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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
befestigt hat (a). -- Ganz verschieden von diesem positiven
Einfluß des Staats ist der negative, der auf die Verhin-
derung schädlicher und gefährlicher Corporationen abzweckt.
Dieses Bestreben findet sich im Römischen Recht sogar
noch stärker und häufiger, als in der neueren Zeit, und
es ist darüber schon oben (§ 88) geschichtliche Nachricht
gegeben worden.

Nach diesen allgemeinen Betrachtungen soll nunmehr
untersucht werden, was das Römische Recht über die
Verfassung der juristischen Personen bestimmt. Die Rö-
mischen Juristen hatten zu viel praktischen Sinn, um all-
gemeine Regeln hierüber aufzustellen, die bey der großen
Mannichfaltigkeit jener Personen doch nur sehr beschränkte
Anwendbarkeit gehabt haben würden. Was wir bey ihnen
finden, bezieht sich gar nicht auf die juristischen Personen
überhaupt, ja nicht einmal auf alle Corporationen, son-
dern lediglich auf die Stadtgemeinden, d. h. ursprünglich
auf die Municipien und Colonieen in Italien, dann aber
auch auf die Provinzialstädte. Die Italischen Städte nun
hatten, während der freyen Republik, Verfassungen die
der Römischen sehr ähnlich waren: die öffentliche Gewalt
war, hier wie dort, getheilt unter die Volksversammlung,
den Senat, und einzelne Obrigkeiten. Unter den Kaisern
verschwand bald die Volksgewalt gänzlich, alle Gewalt
concentrirte sich in dem Senat (ordo oder curia), und
auch die Magistrate waren nur als Bestandtheile desselben

(a) Eichhorn deutsches Privatrecht § 372.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
befeſtigt hat (a). — Ganz verſchieden von dieſem poſitiven
Einfluß des Staats iſt der negative, der auf die Verhin-
derung ſchädlicher und gefährlicher Corporationen abzweckt.
Dieſes Beſtreben findet ſich im Römiſchen Recht ſogar
noch ſtärker und häufiger, als in der neueren Zeit, und
es iſt darüber ſchon oben (§ 88) geſchichtliche Nachricht
gegeben worden.

Nach dieſen allgemeinen Betrachtungen ſoll nunmehr
unterſucht werden, was das Römiſche Recht über die
Verfaſſung der juriſtiſchen Perſonen beſtimmt. Die Rö-
miſchen Juriſten hatten zu viel praktiſchen Sinn, um all-
gemeine Regeln hierüber aufzuſtellen, die bey der großen
Mannichfaltigkeit jener Perſonen doch nur ſehr beſchränkte
Anwendbarkeit gehabt haben würden. Was wir bey ihnen
finden, bezieht ſich gar nicht auf die juriſtiſchen Perſonen
überhaupt, ja nicht einmal auf alle Corporationen, ſon-
dern lediglich auf die Stadtgemeinden, d. h. urſprünglich
auf die Municipien und Colonieen in Italien, dann aber
auch auf die Provinzialſtädte. Die Italiſchen Städte nun
hatten, während der freyen Republik, Verfaſſungen die
der Römiſchen ſehr ähnlich waren: die öffentliche Gewalt
war, hier wie dort, getheilt unter die Volksverſammlung,
den Senat, und einzelne Obrigkeiten. Unter den Kaiſern
verſchwand bald die Volksgewalt gänzlich, alle Gewalt
concentrirte ſich in dem Senat (ordo oder curia), und
auch die Magiſtrate waren nur als Beſtandtheile deſſelben

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[326/0340] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. befeſtigt hat (a). — Ganz verſchieden von dieſem poſitiven Einfluß des Staats iſt der negative, der auf die Verhin- derung ſchädlicher und gefährlicher Corporationen abzweckt. Dieſes Beſtreben findet ſich im Römiſchen Recht ſogar noch ſtärker und häufiger, als in der neueren Zeit, und es iſt darüber ſchon oben (§ 88) geſchichtliche Nachricht gegeben worden. Nach dieſen allgemeinen Betrachtungen ſoll nunmehr unterſucht werden, was das Römiſche Recht über die Verfaſſung der juriſtiſchen Perſonen beſtimmt. Die Rö- miſchen Juriſten hatten zu viel praktiſchen Sinn, um all- gemeine Regeln hierüber aufzuſtellen, die bey der großen Mannichfaltigkeit jener Perſonen doch nur ſehr beſchränkte Anwendbarkeit gehabt haben würden. Was wir bey ihnen finden, bezieht ſich gar nicht auf die juriſtiſchen Perſonen überhaupt, ja nicht einmal auf alle Corporationen, ſon- dern lediglich auf die Stadtgemeinden, d. h. urſprünglich auf die Municipien und Colonieen in Italien, dann aber auch auf die Provinzialſtädte. Die Italiſchen Städte nun hatten, während der freyen Republik, Verfaſſungen die der Römiſchen ſehr ähnlich waren: die öffentliche Gewalt war, hier wie dort, getheilt unter die Volksverſammlung, den Senat, und einzelne Obrigkeiten. Unter den Kaiſern verſchwand bald die Volksgewalt gänzlich, alle Gewalt concentrirte ſich in dem Senat (ordo oder curia), und auch die Magiſtrate waren nur als Beſtandtheile deſſelben (a) Eichhorn deutſches Privatrecht § 372.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/340>, abgerufen am 22.11.2024.