Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.Glossatoren den Vortheil, daß sie aus den Quellen Die neue Oesterreichische Studienordnung (von Gloſſatoren den Vortheil, daß ſie aus den Quellen Die neue Oeſterreichiſche Studienordnung (von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0150" n="140"/> Gloſſatoren den Vortheil, daß ſie aus den Quellen<lb/> ſelbſt zu ſchöpfen genöthigt waren, dieſe waren alſo<lb/> ihr Object; Bartolus dagegen hatte ſchon die Schrif-<lb/> ten der Gloſſatoren zum Object, die ſich nunmehr<lb/> zwiſchen die gegenwärtigen Juriſten und die Quellen<lb/> geſtellt hatten, und dieſes iſt ein Hauptgrund, warum<lb/> die Schule des Bartolus ſo viel ſchlechter iſt, als die<lb/> der Gloſſatoren. Derſelbe Rückſchritt wird überall<lb/> ſtatt finden, wo nicht der Grundſatz befolgt wird, je-<lb/> den Stoff bis zu ſeiner Wurzel zu verfolgen, welcher<lb/> Grundſatz oben als der Character der hiſtoriſchen<lb/> Methode angegeben worden iſt. So denn auch bey<lb/> dem Code; wenn z. B. einer der Redactoren auch<lb/> die übertriebenſte Meynung vom Werthe des Code<lb/> hegte, ſo würde er doch im Vertrauen bekenuen, daß<lb/> er ſelbſt höher ſtehe als dieſes ſein Werk: er würde<lb/> einräumen, daß er ſelbſt ſeine Bildung unabhängig<lb/> von dem Code erhalten habe, und daß die gegen-<lb/> wärtige Generation, die durch den Code erzogen wer-<lb/> den ſoll, nicht auf den Punkt kommen würde, worauf<lb/> er ſelbſt ſteht, und worauf er fähig war, ein ſolches<lb/> Werk hervorzubringen. Dieſe einfache Ueberlegung<lb/> wird daſſelbe Reſultat überall haben, wo man mit<lb/> Einführung des neuen Geſetzbuchs zugleich das vori-<lb/> ge Studium zerſtört, gleichſam die Brücke hinter ſich<lb/> abwerfend, auf welcher man über den Strom gekom-<lb/> men iſt.</p><lb/> <p>Die neue Oeſterreichiſche Studienordnung (von<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [140/0150]
Gloſſatoren den Vortheil, daß ſie aus den Quellen
ſelbſt zu ſchöpfen genöthigt waren, dieſe waren alſo
ihr Object; Bartolus dagegen hatte ſchon die Schrif-
ten der Gloſſatoren zum Object, die ſich nunmehr
zwiſchen die gegenwärtigen Juriſten und die Quellen
geſtellt hatten, und dieſes iſt ein Hauptgrund, warum
die Schule des Bartolus ſo viel ſchlechter iſt, als die
der Gloſſatoren. Derſelbe Rückſchritt wird überall
ſtatt finden, wo nicht der Grundſatz befolgt wird, je-
den Stoff bis zu ſeiner Wurzel zu verfolgen, welcher
Grundſatz oben als der Character der hiſtoriſchen
Methode angegeben worden iſt. So denn auch bey
dem Code; wenn z. B. einer der Redactoren auch
die übertriebenſte Meynung vom Werthe des Code
hegte, ſo würde er doch im Vertrauen bekenuen, daß
er ſelbſt höher ſtehe als dieſes ſein Werk: er würde
einräumen, daß er ſelbſt ſeine Bildung unabhängig
von dem Code erhalten habe, und daß die gegen-
wärtige Generation, die durch den Code erzogen wer-
den ſoll, nicht auf den Punkt kommen würde, worauf
er ſelbſt ſteht, und worauf er fähig war, ein ſolches
Werk hervorzubringen. Dieſe einfache Ueberlegung
wird daſſelbe Reſultat überall haben, wo man mit
Einführung des neuen Geſetzbuchs zugleich das vori-
ge Studium zerſtört, gleichſam die Brücke hinter ſich
abwerfend, auf welcher man über den Strom gekom-
men iſt.
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