Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 56. Vermögensrecht. weisen ist schon an sich, als gezwungen und einseitig, derEinsicht in die wahre Natur der Rechtsverhältnisse hin- derlich: nicht zu gedenken, daß sie auf manche Rechtsver- hältnisse ganz und gar nicht passen, so daß diese bey con- sequenter Durchführung des Grundgedankens eigentlich ganz wegfallen müßten (i). Wir verstehen nun in der einzelnen Anwendung unter auf das Eigenthum nur in der Überschrift figurirt. -- Eben so betrachtet das Preußische Land- recht die obligatorischen Verträge und die Testamente nur als Titel zum Erwerb des Eigenthums (Th. I. Tit. 11. 12. 13.). (i) So z. B. findet sich conse-
quenterweise bey Domat für die Occupation und die sogenannte Specification kein Platz. Das Preuß. Landrecht und der Code civil behandeln das Mandat als ein Mittel zum Erwerb des Ei- genthums, obgleich dasselbe nach seiner allgemeinen Natur eben so- wohl auf andere Zwecke gerich- tet seyn kann. §. 56. Vermögensrecht. weiſen iſt ſchon an ſich, als gezwungen und einſeitig, derEinſicht in die wahre Natur der Rechtsverhältniſſe hin- derlich: nicht zu gedenken, daß ſie auf manche Rechtsver- hältniſſe ganz und gar nicht paſſen, ſo daß dieſe bey con- ſequenter Durchführung des Grundgedankens eigentlich ganz wegfallen müßten (i). Wir verſtehen nun in der einzelnen Anwendung unter auf das Eigenthum nur in der Überſchrift figurirt. — Eben ſo betrachtet das Preußiſche Land- recht die obligatoriſchen Verträge und die Teſtamente nur als Titel zum Erwerb des Eigenthums (Th. I. Tit. 11. 12. 13.). (i) So z. B. findet ſich conſe-
quenterweiſe bey Domat für die Occupation und die ſogenannte Specification kein Platz. Das Preuß. Landrecht und der Code civil behandeln das Mandat als ein Mittel zum Erwerb des Ei- genthums, obgleich daſſelbe nach ſeiner allgemeinen Natur eben ſo- wohl auf andere Zwecke gerich- tet ſeyn kann. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0431" n="375"/><fw place="top" type="header">§. 56. Vermögensrecht.</fw><lb/> weiſen iſt ſchon an ſich, als gezwungen und einſeitig, der<lb/> Einſicht in die wahre Natur der Rechtsverhältniſſe hin-<lb/> derlich: nicht zu gedenken, daß ſie auf manche Rechtsver-<lb/> hältniſſe ganz und gar nicht paſſen, ſo daß dieſe bey con-<lb/> ſequenter Durchführung des Grundgedankens eigentlich ganz<lb/> wegfallen müßten <note place="foot" n="(i)">So z. B. findet ſich conſe-<lb/> quenterweiſe bey <hi rendition="#g">Domat</hi> für die<lb/> Occupation und die ſogenannte<lb/> Specification kein Platz. Das<lb/> Preuß. Landrecht und der <hi rendition="#aq">Code<lb/> civil</hi> behandeln das Mandat als<lb/> ein Mittel zum Erwerb des Ei-<lb/> genthums, obgleich daſſelbe nach<lb/> ſeiner allgemeinen Natur eben ſo-<lb/> wohl auf andere Zwecke gerich-<lb/> tet ſeyn kann.</note>.</p><lb/> <p>Wir verſtehen nun in der einzelnen Anwendung unter<lb/><hi rendition="#g">Vermögen</hi> die Totalität aller hier beſchriebenen Ver-<lb/> hältniſſe, inſoferne ſie ſich auf eine beſtimmte Perſon als<lb/> deren Träger beziehen. Dieſer wichtige Rechtsbegriff wird<lb/> noch durch folgende nähere Beſtimmungen ausgebildet.<lb/> Erſtlich iſt die Beziehung dieſer Rechte auf eine beſtimmte<lb/> Perſon zufällig und wandelbar, ſo daß alſo jedes Ver-<lb/> mögen einen beſtimmten Umfang hat nur unter Voraus-<lb/> ſetzung eines gegebenen Zeitpunktes, und daß es in jedem<lb/> anderen Zeitpunkt einen ganz verſchiedenen Inhalt haben<lb/> kann. Zweytens können wir in der allgemeinen Betrach-<lb/> tung des individuellen Vermögens abſtrahiren von der Be-<lb/> ſchaffenheit der einzelnen Rechte, woraus es gerade be-<lb/> ſteht, und durch dieſe Abſtraction verwandelt es ſich für<lb/> unſre Betrachtung in eine reine Quantität von gleicharti-<lb/><note xml:id="seg2pn_50_2" prev="#seg2pn_50_1" place="foot" n="(h)">auf das Eigenthum nur in der<lb/> Überſchrift figurirt. — Eben ſo<lb/> betrachtet das Preußiſche Land-<lb/> recht die obligatoriſchen Verträge<lb/> und die Teſtamente nur als Titel<lb/> zum Erwerb des Eigenthums<lb/> (Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> Tit. 11. 12. 13.).</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [375/0431]
§. 56. Vermögensrecht.
weiſen iſt ſchon an ſich, als gezwungen und einſeitig, der
Einſicht in die wahre Natur der Rechtsverhältniſſe hin-
derlich: nicht zu gedenken, daß ſie auf manche Rechtsver-
hältniſſe ganz und gar nicht paſſen, ſo daß dieſe bey con-
ſequenter Durchführung des Grundgedankens eigentlich ganz
wegfallen müßten (i).
Wir verſtehen nun in der einzelnen Anwendung unter
Vermögen die Totalität aller hier beſchriebenen Ver-
hältniſſe, inſoferne ſie ſich auf eine beſtimmte Perſon als
deren Träger beziehen. Dieſer wichtige Rechtsbegriff wird
noch durch folgende nähere Beſtimmungen ausgebildet.
Erſtlich iſt die Beziehung dieſer Rechte auf eine beſtimmte
Perſon zufällig und wandelbar, ſo daß alſo jedes Ver-
mögen einen beſtimmten Umfang hat nur unter Voraus-
ſetzung eines gegebenen Zeitpunktes, und daß es in jedem
anderen Zeitpunkt einen ganz verſchiedenen Inhalt haben
kann. Zweytens können wir in der allgemeinen Betrach-
tung des individuellen Vermögens abſtrahiren von der Be-
ſchaffenheit der einzelnen Rechte, woraus es gerade be-
ſteht, und durch dieſe Abſtraction verwandelt es ſich für
unſre Betrachtung in eine reine Quantität von gleicharti-
(h)
(i) So z. B. findet ſich conſe-
quenterweiſe bey Domat für die
Occupation und die ſogenannte
Specification kein Platz. Das
Preuß. Landrecht und der Code
civil behandeln das Mandat als
ein Mittel zum Erwerb des Ei-
genthums, obgleich daſſelbe nach
ſeiner allgemeinen Natur eben ſo-
wohl auf andere Zwecke gerich-
tet ſeyn kann.
(h) auf das Eigenthum nur in der
Überſchrift figurirt. — Eben ſo
betrachtet das Preußiſche Land-
recht die obligatoriſchen Verträge
und die Teſtamente nur als Titel
zum Erwerb des Eigenthums
(Th. I. Tit. 11. 12. 13.).
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