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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
werden, weil kein Peregrinus die testamentifactio hatte (dd).
Dieses Hinderniß kann in einer neueren Gesetzgebung nicht
vorkommen, weil wir die Römische magna capitis demi-
nutio
nicht kennen.

Die Fiction des Todes endlich, wenn sie streng durch-
geführt wird, macht allerdings ein späteres Testament un-
möglich, weil ein todter Mensch kein Testament machen
kann. Dagegen steht sie der Wirksamkeit des früheren
Testaments gewiß nicht im Wege, indem ja auch der
wirkliche Tod ein vorhandenes Testament nicht entkräftet,
sondern erst recht in Kraft setzt. Dieses wird besonders
einleuchtend in einem Fall, worin die Fiction des Todes,
ganz besonders zu diesem Zweck, durch einen eignen Volks-
schluß (die Lex Cornelia) ausgesprochen war. Wenn
nämlich ein Römer als Kriegsgefangner starb, so wurde
fingirt, er sey im Augenblick der Gefangennehmung ge-
storben; dadurch wurde sein früher gemachtes Testament
aufrecht erhalten, welches ohne diese Fiction durch die
maxima capitis deminutio vernichtet worden wäre (ee).

In den Römischen Begriffen und Rechtsregeln also,
wenn wir sie consequent auf unsren veränderten Rechts-
zustand anwenden, liegt kein durchgreifender Grund, dem
Testament eines Verurtheilten in einer heutigen Gesetzge-
bung die Wirksamkeit zu versagen.


(dd) L. 8 § 1 -- 4 qui test.
(28. 1.).
(ee) L. 6 § 5. 12 de injusto
(28. 3.). L. 12 qui test. (28. 1.).
Ulpian. XXIII.
§ 5.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
werden, weil kein Peregrinus die testamentifactio hatte (dd).
Dieſes Hinderniß kann in einer neueren Geſetzgebung nicht
vorkommen, weil wir die Römiſche magna capitis demi-
nutio
nicht kennen.

Die Fiction des Todes endlich, wenn ſie ſtreng durch-
geführt wird, macht allerdings ein ſpäteres Teſtament un-
moͤglich, weil ein todter Menſch kein Teſtament machen
kann. Dagegen ſteht ſie der Wirkſamkeit des früheren
Teſtaments gewiß nicht im Wege, indem ja auch der
wirkliche Tod ein vorhandenes Teſtament nicht entkräftet,
ſondern erſt recht in Kraft ſetzt. Dieſes wird beſonders
einleuchtend in einem Fall, worin die Fiction des Todes,
ganz beſonders zu dieſem Zweck, durch einen eignen Volks-
ſchluß (die Lex Cornelia) ausgeſprochen war. Wenn
naͤmlich ein Römer als Kriegsgefangner ſtarb, ſo wurde
fingirt, er ſey im Augenblick der Gefangennehmung ge-
ſtorben; dadurch wurde ſein früher gemachtes Teſtament
aufrecht erhalten, welches ohne dieſe Fiction durch die
maxima capitis deminutio vernichtet worden wäre (ee).

In den Römiſchen Begriffen und Rechtsregeln alſo,
wenn wir ſie conſequent auf unſren veränderten Rechts-
zuſtand anwenden, liegt kein durchgreifender Grund, dem
Teſtament eines Verurtheilten in einer heutigen Geſetzge-
bung die Wirkſamkeit zu verſagen.


(dd) L. 8 § 1 — 4 qui test.
(28. 1.).
(ee) L. 6 § 5. 12 de injusto
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Ulpian. XXIII.
§ 5.
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[168/0182] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. werden, weil kein Peregrinus die testamentifactio hatte (dd). Dieſes Hinderniß kann in einer neueren Geſetzgebung nicht vorkommen, weil wir die Römiſche magna capitis demi- nutio nicht kennen. Die Fiction des Todes endlich, wenn ſie ſtreng durch- geführt wird, macht allerdings ein ſpäteres Teſtament un- moͤglich, weil ein todter Menſch kein Teſtament machen kann. Dagegen ſteht ſie der Wirkſamkeit des früheren Teſtaments gewiß nicht im Wege, indem ja auch der wirkliche Tod ein vorhandenes Teſtament nicht entkräftet, ſondern erſt recht in Kraft ſetzt. Dieſes wird beſonders einleuchtend in einem Fall, worin die Fiction des Todes, ganz beſonders zu dieſem Zweck, durch einen eignen Volks- ſchluß (die Lex Cornelia) ausgeſprochen war. Wenn naͤmlich ein Römer als Kriegsgefangner ſtarb, ſo wurde fingirt, er ſey im Augenblick der Gefangennehmung ge- ſtorben; dadurch wurde ſein früher gemachtes Teſtament aufrecht erhalten, welches ohne dieſe Fiction durch die maxima capitis deminutio vernichtet worden wäre (ee). In den Römiſchen Begriffen und Rechtsregeln alſo, wenn wir ſie conſequent auf unſren veränderten Rechts- zuſtand anwenden, liegt kein durchgreifender Grund, dem Teſtament eines Verurtheilten in einer heutigen Geſetzge- bung die Wirkſamkeit zu verſagen. (dd) L. 8 § 1 — 4 qui test. (28. 1.). (ee) L. 6 § 5. 12 de injusto (28. 3.). L. 12 qui test. (28. 1.). Ulpian. XXIII. § 5.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/182>, abgerufen am 28.11.2024.