Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.che Kenntniß nöthig, als für das gewöhnliche Ge- Was nun hier von dem Studium des Rechts che Kenntniß nöthig, als für das gewöhnliche Ge- Was nun hier von dem Studium des Rechts <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0135" n="125"/> che Kenntniß nöthig, als für das gewöhnliche Ge-<lb/> ſchäft des Juriſten; man muß über den Buchſtaben<lb/> des hiſtoriſchen Materials ſehr Herr geworden ſeyn,<lb/> um daſſelbe frey als Werkzeug zur Darſtellung neuer<lb/> Formen gebrauchen zu können, ſonſt iſt das <hi rendition="#aq">sermo-<lb/> cinari tamquam e vinculis</hi> unvermeidlich. Jene<lb/> verkehrte Anſicht ließe ſich auf die Sprache ungefähr<lb/> ſo anwenden, als ob man zwar für den Umgang<lb/> und das gemeine Leben den Reichthum, die Kraft<lb/> und die Fülle der Sprache kennen müßte, für die<lb/> Poeſie aber mit oberflächlicher Kenntniß genug haben<lb/> könnte.</p><lb/> <p>Was nun hier von dem Studium des Rechts<lb/> verlangt worden iſt, ſoll nicht etwa in Büchern auf-<lb/> bewahrt, auch nicht einzelnen Gelehrten anvertraut,<lb/> ſondern Gemeingut aller Juriſten werden, die mit<lb/> Ernſt und mit offenem Sinn für ihren Beruf arbei-<lb/> ten wollen. Es ſoll alſo eine lebendige Schule ent-<lb/> ſtehen, ſo wie ſämmtliche Römiſche Juriſten, nicht blos<lb/> die Sabinianer und eben ſo die Proculianer für ſich,<lb/> in der That Eine große Schule gebildet haben. Auch<lb/> können nur aus einer ſolchen über die Geſammtheit<lb/> der Juriſten verbreiteten lebendigen Bearbeitung ſelbſt<lb/> die Wenigen hervorgehen, die durch ihren Geiſt zu<lb/> eigentlicher Erfindung berufen ſind, und es iſt ein<lb/> ſchädliches Vorurtheil, als ob dieſe ſich immer finden<lb/> würden, der Zuſtand der Schule möchte ſeyn wel-<lb/> cher er wollte. Das Beyſpiel von <hi rendition="#g">Montesquieu</hi><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [125/0135]
che Kenntniß nöthig, als für das gewöhnliche Ge-
ſchäft des Juriſten; man muß über den Buchſtaben
des hiſtoriſchen Materials ſehr Herr geworden ſeyn,
um daſſelbe frey als Werkzeug zur Darſtellung neuer
Formen gebrauchen zu können, ſonſt iſt das sermo-
cinari tamquam e vinculis unvermeidlich. Jene
verkehrte Anſicht ließe ſich auf die Sprache ungefähr
ſo anwenden, als ob man zwar für den Umgang
und das gemeine Leben den Reichthum, die Kraft
und die Fülle der Sprache kennen müßte, für die
Poeſie aber mit oberflächlicher Kenntniß genug haben
könnte.
Was nun hier von dem Studium des Rechts
verlangt worden iſt, ſoll nicht etwa in Büchern auf-
bewahrt, auch nicht einzelnen Gelehrten anvertraut,
ſondern Gemeingut aller Juriſten werden, die mit
Ernſt und mit offenem Sinn für ihren Beruf arbei-
ten wollen. Es ſoll alſo eine lebendige Schule ent-
ſtehen, ſo wie ſämmtliche Römiſche Juriſten, nicht blos
die Sabinianer und eben ſo die Proculianer für ſich,
in der That Eine große Schule gebildet haben. Auch
können nur aus einer ſolchen über die Geſammtheit
der Juriſten verbreiteten lebendigen Bearbeitung ſelbſt
die Wenigen hervorgehen, die durch ihren Geiſt zu
eigentlicher Erfindung berufen ſind, und es iſt ein
ſchädliches Vorurtheil, als ob dieſe ſich immer finden
würden, der Zuſtand der Schule möchte ſeyn wel-
cher er wollte. Das Beyſpiel von Montesquieu
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