Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

besonderer Verfassung beruht, und was eine verwerf-
liche Subtilität ist, kann offenbar nur von einer sehr
gründlichen Rechtsgeschichte aus erkannt werden; dieselbe
geschichtliche Kenntniß und zugleich ein lebendiges Quel-
lenstudium ist nöthig, wenn das anwendbare recht ver-
standen und zu wirklicher Anwendung ersprieslich ver-
arbeitet werden soll. Ob nun die Schulen von Net-
telbladt
und Darjes, in welchen gewiß die Meisten
gebildet worden sind, die auf das Landrecht großen
Einfluß gehabt haben, im Besitz dieser geschichtlichen
Kenntnisse und dieses Quellenstudiums waren, über-
lasse ich jedem aus den Schriften dieser Schulen und
ihrer Meister zu beurtheilen 1). Der Anfang des Gan-
zen sollte ein vollständiger Auszug der Justinianischen
Rechtsbücher seyn. Dazu war Anfangs an Schlosser
der Antrag gemacht worden, mit welchem man aber
über die Bedingungen nicht einig werden konnte 2).
Der Auszug selbst wurde nun von D. Volkmar
nach einem systematischen Plane von Suarez ge-
macht; zur Kontrolle der Vollständigkeit verfertigte
Volkmar ein Verzeichniß aller Stellen des Corpus
juris
nach Ordnung der Quellen, so daß bey jeder
Stelle bemerkt wurde, wo sie in jenem Systeme vor-

1) Hugo über Daniel Nettelbladt, eivilist. Magazin
B. 2. N. 1.
2) Simon S. 198.

beſonderer Verfaſſung beruht, und was eine verwerf-
liche Subtilität iſt, kann offenbar nur von einer ſehr
gründlichen Rechtsgeſchichte aus erkannt werden; dieſelbe
geſchichtliche Kenntniß und zugleich ein lebendiges Quel-
lenſtudium iſt nöthig, wenn das anwendbare recht ver-
ſtanden und zu wirklicher Anwendung erſprieslich ver-
arbeitet werden ſoll. Ob nun die Schulen von Net-
telbladt
und Darjes, in welchen gewiß die Meiſten
gebildet worden ſind, die auf das Landrecht großen
Einfluß gehabt haben, im Beſitz dieſer geſchichtlichen
Kenntniſſe und dieſes Quellenſtudiums waren, über-
laſſe ich jedem aus den Schriften dieſer Schulen und
ihrer Meiſter zu beurtheilen 1). Der Anfang des Gan-
zen ſollte ein vollſtändiger Auszug der Juſtinianiſchen
Rechtsbücher ſeyn. Dazu war Anfangs an Schloſſer
der Antrag gemacht worden, mit welchem man aber
über die Bedingungen nicht einig werden konnte 2).
Der Auszug ſelbſt wurde nun von D. Volkmar
nach einem ſyſtematiſchen Plane von Suarez ge-
macht; zur Kontrolle der Vollſtändigkeit verfertigte
Volkmar ein Verzeichniß aller Stellen des Corpus
juris
nach Ordnung der Quellen, ſo daß bey jeder
Stelle bemerkt wurde, wo ſie in jenem Syſteme vor-

