen im jus gentium (e) Dieſe zwey Klaſſen waren alſo unter den Peregrinen un- gefähr das, was die servi sine domino unter den Unfreyen wa- ren, nämlich einzeln ſtehend, au- ßer dem größeren Zuſammenhang des ganzen Rechtsinſtituts. (f) Dieſes zeigt ſich in vielen Anwendungen, beſonders in der Beziehung der Regel: Pater est quem nuptiae (nicht justae nup- tiae) demonstrant auch auf ſol- che Ehen. So z. B. geſtattete ein Senatusconſult dem Pere- grinen, der doch kein Connubium hatte (Ulp. V. 4), wenn er aus Irrthum über den Stand eine Römiſche Bürgerin heurathete, durch ein ehelich erzeugtes Kind die Civität zu erwerben (Ulp. VII. 4. Gajus I. § 68); in dieſer Vor- ſchrift wurde unläugbar die Ehe des Peregrinen als wirkliche Ehe, und das Kind als ſein wirkliches Kind angeſehen, welches letzte ja gar nicht möglich wäre ohne die Anwendung der oben angeführ- ten Regel. Hier waren alſo ge- radezu Römiſche Obrigkeiten ge- ſetzlich angewieſen, die Rechtsfä- higkeit anzuerkennen, die der Pe- regrinus nach dem jus gentium hatte. (g) Dieſes folgt daraus, daß
man ihnen die actio furti und legis Aquiliae geſtattete (Gajus IV. 37), die ja ohne ein Recht an der geſtohlenen oder beſchä- digten Sache nicht möglich waren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0054" n="40"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Perſonen.</fw><lb/> ihrem allgemeinen Bürgerverhältniß (zu ihrer Provinzial-<lb/> gemeine, oder zu ihrem Staate), mithin auf einer ſtaats-<lb/> rechtlichen Regel: die der zwey letzten auf einer anomali-<lb/> ſchen Zurückſetzung Einzelner, die daher auch nicht Mit-<lb/> glieder irgend einer Bürgergemeine waren (Note <hi rendition="#aq">c. d</hi>).<lb/> Darum war bey jenen die Peregrinität nicht herabwürdi-<lb/> gend, wohl aber bey dieſen <note place="foot" n="(e)">Dieſe zwey Klaſſen waren<lb/> alſo unter den Peregrinen un-<lb/> gefähr das, was die <hi rendition="#aq">servi sine<lb/> domino</hi> unter den Unfreyen wa-<lb/> ren, nämlich einzeln ſtehend, au-<lb/> ßer dem größeren Zuſammenhang<lb/> des ganzen Rechtsinſtituts.</note>.</p><lb/> <p>Die Rechtsfähigkeit der Peregrinen im <hi rendition="#aq">jus gentium</hi><lb/> zeigte ſich in allen Arten der Rechtsverhältniſſe. Ihre<lb/> Ehe war ein wahres <hi rendition="#aq">matrimonium</hi> <note place="foot" n="(f)">Dieſes zeigt ſich in vielen<lb/> Anwendungen, beſonders in der<lb/> Beziehung der Regel: <hi rendition="#aq">Pater est<lb/> quem nuptiae</hi> (nicht <hi rendition="#aq">justae nup-<lb/> tiae) demonstrant</hi> auch auf ſol-<lb/> che Ehen. So z. B. geſtattete<lb/> ein Senatusconſult dem Pere-<lb/> grinen, der doch kein Connubium<lb/> hatte (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Ulp</hi>. V.</hi> 4), wenn er aus<lb/> Irrthum über den Stand eine<lb/> Römiſche Bürgerin heurathete,<lb/> durch ein ehelich erzeugtes Kind<lb/> die Civität zu erwerben (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Ulp</hi>. VII.<lb/> 4. <hi rendition="#k">Gajus</hi> I.