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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Beylage III.
ein Kind aus der Mitte des zehenten Monats nicht gelten
würde. -- In der That liegt die Lösung der Schwierig-
keit auf einem andern Punkte. Das aut septimo pleno,
aut decimo mense
giebt Paulus gar nicht als praktisches
Recht an, sondern lediglich als die Meynung des Pytha-
goras. Diese Meynung nun kennen wir glücklicherweise
sehr genau aus einem anderen Schriftsteller (x). Nach
ihr kann ein Kind lebendig geboren werden nur an zwey
einzelnen Tagen, durchaus nicht in der Zwischenzeit, näm-
lich nur am 210ten Tage seit der Zeugung (aut septimo
pleno)
, und am 274sten Tage (aut decimo mense); das
eine ist der minor partus oder septemmestris, das andere
der major oder decemmestris. Dieses beweist er durch
eine sehr wunderliche, verwickelte Rechnung, die aber in
sich selbst so genau zusammenhängt, daß an ein Misver-
ständniß dabey gar nicht zu denken ist. Daß auch Pau-
lus diese Lehre eben so aufgefaßt hat, ergiebt sich aus der
Übereinstimmung der Resultate, und insbesondere auch aus
dem aut-aut bey Paulus, welches sehr gut zu zwey ein-
zelnen alternativ gültigen Tagen, aber gar nicht zu zwey
Endpuncten mit einem eben so gültigen langen Zwischen-
raum paßt. Vergleicht man nun aber die Regel des Py-
thagoras mit der auch von Paulus anerkannten Regel des
Römischen Rechts, so zeigt sich eine völlige Verschieden-

(x) Censorinus de die natali
Cap.
11. Ich verdanke diese Er-
klärung des Paulus aus Censo-
rinus (der bey Schulting zwar
citirt aber nicht benutzt war) der
Mittheilung meines Freundes
Lachmann.

Beylage III.
ein Kind aus der Mitte des zehenten Monats nicht gelten
würde. — In der That liegt die Loͤſung der Schwierig-
keit auf einem andern Punkte. Das aut septimo pleno,
aut decimo mense
giebt Paulus gar nicht als praktiſches
Recht an, ſondern lediglich als die Meynung des Pytha-
goras. Dieſe Meynung nun kennen wir glücklicherweiſe
ſehr genau aus einem anderen Schriftſteller (x). Nach
ihr kann ein Kind lebendig geboren werden nur an zwey
einzelnen Tagen, durchaus nicht in der Zwiſchenzeit, näm-
lich nur am 210ten Tage ſeit der Zeugung (aut septimo
pleno)
, und am 274ſten Tage (aut decimo mense); das
eine iſt der minor partus oder septemmestris, das andere
der major oder decemmestris. Dieſes beweiſt er durch
eine ſehr wunderliche, verwickelte Rechnung, die aber in
ſich ſelbſt ſo genau zuſammenhängt, daß an ein Misver-
ſtändniß dabey gar nicht zu denken iſt. Daß auch Pau-
lus dieſe Lehre eben ſo aufgefaßt hat, ergiebt ſich aus der
Übereinſtimmung der Reſultate, und insbeſondere auch aus
dem aut-aut bey Paulus, welches ſehr gut zu zwey ein-
zelnen alternativ gültigen Tagen, aber gar nicht zu zwey
Endpuncten mit einem eben ſo gültigen langen Zwiſchen-
raum paßt. Vergleicht man nun aber die Regel des Py-
thagoras mit der auch von Paulus anerkannten Regel des
Römiſchen Rechts, ſo zeigt ſich eine völlige Verſchieden-

(x) Censorinus de die natali
Cap.
11. Ich verdanke dieſe Er-
klärung des Paulus aus Cenſo-
rinus (der bey Schulting zwar
citirt aber nicht benutzt war) der
Mittheilung meines Freundes
Lachmann.
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[406/0420] Beylage III. ein Kind aus der Mitte des zehenten Monats nicht gelten würde. — In der That liegt die Loͤſung der Schwierig- keit auf einem andern Punkte. Das aut septimo pleno, aut decimo mense giebt Paulus gar nicht als praktiſches Recht an, ſondern lediglich als die Meynung des Pytha- goras. Dieſe Meynung nun kennen wir glücklicherweiſe ſehr genau aus einem anderen Schriftſteller (x). Nach ihr kann ein Kind lebendig geboren werden nur an zwey einzelnen Tagen, durchaus nicht in der Zwiſchenzeit, näm- lich nur am 210ten Tage ſeit der Zeugung (aut septimo pleno), und am 274ſten Tage (aut decimo mense); das eine iſt der minor partus oder septemmestris, das andere der major oder decemmestris. Dieſes beweiſt er durch eine ſehr wunderliche, verwickelte Rechnung, die aber in ſich ſelbſt ſo genau zuſammenhängt, daß an ein Misver- ſtändniß dabey gar nicht zu denken iſt. Daß auch Pau- lus dieſe Lehre eben ſo aufgefaßt hat, ergiebt ſich aus der Übereinſtimmung der Reſultate, und insbeſondere auch aus dem aut-aut bey Paulus, welches ſehr gut zu zwey ein- zelnen alternativ gültigen Tagen, aber gar nicht zu zwey Endpuncten mit einem eben ſo gültigen langen Zwiſchen- raum paßt. Vergleicht man nun aber die Regel des Py- thagoras mit der auch von Paulus anerkannten Regel des Römiſchen Rechts, ſo zeigt ſich eine völlige Verſchieden- (x) Censorinus de die natali Cap. 11. Ich verdanke dieſe Er- klärung des Paulus aus Cenſo- rinus (der bey Schulting zwar citirt aber nicht benutzt war) der Mittheilung meines Freundes Lachmann.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/420>, abgerufen am 22.11.2024.