Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 88. Juristische Personen. Geschichte. (Fortsetzung.)
Gesammtheit der Parochianen (ii). Sie wollen damit ab-
weisen die Meynung Derjenigen, welche entweder alles
Kirchengut überhaupt der Universalkirche, oder das in je-
dem bischöfflichen Sprengel befindliche Kirchengut dieser
Diöcesankirche, als Gemeingut zuschreiben. Sie führen
gegen diese Meynung als entscheidend den Grund an, daß
zwischen dem Pfarrvermögen zweyer Parochieen Rechts-
verhältnisse aller Art vorkommen können, namentlich Er-
werb und Verlust durch Verjährung, so wie die Errich-
tung von Prädialservituten, welches nur unter Voraus-
setzung von zwey gänzlich getrennten Vermögensmassen
möglich sey. -- Es erhellt hieraus, daß der aufgestellte
Rechtssatz über den wahren Inhaber des Kirchenguts kei-
nesweges unter die unterscheidenden Lehren der Katholiken
und Protestanten gehört; beide stimmen in dieser Indivi-
dualisirung des Kirchenguts überein, und die Differenz
betrifft nur den Begriff und die Verfassung sowohl der ein-
zelnen Kirchen, als der Kirche im Großen und Ganzen (kk).

Eine ähnliche Bewandniß, wie mit den kirchlichen In-
stituten, hat es mit den sogenannten milden Stiftungen,
das heißt mit den Anstalten bloßer Wohlthätigkeit, wo-
hin die Versorgungshäuser für Arme, Kranke, Pilger,

(ii) Über den eigentlichen Be-
griff der Parochianen findet sich
eine sehr gründliche Untersuchung
bey J. H. Böhmer Jus paroch.
Sect. 3 C.
2 § 4 § 9 -- 25.
(kk) Auf diese letzte Verschie-
denheit geht die Äußerung von
G. L. Böhmer princ. j. canon.
§ 190, in welcher also kein Wi-
derspruch gegen die von mir im
Text behauptete Übereinstimmung
der beiden Kirchenparteyen ent-
halten ist.

§. 88. Juriſtiſche Perſonen. Geſchichte. (Fortſetzung.)
Geſammtheit der Parochianen (ii). Sie wollen damit ab-
weiſen die Meynung Derjenigen, welche entweder alles
Kirchengut überhaupt der Univerſalkirche, oder das in je-
dem biſchöfflichen Sprengel befindliche Kirchengut dieſer
Diöceſankirche, als Gemeingut zuſchreiben. Sie führen
gegen dieſe Meynung als entſcheidend den Grund an, daß
zwiſchen dem Pfarrvermögen zweyer Parochieen Rechts-
verhältniſſe aller Art vorkommen können, namentlich Er-
werb und Verluſt durch Verjährung, ſo wie die Errich-
tung von Prädialſervituten, welches nur unter Voraus-
ſetzung von zwey gänzlich getrennten Vermögensmaſſen
möglich ſey. — Es erhellt hieraus, daß der aufgeſtellte
Rechtsſatz über den wahren Inhaber des Kirchenguts kei-
nesweges unter die unterſcheidenden Lehren der Katholiken
und Proteſtanten gehört; beide ſtimmen in dieſer Indivi-
dualiſirung des Kirchenguts überein, und die Differenz
betrifft nur den Begriff und die Verfaſſung ſowohl der ein-
zelnen Kirchen, als der Kirche im Großen und Ganzen (kk).

Eine ähnliche Bewandniß, wie mit den kirchlichen In-
ſtituten, hat es mit den ſogenannten milden Stiftungen,
das heißt mit den Anſtalten bloßer Wohlthätigkeit, wo-
hin die Verſorgungshäuſer für Arme, Kranke, Pilger,

