Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
§. 87.
Juristische Personen. -- Geschichte.

Bei den Römern finden sich schon in der ältesten Zeit
bleibende Genossenschaften von mancherley Art: besonders
religiöse und gewerbliche: dann auch die der untergeord-
neten Officianten, z. B. der Lictoren, welche Vereine spä-
terhin bey dem Kanzleypersonal eine große Ausdehnung
erhielten. Dennoch lag in ihrem Daseyn kein dringendes
Bedürfniß, den Begriff juristischer Personen auszubilden,
da bey ihnen die gemeinsame Thätigkeit und etwa die
politische Stellung allein von Wichtigkeit war, die Ver-
mögensfähigkeit aber mehr zurücktrat; so z. B. veranlaßte
zwar der Gottesdienst nicht geringen Aufwand, aber die
Kosten desselben wurden vom Staat bestritten, machten
also ein Corporationsvermögen der Priestercollegien oder
der Tempel selbst weniger nöthig (Note p). Ferner konnte
die fromme Absicht derer, die durch Stiftungen den Göt-
terdienst fördern wollten, meist ganz einfach durch Conse-
cration der dazu bestimmten Sachen erreicht werden, wo-
durch diese dem Eigenthum überhaupt entzogen, also nicht
etwa dem Tempel oder den Priestern Eigenthum beyge-
legt wurden.

Bey der Vergrößerung des Staats waren es zuerst
die abhängigen Gemeinden (Municipien und Colonieen),

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
§. 87.
Juriſtiſche Perſonen. — Geſchichte.

Bei den Römern finden ſich ſchon in der älteſten Zeit
bleibende Genoſſenſchaften von mancherley Art: beſonders
religiöſe und gewerbliche: dann auch die der untergeord-
neten Officianten, z. B. der Lictoren, welche Vereine ſpä-
terhin bey dem Kanzleyperſonal eine große Ausdehnung
erhielten. Dennoch lag in ihrem Daſeyn kein dringendes
Bedürfniß, den Begriff juriſtiſcher Perſonen auszubilden,
da bey ihnen die gemeinſame Thätigkeit und etwa die
politiſche Stellung allein von Wichtigkeit war, die Ver-
mögensfähigkeit aber mehr zurücktrat; ſo z. B. veranlaßte
zwar der Gottesdienſt nicht geringen Aufwand, aber die
Koſten deſſelben wurden vom Staat beſtritten, machten
alſo ein Corporationsvermögen der Prieſtercollegien oder
der Tempel ſelbſt weniger nöthig (Note p). Ferner konnte
die fromme Abſicht derer, die durch Stiftungen den Göt-
terdienſt fördern wollten, meiſt ganz einfach durch Conſe-
cration der dazu beſtimmten Sachen erreicht werden, wo-
durch dieſe dem Eigenthum überhaupt entzogen, alſo nicht
etwa dem Tempel oder den Prieſtern Eigenthum beyge-
legt wurden.

Bey der Vergrößerung des Staats waren es zuerſt
die abhängigen Gemeinden (Municipien und Colonieen),

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0260" n="246"/>
          <fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Per&#x017F;onen.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 87.<lb/><hi rendition="#g">Juri&#x017F;ti&#x017F;che Per&#x017F;onen. &#x2014; Ge&#x017F;chichte</hi>.</head><lb/>
            <p>Bei den Römern finden &#x017F;ich &#x017F;chon in der älte&#x017F;ten Zeit<lb/>
bleibende Geno&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften von mancherley Art: be&#x017F;onders<lb/>
religiö&#x017F;e und gewerbliche: dann auch die der untergeord-<lb/>
neten Officianten, z. B. der Lictoren, welche Vereine &#x017F;pä-<lb/>
terhin bey dem Kanzleyper&#x017F;onal eine große Ausdehnung<lb/>
erhielten. Dennoch lag in ihrem Da&#x017F;eyn kein dringendes<lb/>
Bedürfniß, den Begriff juri&#x017F;ti&#x017F;cher Per&#x017F;onen auszubilden,<lb/>
da bey ihnen die gemein&#x017F;ame Thätigkeit und etwa die<lb/>
politi&#x017F;che Stellung allein von Wichtigkeit war, die Ver-<lb/>
mögensfähigkeit aber mehr zurücktrat; &#x017F;o z. B. veranlaßte<lb/>
zwar der Gottesdien&#x017F;t nicht geringen Aufwand, aber die<lb/>
Ko&#x017F;ten de&#x017F;&#x017F;elben wurden vom Staat be&#x017F;tritten, machten<lb/>
al&#x017F;o ein Corporationsvermögen der Prie&#x017F;tercollegien oder<lb/>
der Tempel &#x017F;elb&#x017F;t weniger nöthig (Note <hi rendition="#aq">p</hi>). Ferner konnte<lb/>
die fromme Ab&#x017F;icht derer, die durch Stiftungen den Göt-<lb/>
terdien&#x017F;t fördern wollten, mei&#x017F;t ganz einfach durch Con&#x017F;e-<lb/>
cration der dazu be&#x017F;timmten Sachen erreicht werden, wo-<lb/>
durch die&#x017F;e dem Eigenthum überhaupt entzogen, al&#x017F;o nicht<lb/>
etwa dem Tempel oder den Prie&#x017F;tern Eigenthum beyge-<lb/>
legt wurden.</p><lb/>
            <p>Bey der Vergrößerung des Staats waren es zuer&#x017F;t<lb/>
die abhängigen Gemeinden (Municipien und Colonieen),<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0260] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. §. 87. Juriſtiſche Perſonen. — Geſchichte. Bei den Römern finden ſich ſchon in der älteſten Zeit bleibende Genoſſenſchaften von mancherley Art: beſonders religiöſe und gewerbliche: dann auch die der untergeord- neten Officianten, z. B. der Lictoren, welche Vereine ſpä- terhin bey dem Kanzleyperſonal eine große Ausdehnung erhielten. Dennoch lag in ihrem Daſeyn kein dringendes Bedürfniß, den Begriff juriſtiſcher Perſonen auszubilden, da bey ihnen die gemeinſame Thätigkeit und etwa die politiſche Stellung allein von Wichtigkeit war, die Ver- mögensfähigkeit aber mehr zurücktrat; ſo z. B. veranlaßte zwar der Gottesdienſt nicht geringen Aufwand, aber die Koſten deſſelben wurden vom Staat beſtritten, machten alſo ein Corporationsvermögen der Prieſtercollegien oder der Tempel ſelbſt weniger nöthig (Note p). Ferner konnte die fromme Abſicht derer, die durch Stiftungen den Göt- terdienſt fördern wollten, meiſt ganz einfach durch Conſe- cration der dazu beſtimmten Sachen erreicht werden, wo- durch dieſe dem Eigenthum überhaupt entzogen, alſo nicht etwa dem Tempel oder den Prieſtern Eigenthum beyge- legt wurden. Bey der Vergrößerung des Staats waren es zuerſt die abhängigen Gemeinden (Municipien und Colonieen),

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/260
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/260>, abgerufen am 17.05.2024.