nothwendige Folgen der Ehe selbst, sondern Folgen will- kührlicher Handlungen, deren Möglichkeit aber durch das Daseyn der Ehe bedingt ist.
Die väterliche Gewalt äußert ihren Einfluß auf das Vermögen in folgender Weise. Das Kind ist unfähig für sich selbst Vermögen zu erwerben, also auch solches zu haben; es ist dagegen fähig, dem Vater zu erwerben, ja dieser Erwerb folgt nothwendig aus den Handlungen des Kindes. Diese sowohl mögliche als nothwendige Re- präsentation des Vaters durch die erwerbenden Handlun- gen des Kindes wird als Personeneinheit unter beyden bezeichnet. Sie wird aber auf mancherley Weise einge- schränkt durch die (zum Theil fälschlich so genannten) Pe- culien. -- Vergleicht man diesen vielfachen Einfluß der väterlichen Gewalt mit den Naturverhältnissen, welche oben als Grundlage der Familie angegeben worden sind, so ergiebt sich Folgendes. Das Erziehungsbedürfniß fin- det seine Befriedigung allerdings in der väterlichen Ge- walt, aber nicht eigentlich in der rechtlichen Seite dersel- ben, sondern in der rechtlich unbestimmten Macht, die der Vater ohnehin über das Kind, auch ohne Rücksicht auf dessen Alter, hat. Alles Übrige aber, also gerade die oben bemerkte rein juristische Einwirkung auf das Vermö- gen, hat mit der Erziehung gar keinen Zusammenhang. Hierin zeigt sich vielmehr unverkennbar die Ansicht, nach welcher der Sohn die Persönlichkeit des Vaters in sich aufnimmt und über des Vaters Leben hinaus fortführt,
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§. 54. Familienrecht.
nothwendige Folgen der Ehe ſelbſt, ſondern Folgen will- kührlicher Handlungen, deren Möglichkeit aber durch das Daſeyn der Ehe bedingt iſt.
Die väterliche Gewalt äußert ihren Einfluß auf das Vermögen in folgender Weiſe. Das Kind iſt unfähig für ſich ſelbſt Vermögen zu erwerben, alſo auch ſolches zu haben; es iſt dagegen fähig, dem Vater zu erwerben, ja dieſer Erwerb folgt nothwendig aus den Handlungen des Kindes. Dieſe ſowohl mögliche als nothwendige Re- präſentation des Vaters durch die erwerbenden Handlun- gen des Kindes wird als Perſoneneinheit unter beyden bezeichnet. Sie wird aber auf mancherley Weiſe einge- ſchränkt durch die (zum Theil fälſchlich ſo genannten) Pe- culien. — Vergleicht man dieſen vielfachen Einfluß der väterlichen Gewalt mit den Naturverhältniſſen, welche oben als Grundlage der Familie angegeben worden ſind, ſo ergiebt ſich Folgendes. Das Erziehungsbedürfniß fin- det ſeine Befriedigung allerdings in der väterlichen Ge- walt, aber nicht eigentlich in der rechtlichen Seite derſel- ben, ſondern in der rechtlich unbeſtimmten Macht, die der Vater ohnehin über das Kind, auch ohne Rückſicht auf deſſen Alter, hat. Alles Übrige aber, alſo gerade die oben bemerkte rein juriſtiſche Einwirkung auf das Vermö- gen, hat mit der Erziehung gar keinen Zuſammenhang. Hierin zeigt ſich vielmehr unverkennbar die Anſicht, nach welcher der Sohn die Perſönlichkeit des Vaters in ſich aufnimmt und über des Vaters Leben hinaus fortführt,
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§. 54. Familienrecht.
nothwendige Folgen der Ehe ſelbſt, ſondern Folgen will-
kührlicher Handlungen, deren Möglichkeit aber durch das
Daſeyn der Ehe bedingt iſt.
Die väterliche Gewalt äußert ihren Einfluß auf
das Vermögen in folgender Weiſe. Das Kind iſt unfähig
für ſich ſelbſt Vermögen zu erwerben, alſo auch ſolches
zu haben; es iſt dagegen fähig, dem Vater zu erwerben,
ja dieſer Erwerb folgt nothwendig aus den Handlungen
des Kindes. Dieſe ſowohl mögliche als nothwendige Re-
präſentation des Vaters durch die erwerbenden Handlun-
gen des Kindes wird als Perſoneneinheit unter beyden
bezeichnet. Sie wird aber auf mancherley Weiſe einge-
ſchränkt durch die (zum Theil fälſchlich ſo genannten) Pe-
culien. — Vergleicht man dieſen vielfachen Einfluß der
väterlichen Gewalt mit den Naturverhältniſſen, welche
oben als Grundlage der Familie angegeben worden ſind,
ſo ergiebt ſich Folgendes. Das Erziehungsbedürfniß fin-
det ſeine Befriedigung allerdings in der väterlichen Ge-
walt, aber nicht eigentlich in der rechtlichen Seite derſel-
ben, ſondern in der rechtlich unbeſtimmten Macht, die der
Vater ohnehin über das Kind, auch ohne Rückſicht auf
deſſen Alter, hat. Alles Übrige aber, alſo gerade die
oben bemerkte rein juriſtiſche Einwirkung auf das Vermö-
gen, hat mit der Erziehung gar keinen Zuſammenhang.
Hierin zeigt ſich vielmehr unverkennbar die Anſicht, nach
welcher der Sohn die Perſönlichkeit des Vaters in ſich
aufnimmt und über des Vaters Leben hinaus fortführt,
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/409>, abgerufen am 25.11.2024.
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