(ii) Über den eigentlichen Be-
griff der Parochianen findet ſich
eine ſehr gründliche Unterſuchung
bey J. H. Böhmer Jus paroch.
Sect. 3 C.
2 § 4 § 9 — 25.
(kk) Auf dieſe letzte Verſchie-
denheit geht die Äußerung von
G. L. Böhmer princ. j. canon.
§ 190, in welcher alſo kein Wi-
derſpruch gegen die von mir im
Text behauptete Übereinſtimmung
der beiden Kirchenparteyen ent-
halten iſt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0281" n="267"/><fw place="top" type="header">§. 88. Juri&#x017F;ti&#x017F;che Per&#x017F;onen. Ge&#x017F;chichte. (Fort&#x017F;etzung.)</fw><lb/>
Ge&#x017F;ammtheit der Parochianen <note place="foot" n="(ii)">Über den eigentlichen Be-<lb/>
griff der Parochianen findet &#x017F;ich<lb/>
eine &#x017F;ehr gründliche Unter&#x017F;uchung<lb/>
bey <hi rendition="#aq">J. H. <hi rendition="#k">Böhmer</hi> Jus paroch.<lb/>
Sect. 3 C.</hi> 2 § 4 § 9 &#x2014; 25.</note>. Sie wollen damit ab-<lb/>
wei&#x017F;en die Meynung Derjenigen, welche entweder alles<lb/>
Kirchengut überhaupt der Univer&#x017F;alkirche, oder das in je-<lb/>
dem bi&#x017F;chöfflichen Sprengel befindliche Kirchengut die&#x017F;er<lb/>
Diöce&#x017F;ankirche, als Gemeingut zu&#x017F;chreiben. Sie führen<lb/>
gegen die&#x017F;e Meynung als ent&#x017F;cheidend den Grund an, daß<lb/>
zwi&#x017F;chen dem Pfarrvermögen zweyer Parochieen Rechts-<lb/>
verhältni&#x017F;&#x017F;e aller Art vorkommen können, namentlich Er-<lb/>
werb und Verlu&#x017F;t durch Verjährung, &#x017F;o wie die Errich-<lb/>
tung von Prädial&#x017F;ervituten, welches nur unter Voraus-<lb/>
&#x017F;etzung von zwey gänzlich getrennten Vermögensma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
möglich &#x017F;ey. &#x2014; Es erhellt hieraus, daß der aufge&#x017F;tellte<lb/>
Rechts&#x017F;atz über den wahren Inhaber des Kirchenguts kei-<lb/>
nesweges unter die unter&#x017F;cheidenden Lehren der Katholiken<lb/>
und Prote&#x017F;tanten gehört; beide &#x017F;timmen in die&#x017F;er Indivi-<lb/>
duali&#x017F;irung des Kirchenguts überein, und die Differenz<lb/>
betrifft nur den Begriff und die Verfa&#x017F;&#x017F;ung &#x017F;owohl der ein-<lb/>
zelnen Kirchen, als der Kirche im Großen und Ganzen <note place="foot" n="(kk)">Auf die&#x017F;e letzte Ver&#x017F;chie-<lb/>
denheit geht die Äußerung von<lb/><hi rendition="#aq">G. L. <hi rendition="#k">Böhmer</hi> princ. j. canon.</hi><lb/>
§ 190, in welcher al&#x017F;o kein Wi-<lb/>
der&#x017F;pruch gegen die von mir im<lb/>
Text behauptete Überein&#x017F;timmung<lb/>
der beiden Kirchenparteyen ent-<lb/>
halten i&#x017F;t.</note>.</p><lb/>
                <p>Eine ähnliche Bewandniß, wie mit den kirchlichen In-<lb/>
&#x017F;tituten, hat es mit den &#x017F;ogenannten milden Stiftungen,<lb/>
das heißt mit den An&#x017F;talten bloßer Wohlthätigkeit, wo-<lb/>
hin die Ver&#x017F;orgungshäu&#x017F;er für Arme, Kranke, Pilger,<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0281] §. 88. Juriſtiſche Perſonen. Geſchichte. (Fortſetzung.) Geſammtheit der Parochianen (ii). Sie wollen damit ab- weiſen die Meynung Derjenigen, welche entweder alles Kirchengut überhaupt der Univerſalkirche, oder das in je- dem biſchöfflichen Sprengel befindliche Kirchengut dieſer Diöceſankirche, als Gemeingut zuſchreiben. Sie führen gegen dieſe Meynung als entſcheidend den Grund an, daß zwiſchen dem Pfarrvermögen zweyer Parochieen Rechts- verhältniſſe aller Art vorkommen können, namentlich Er- werb und Verluſt durch Verjährung, ſo wie die Errich- tung von Prädialſervituten, welches nur unter Voraus- ſetzung von zwey gänzlich getrennten Vermögensmaſſen möglich ſey. — Es erhellt hieraus, daß der aufgeſtellte Rechtsſatz über den wahren Inhaber des Kirchenguts kei- nesweges unter die unterſcheidenden Lehren der Katholiken und Proteſtanten gehört; beide ſtimmen in dieſer Indivi- dualiſirung des Kirchenguts überein, und die Differenz betrifft nur den Begriff und die Verfaſſung ſowohl der ein- zelnen Kirchen, als der Kirche im Großen und Ganzen (kk). Eine ähnliche Bewandniß, wie mit den kirchlichen In- ſtituten, hat es mit den ſogenannten milden Stiftungen, das heißt mit den Anſtalten bloßer Wohlthätigkeit, wo- hin die Verſorgungshäuſer für Arme, Kranke, Pilger, (ii) Über den eigentlichen Be- griff der Parochianen findet ſich eine ſehr gründliche Unterſuchung bey J. H. Böhmer Jus paroch. Sect. 3 C. 2 § 4 § 9 — 25. (kk) Auf dieſe letzte Verſchie- denheit geht die Äußerung von G. L. Böhmer princ. j. canon. § 190, in welcher alſo kein Wi- derſpruch gegen die von mir im Text behauptete Übereinſtimmung der beiden Kirchenparteyen ent- halten iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/281
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/281>, abgerufen am 20.05.2024.