1) Hugo über Daniel Nettelbladt, eiviliſt. Magazin
B. 2. N. 1.
2) Simon S. 198.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0095" n="85"/>
be&#x017F;onderer Verfa&#x017F;&#x017F;ung beruht, und was eine verwerf-<lb/>
liche Subtilität i&#x017F;t, kann offenbar nur von einer &#x017F;ehr<lb/>
gründlichen Rechtsge&#x017F;chichte aus erkannt werden; die&#x017F;elbe<lb/>
ge&#x017F;chichtliche Kenntniß und zugleich ein lebendiges Quel-<lb/>
len&#x017F;tudium i&#x017F;t nöthig, wenn das anwendbare recht ver-<lb/>
&#x017F;tanden und zu wirklicher Anwendung er&#x017F;prieslich ver-<lb/>
arbeitet werden &#x017F;oll. Ob nun die Schulen von <hi rendition="#g">Net-<lb/>
telbladt</hi> und <hi rendition="#g">Darjes</hi>, in welchen gewiß die Mei&#x017F;ten<lb/>
gebildet worden &#x017F;ind, die auf das Landrecht großen<lb/>
Einfluß gehabt haben, im Be&#x017F;itz die&#x017F;er ge&#x017F;chichtlichen<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;e und die&#x017F;es Quellen&#x017F;tudiums waren, über-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e ich jedem aus den Schriften die&#x017F;er Schulen und<lb/>
ihrer Mei&#x017F;ter zu beurtheilen <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Hugo</hi> über Daniel <hi rendition="#g">Nettelbladt</hi>, eivili&#x017F;t. Magazin<lb/>
B. 2. <hi rendition="#aq">N.</hi> 1.</note>. Der Anfang des Gan-<lb/>
zen &#x017F;ollte ein voll&#x017F;tändiger Auszug der Ju&#x017F;tiniani&#x017F;chen<lb/>
Rechtsbücher &#x017F;eyn. Dazu war Anfangs an <hi rendition="#g">Schlo&#x017F;&#x017F;er</hi><lb/>
der Antrag gemacht worden, mit welchem man aber<lb/>
über die Bedingungen nicht einig werden konnte <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#g">Simon</hi> S. 198.</note>.<lb/>
Der Auszug &#x017F;elb&#x017F;t wurde nun von <hi rendition="#aq">D.</hi> <hi rendition="#g">Volkmar</hi><lb/>
nach einem &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;chen Plane von <hi rendition="#g">Suarez</hi> ge-<lb/>
macht; zur Kontrolle der Voll&#x017F;tändigkeit verfertigte<lb/><hi rendition="#g">Volkmar</hi> ein Verzeichniß aller Stellen des <hi rendition="#aq">Corpus<lb/>
juris</hi> nach Ordnung der Quellen, &#x017F;o daß bey jeder<lb/>
Stelle bemerkt wurde, wo &#x017F;ie in jenem Sy&#x017F;teme vor-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0095] beſonderer Verfaſſung beruht, und was eine verwerf- liche Subtilität iſt, kann offenbar nur von einer ſehr gründlichen Rechtsgeſchichte aus erkannt werden; dieſelbe geſchichtliche Kenntniß und zugleich ein lebendiges Quel- lenſtudium iſt nöthig, wenn das anwendbare recht ver- ſtanden und zu wirklicher Anwendung erſprieslich ver- arbeitet werden ſoll. Ob nun die Schulen von Net- telbladt und Darjes, in welchen gewiß die Meiſten gebildet worden ſind, die auf das Landrecht großen Einfluß gehabt haben, im Beſitz dieſer geſchichtlichen Kenntniſſe und dieſes Quellenſtudiums waren, über- laſſe ich jedem aus den Schriften dieſer Schulen und ihrer Meiſter zu beurtheilen 1). Der Anfang des Gan- zen ſollte ein vollſtändiger Auszug der Juſtinianiſchen Rechtsbücher ſeyn. Dazu war Anfangs an Schloſſer der Antrag gemacht worden, mit welchem man aber über die Bedingungen nicht einig werden konnte 2). Der Auszug ſelbſt wurde nun von D. Volkmar nach einem ſyſtematiſchen Plane von Suarez ge- macht; zur Kontrolle der Vollſtändigkeit verfertigte Volkmar ein Verzeichniß aller Stellen des Corpus juris nach Ordnung der Quellen, ſo daß bey jeder Stelle bemerkt wurde, wo ſie in jenem Syſteme vor- 1) Hugo über Daniel Nettelbladt, eiviliſt. Magazin B. 2. N. 1. 2) Simon S. 198.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/95
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/95>, abgerufen am 27.04.2024.