Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
oder einen Märtyrer zum Erben ein, so ist die demselben
gewidmete Kirche des Wohnorts, oder (wenn sich da eine
solche nicht findet) der Hauptstadt der Provinz als ein-
gesetzter Erbe gemeynt. Bleibt nach diesen Regeln eine
Ungewißheit unter mehreren Kirchen übrig, so hat dieje-
nige den Vorzug, zu welcher der Testator in seinem Leben
besondere Zuneigung zeigte, und wenn auch dieser Um-
stand nicht entscheidet, die ärmste unter jenen Kirchen. --
Subject des Erbrechts ist also eine individuelle Kirchen-
gemeinde, das heißt die Corporation der zu dieser Kirche
gehörenden Christen.

Derselbe Grundsatz findet sich in den Schriftstellern
ganz verschiedener Jahrhunderte: sowohl vor der Reforma-
tion (ff), als nach derselben; bey Katholiken (gg) eben so-
wohl, als bey Protestanten (hh). Diese erkennen gleichmäßig
die individuelle Kirchengemeinde als Inhaber des Kirchen-
vermögens an, namentlich also bey den Pfarrgütern die

(ff) Jo. Faber in Instit. § Nul-
lius, de divis. rerum;
Französi-
scher Jurist des vierzehnten Jahr-
hunderts.
(gg) Gonzalez Tellez in
Decr. Lib. 3 Tit. 13 C. 2 "di-
cendum est dominium rerum
ecclesiasticarum residere pe-
nes ecclesiam illam particula-
rem cui talia bona applicata
sunt pro dote ... Nec persona
aliqua singularis habet domi-
nium, sed sola communitas, per-
sona autem singularis non ut
talis, sed ut pars et membrum
communitatis,
habet in ipsis
rebus jus utendi." Fr. Sar-
mientus
de ecclesiae reditibus
P. 1 C. 1 N. 21 "... et haec
est opinio in glossis posita."
Sarpi de materiis beneficiariis
s. benef. ecclesiast. Jenae 1681.
16 p. 91 -- 93. Sauter fundam.
j. eccles. catholicorum P. 5 Fri-
burgi
1816 § 854. 855.
(hh) J. H. Böhmer Jus eccles.
Protest. Lib. 3 Tit. 5 § 29. 30,
Jus parochiale Sect. 5 C.
3 § 3.
4. 5.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
oder einen Märtyrer zum Erben ein, ſo iſt die demſelben
gewidmete Kirche des Wohnorts, oder (wenn ſich da eine
ſolche nicht findet) der Hauptſtadt der Provinz als ein-
geſetzter Erbe gemeynt. Bleibt nach dieſen Regeln eine
Ungewißheit unter mehreren Kirchen übrig, ſo hat dieje-
nige den Vorzug, zu welcher der Teſtator in ſeinem Leben
beſondere Zuneigung zeigte, und wenn auch dieſer Um-
ſtand nicht entſcheidet, die ärmſte unter jenen Kirchen. —
Subject des Erbrechts iſt alſo eine individuelle Kirchen-
gemeinde, das heißt die Corporation der zu dieſer Kirche
gehörenden Chriſten.

Derſelbe Grundſatz findet ſich in den Schriftſtellern
ganz verſchiedener Jahrhunderte: ſowohl vor der Reforma-
tion (ff), als nach derſelben; bey Katholiken (gg) eben ſo-
wohl, als bey Proteſtanten (hh). Dieſe erkennen gleichmäßig
die individuelle Kirchengemeinde als Inhaber des Kirchen-
vermögens an, namentlich alſo bey den Pfarrgütern die

