Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.besten Kräfte entzogen wurden und zum Theil noch 1) Projet de code civil p. XIII. "Dans l'etat de nos societes, il est trop heureux que la jurisprudence forme une science qui puisse fixer le talent, flatter l'amour propre et reveiller l'emula- tion." -- P. XIV. "On ne saurait comprendre combien cette habitude de science et de raison adoucit et regle le pouvoir." J
beſten Kräfte entzogen wurden und zum Theil noch 1) Projet de code civil p. XIII. „Dans l’état de nos sociétés, il est trop heureux que la jurisprudence forme une science qui puisse fixer le talent, flatter l’amour propre et réveiller l’émula- tion.“ — P. XIV. „On ne saurait comprendre combien cette habitude de science et de raison adoucit et règle le pouvoir.“ J
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0139" n="129"/> beſten Kräfte entzogen wurden und zum Theil noch<lb/> entzogen werden. Zugleich iſt dieſe Verknüpfung<lb/> der Praxis mit einer lebendigen, ſich ſtets fort-<lb/> bildenden Theorie das einzige Mittel, geiſtreiche Men-<lb/> ſchen für den Richterberuf wahrhaft zu gewinnen.<lb/> Zwar Ehre und Rechtlichkeit kann der Richterſtand<lb/> auch ohne dieſes haben, auch kann er ſich fortwäh-<lb/> rend bilden durch Beſchäftigungen außer ſeinem Be-<lb/> ruf, wie ſie jeden nach ſeiner Eigenthümlichkeit vor-<lb/> zugsweiſe anſprechen: aber ganz anders wird es ſeyn,<lb/> wenn der eigene Beruf ſelbſt durch ſeinen Zuſammen-<lb/> hang mit dem Ganzen einen wiſſenſchaftlichen Cha-<lb/> racter annimmt, und ſelbſt zu einem Bildungsmittel<lb/> wird. Ein ſolcher Zuſtand allein wird alle Forde-<lb/> rungen befriedigen können: der Einzelne wird nicht<lb/> als bloßes Werkzeug dienen, ſondern in freyem, wür-<lb/> digem Berufe leben, und die Rechtspflege wird wah-<lb/> re, kunſtmäßige Vollendung erhalten. Auch die Fran-<lb/> zoſen haben dieſes Bedürfniß anerkannt, nur freylich<lb/> auf ihre eigene etwas unedle Weiſe <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Projet de code civil p. XIII. „Dans l’état de nos sociétés,<lb/> il est trop heureux que la jurisprudence forme une science qui<lb/> puisse fixer le talent, flatter l’amour propre et réveiller l’émula-<lb/> tion.“ — P. XIV. „On ne saurait comprendre combien cette<lb/> habitude de science et de raison adoucit et règle le pouvoir.“</hi></note>. Das nach-<lb/> theiligſte Verhältniß in dieſer Rückſicht iſt unläugbar<lb/> dasjenige, worin der Richter darauf beſchränkt ſeyn<lb/> <fw place="bottom" type="sig">J</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [129/0139]
beſten Kräfte entzogen wurden und zum Theil noch
entzogen werden. Zugleich iſt dieſe Verknüpfung
der Praxis mit einer lebendigen, ſich ſtets fort-
bildenden Theorie das einzige Mittel, geiſtreiche Men-
ſchen für den Richterberuf wahrhaft zu gewinnen.
Zwar Ehre und Rechtlichkeit kann der Richterſtand
auch ohne dieſes haben, auch kann er ſich fortwäh-
rend bilden durch Beſchäftigungen außer ſeinem Be-
ruf, wie ſie jeden nach ſeiner Eigenthümlichkeit vor-
zugsweiſe anſprechen: aber ganz anders wird es ſeyn,
wenn der eigene Beruf ſelbſt durch ſeinen Zuſammen-
hang mit dem Ganzen einen wiſſenſchaftlichen Cha-
racter annimmt, und ſelbſt zu einem Bildungsmittel
wird. Ein ſolcher Zuſtand allein wird alle Forde-
rungen befriedigen können: der Einzelne wird nicht
als bloßes Werkzeug dienen, ſondern in freyem, wür-
digem Berufe leben, und die Rechtspflege wird wah-
re, kunſtmäßige Vollendung erhalten. Auch die Fran-
zoſen haben dieſes Bedürfniß anerkannt, nur freylich
auf ihre eigene etwas unedle Weiſe 1). Das nach-
theiligſte Verhältniß in dieſer Rückſicht iſt unläugbar
dasjenige, worin der Richter darauf beſchränkt ſeyn
1) Projet de code civil p. XIII. „Dans l’état de nos sociétés,
il est trop heureux que la jurisprudence forme une science qui
puisse fixer le talent, flatter l’amour propre et réveiller l’émula-
tion.“ — P. XIV. „On ne saurait comprendre combien cette
habitude de science et de raison adoucit et règle le pouvoir.“
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