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Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.

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ist in diesem Stück sehr lehrreich; niemand kann die
unabhängige Kraft verkennen, womit er sich von der
Beschränktheit seiner Zeit und Nation frey zu erhal-
ten gestrebt hat: nun war er Jurist vom Handwerk
und in einem pays de droit ecrit, auch haben die
Römer keinen eifrigern Verehrer als ihn gehabt, so
daß es ihm an Veranlassung und Neigung, Römi-
sches Recht zu kennen, nicht fehlen konnte; dennoch
waren seine Kenntnisse hierin sehr mittelmäßig, und
ganze Stücke seines Werkes werden dadurch völlig
bodenlos, wovon seine Geschichte des Römischen Erb-
rechts 1) als Beyspiel dienen kann. Dies war die
Folge der gänzlichen Nullität der juristischen Schule
seiner Zeit, welche er nicht zu überwinden vermochte.
Ueberhaupt wird sich Jeder durch gründliches Stu-
dium der Literargeschichte überzeugen, wie weniges
in ihren Erscheinungen ganz den einzelnen Indivi-
duen, unabhangig von den Kräften und Bestrebun-
gen des Zeitalters und der Nation, mit Wahrheit
zugeschrieben werden kann. -- Aber diese Gemeinschaft
unsrer Wissenschaft soll nicht blos unter den Juristen
von gelehrtem Beruf, den Lehrern und Schriftstellern,
statt finden, sondern auch unter den praktischen Rechts-
gelehrten. Und eben diese Annäherung der Theorie
und Praxis ist es, wovon die eigentliche Besserung
der Rechtspflege ausgehen muß, und worin wir vor-

1) Esprit des lois liv. 27.

iſt in dieſem Stück ſehr lehrreich; niemand kann die
unabhängige Kraft verkennen, womit er ſich von der
Beſchränktheit ſeiner Zeit und Nation frey zu erhal-
ten geſtrebt hat: nun war er Juriſt vom Handwerk
und in einem pays de droit écrit, auch haben die
Römer keinen eifrigern Verehrer als ihn gehabt, ſo
daß es ihm an Veranlaſſung und Neigung, Römi-
ſches Recht zu kennen, nicht fehlen konnte; dennoch
waren ſeine Kenntniſſe hierin ſehr mittelmäßig, und
ganze Stücke ſeines Werkes werden dadurch völlig
bodenlos, wovon ſeine Geſchichte des Römiſchen Erb-
rechts 1) als Beyſpiel dienen kann. Dies war die
Folge der gänzlichen Nullität der juriſtiſchen Schule
ſeiner Zeit, welche er nicht zu überwinden vermochte.
Ueberhaupt wird ſich Jeder durch gründliches Stu-
dium der Literargeſchichte überzeugen, wie weniges
in ihren Erſcheinungen ganz den einzelnen Indivi-
duen, unabhangig von den Kräften und Beſtrebun-
gen des Zeitalters und der Nation, mit Wahrheit
zugeſchrieben werden kann. — Aber dieſe Gemeinſchaft
unſrer Wiſſenſchaft ſoll nicht blos unter den Juriſten
von gelehrtem Beruf, den Lehrern und Schriftſtellern,
ſtatt finden, ſondern auch unter den praktiſchen Rechts-
gelehrten. Und eben dieſe Annäherung der Theorie
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1) Esprit des lois liv. 27.
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[126/0136] iſt in dieſem Stück ſehr lehrreich; niemand kann die unabhängige Kraft verkennen, womit er ſich von der Beſchränktheit ſeiner Zeit und Nation frey zu erhal- ten geſtrebt hat: nun war er Juriſt vom Handwerk und in einem pays de droit écrit, auch haben die Römer keinen eifrigern Verehrer als ihn gehabt, ſo daß es ihm an Veranlaſſung und Neigung, Römi- ſches Recht zu kennen, nicht fehlen konnte; dennoch waren ſeine Kenntniſſe hierin ſehr mittelmäßig, und ganze Stücke ſeines Werkes werden dadurch völlig bodenlos, wovon ſeine Geſchichte des Römiſchen Erb- rechts 1) als Beyſpiel dienen kann. Dies war die Folge der gänzlichen Nullität der juriſtiſchen Schule ſeiner Zeit, welche er nicht zu überwinden vermochte. Ueberhaupt wird ſich Jeder durch gründliches Stu- dium der Literargeſchichte überzeugen, wie weniges in ihren Erſcheinungen ganz den einzelnen Indivi- duen, unabhangig von den Kräften und Beſtrebun- gen des Zeitalters und der Nation, mit Wahrheit zugeſchrieben werden kann. — Aber dieſe Gemeinſchaft unſrer Wiſſenſchaft ſoll nicht blos unter den Juriſten von gelehrtem Beruf, den Lehrern und Schriftſtellern, ſtatt finden, ſondern auch unter den praktiſchen Rechts- gelehrten. Und eben dieſe Annäherung der Theorie und Praxis iſt es, wovon die eigentliche Beſſerung der Rechtspflege ausgehen muß, und worin wir vor- 1) Esprit des lois liv. 27.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/136>, abgerufen am 27.11.2024.