(ff) Jo. Faber in Instit. § Nul-
lius, de divis. rerum;
Franzöſi-
ſcher Juriſt des vierzehnten Jahr-
hunderts.
(gg) Gonzalez Tellez in
Decr. Lib. 3 Tit. 13 C. 2 „di-
cendum est dominium rerum
ecclesiasticarum residere pe-
nes ecclesiam illam particula-
rem cui talia bona applicata
sunt pro dote … Nec persona
aliqua singularis habet domi-
nium, sed sola communitas, per-
sona autem singularis non ut
talis, sed ut pars et membrum
communitatis,
habet in ipsis
rebus jus utendi.” Fr. Sar-
mientus
de ecclesiae reditibus
P. 1 C. 1 N. 21 „… et haec
est opinio in glossis posita.”
Sarpi de materiis beneficiariis
s. benef. ecclesiast. Jenae 1681.
16 p. 91 — 93. Sauter fundam.
j. eccles. catholicorum P. 5 Fri-
burgi
1816 § 854. 855.
(hh) J. H. Böhmer Jus eccles.
Protest. Lib. 3 Tit. 5 § 29. 30,
Jus parochiale Sect. 5 C.
3 § 3.
4. 5.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0280" n="266"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Per&#x017F;onen.</fw><lb/>
oder einen Märtyrer zum Erben ein, &#x017F;o i&#x017F;t die dem&#x017F;elben<lb/>
gewidmete Kirche des Wohnorts, oder (wenn &#x017F;ich da eine<lb/>
&#x017F;olche nicht findet) der Haupt&#x017F;tadt der Provinz als ein-<lb/>
ge&#x017F;etzter Erbe gemeynt. Bleibt nach die&#x017F;en Regeln eine<lb/>
Ungewißheit unter mehreren Kirchen übrig, &#x017F;o hat dieje-<lb/>
nige den Vorzug, zu welcher der Te&#x017F;tator in &#x017F;einem Leben<lb/>
be&#x017F;ondere Zuneigung zeigte, und wenn auch die&#x017F;er Um-<lb/>
&#x017F;tand nicht ent&#x017F;cheidet, die ärm&#x017F;te unter jenen Kirchen. &#x2014;<lb/>
Subject des Erbrechts i&#x017F;t al&#x017F;o eine individuelle Kirchen-<lb/>
gemeinde, das heißt die Corporation der zu die&#x017F;er Kirche<lb/>
gehörenden Chri&#x017F;ten.</p><lb/>
                <p>Der&#x017F;elbe Grund&#x017F;atz findet &#x017F;ich in den Schrift&#x017F;tellern<lb/>
ganz ver&#x017F;chiedener Jahrhunderte: &#x017F;owohl vor der Reforma-<lb/>
tion <note place="foot" n="(ff)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Jo. Faber</hi> in Instit. § Nul-<lb/>
lius, de divis. rerum;</hi> Franzö&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;cher Juri&#x017F;t des vierzehnten Jahr-<lb/>
hunderts.</note>, als nach der&#x017F;elben; bey Katholiken <note place="foot" n="(gg)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gonzalez Tellez</hi> in<lb/>
Decr. Lib. 3 Tit. 13 C. 2 &#x201E;di-<lb/>
cendum est dominium rerum<lb/>
ecclesiasticarum residere pe-<lb/>
nes ecclesiam illam particula-<lb/>
rem cui talia bona applicata<lb/>
sunt pro dote &#x2026; Nec persona<lb/>
aliqua singularis habet domi-<lb/>
nium, <hi rendition="#i">sed sola communitas,</hi> per-<lb/>
sona autem singularis non ut<lb/>
talis, sed <hi rendition="#i">ut pars et membrum<lb/>
communitatis,</hi> habet in ipsis<lb/>
rebus jus utendi.&#x201D; Fr. <hi rendition="#k">Sar-<lb/>
mientus</hi> de ecclesiae reditibus<lb/>
P. 1 C. 1 N. 21 &#x201E;&#x2026; et haec<lb/>
est opinio in glossis posita.&#x201D;<lb/><hi rendition="#k">Sarpi</hi> de materiis beneficiariis<lb/>
s. benef. ecclesiast. Jenae 1681.<lb/>
16 p. 91 &#x2014; 93. <hi rendition="#k">Sauter</hi> fundam.<lb/>
j. eccles. catholicorum P. 5 Fri-<lb/>
burgi</hi> 1816 § 854. 855.</note> eben &#x017F;o-<lb/>
wohl, als bey Prote&#x017F;tanten <note place="foot" n="(hh)"><hi rendition="#aq">J. H. <hi rendition="#k">Böhmer</hi> Jus eccles.<lb/>
Protest. Lib. 3 Tit. 5 § 29. 30,<lb/>
Jus parochiale Sect. 5 C.</hi> 3 § 3.<lb/>
4. 5.</note>. Die&#x017F;e erkennen gleichmäßig<lb/>
die individuelle Kirchengemeinde als Inhaber des Kirchen-<lb/>
vermögens an, namentlich al&#x017F;o bey den Pfarrgütern die<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0280] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. oder einen Märtyrer zum Erben ein, ſo iſt die demſelben gewidmete Kirche des Wohnorts, oder (wenn ſich da eine ſolche nicht findet) der Hauptſtadt der Provinz als ein- geſetzter Erbe gemeynt. Bleibt nach dieſen Regeln eine Ungewißheit unter mehreren Kirchen übrig, ſo hat dieje- nige den Vorzug, zu welcher der Teſtator in ſeinem Leben beſondere Zuneigung zeigte, und wenn auch dieſer Um- ſtand nicht entſcheidet, die ärmſte unter jenen Kirchen. — Subject des Erbrechts iſt alſo eine individuelle Kirchen- gemeinde, das heißt die Corporation der zu dieſer Kirche gehörenden Chriſten. Derſelbe Grundſatz findet ſich in den Schriftſtellern ganz verſchiedener Jahrhunderte: ſowohl vor der Reforma- tion (ff), als nach derſelben; bey Katholiken (gg) eben ſo- wohl, als bey Proteſtanten (hh). Dieſe erkennen gleichmäßig die individuelle Kirchengemeinde als Inhaber des Kirchen- vermögens an, namentlich alſo bey den Pfarrgütern die (ff) Jo. Faber in Instit. § Nul- lius, de divis. rerum; Franzöſi- ſcher Juriſt des vierzehnten Jahr- hunderts. (gg) Gonzalez Tellez in Decr. Lib. 3 Tit. 13 C. 2 „di- cendum est dominium rerum ecclesiasticarum residere pe- nes ecclesiam illam particula- rem cui talia bona applicata sunt pro dote … Nec persona aliqua singularis habet domi- nium, sed sola communitas, per- sona autem singularis non ut talis, sed ut pars et membrum communitatis, habet in ipsis rebus jus utendi.” Fr. Sar- mientus de ecclesiae reditibus P. 1 C. 1 N. 21 „… et haec est opinio in glossis posita.” Sarpi de materiis beneficiariis s. benef. ecclesiast. Jenae 1681. 16 p. 91 — 93. Sauter fundam. j. eccles. catholicorum P. 5 Fri- burgi 1816 § 854. 855. (hh) J. H. Böhmer Jus eccles. Protest. Lib. 3 Tit. 5 § 29. 30, Jus parochiale Sect. 5 C. 3 § 3. 4. 5.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/280
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/280>, abgerufen am 20.05.2024.