</hi> § 68); in dieſer Vor-<lb/> ſchrift wurde unläugbar die Ehe<lb/> des Peregrinen als wirkliche Ehe,<lb/> und das Kind als ſein wirkliches<lb/> Kind angeſehen, welches letzte ja<lb/> gar nicht möglich wäre ohne die<lb/> Anwendung der oben angeführ-<lb/> ten Regel. Hier waren alſo ge-<lb/> radezu Römiſche Obrigkeiten ge-<lb/> ſetzlich angewieſen, die Rechtsfä-<lb/> higkeit anzuerkennen, die der Pe-<lb/> regrinus nach dem <hi rendition="#aq">jus gentium</hi><lb/> hatte.</note>, nur nicht <hi rendition="#aq">justum.</hi><lb/> Ihr Eigenthum wurde als natürliches Eigenthum (<hi rendition="#aq">in bo-<lb/> nis</hi>) anerkannt und geſchützt <note place="foot" n="(g)">Dieſes folgt daraus, daß<lb/> man ihnen die <hi rendition="#aq">actio furti</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">legis Aquiliae</hi> geſtattete (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi><lb/> IV.</hi> 37), die ja ohne ein Recht<lb/> an der geſtohlenen oder beſchä-<lb/> digten Sache nicht möglich waren.</note>. Ganz beſonders wirkſam<lb/> aber zeigte ſich ihre Rechtsfähigkeit in den Obligationen,<lb/> ja ſie hatten nicht blos, wie man erwarten könnte, <hi rendition="#aq">na-</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0054]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
ihrem allgemeinen Bürgerverhältniß (zu ihrer Provinzial-
gemeine, oder zu ihrem Staate), mithin auf einer ſtaats-
rechtlichen Regel: die der zwey letzten auf einer anomali-
ſchen Zurückſetzung Einzelner, die daher auch nicht Mit-
glieder irgend einer Bürgergemeine waren (Note c. d).
Darum war bey jenen die Peregrinität nicht herabwürdi-
gend, wohl aber bey dieſen (e).
Die Rechtsfähigkeit der Peregrinen im jus gentium
zeigte ſich in allen Arten der Rechtsverhältniſſe. Ihre
Ehe war ein wahres matrimonium (f), nur nicht justum.
Ihr Eigenthum wurde als natürliches Eigenthum (in bo-
nis) anerkannt und geſchützt (g). Ganz beſonders wirkſam
aber zeigte ſich ihre Rechtsfähigkeit in den Obligationen,
ja ſie hatten nicht blos, wie man erwarten könnte, na-
(e) Dieſe zwey Klaſſen waren
alſo unter den Peregrinen un-
gefähr das, was die servi sine
domino unter den Unfreyen wa-
ren, nämlich einzeln ſtehend, au-
ßer dem größeren Zuſammenhang
des ganzen Rechtsinſtituts.
(f) Dieſes zeigt ſich in vielen
Anwendungen, beſonders in der
Beziehung der Regel: Pater est
quem nuptiae (nicht justae nup-
tiae) demonstrant auch auf ſol-
che Ehen. So z. B. geſtattete
ein Senatusconſult dem Pere-
grinen, der doch kein Connubium
hatte (Ulp. V. 4), wenn er aus
Irrthum über den Stand eine
Römiſche Bürgerin heurathete,
durch ein ehelich erzeugtes Kind
die Civität zu erwerben (Ulp. VII.
4. Gajus I. § 68); in dieſer Vor-
ſchrift wurde unläugbar die Ehe
des Peregrinen als wirkliche Ehe,
und das Kind als ſein wirkliches
Kind angeſehen, welches letzte ja
gar nicht möglich wäre ohne die
Anwendung der oben angeführ-
ten Regel. Hier waren alſo ge-
radezu Römiſche Obrigkeiten ge-
ſetzlich angewieſen, die Rechtsfä-
higkeit anzuerkennen, die der Pe-
regrinus nach dem jus gentium
hatte.
(g) Dieſes folgt daraus, daß
man ihnen die actio furti und
legis Aquiliae geſtattete (Gajus
IV. 37), die ja ohne ein Recht
an der geſtohlenen oder beſchä-
digten Sache nicht möglich waren.
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